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Steffen Grimberg Flimmern und RauschenJour­na­lis­t*in­nen müssen besser geschützt werden

Foto: Regentaucher

Vor einer Woche kam die Untersuchung „Feindbild Jour­na­lis­t:in 9 – Pressefreiheit im Spannungsfeld gesellschaftlicher Krisen“ heraus. Dahinter steckt das European Center for Press and Media Freedom (ECPMF), das zwar international heißt, aber in Leipzig sitzt und sich auch mit der Lage von Journalismus und Jour­na­lis­t*in­nen hierzulande beschäftigt.

Bekannt ist das ECPMF auch dafür, dass es in seiner „Feindbild“-Studie immer etwas andere Zahlen als Reporter ohne Grenzen in der „Nahaufnahme Deutschland“ hat. Dem liegen verschiedene Kriterien zugrunde, wie An- und Übergriffe bewertet werden. Auch wenn auf den Unterschieden oft herumgeritten wird, zeigt bei beiden Organisationen die Zahl der Fälle steil nach oben. „Sind die Medien bescheuert, auf den Zahlen rumzureiten, statt für die eigentliche Problematik zu sensibilisieren?“

Die jüngste „Feindbild“-Ausgabe geht besonders auf die Lage im Lokaljournalismus ein und vertieft das in 15 Interviews mit Lo­kal­jour­na­lis­t*in­nen aus Sachsen und Thüringen. Wer jetzt moppert, dass seien nicht gerade viele, hat zahlenmäßig recht. Aber die Beispiele der überwiegend aus Sachsen stammenden Befragten lassen sich verallgemeinern. Nicht nur im Osten.

Sie zeigen leider, wie sehr der Lokaljournalismus deutschlandweit auf den Hund gekommen ist. Von „in jedem Dorf ein Köter“ kann längst nicht mehr die Rede sein. Fast alle sind im Vergleich zu früher schlechter besetzt.

Dabei werden die abzudeckenden „lokalen“ Gebiete der einzelnen Redaktionen immer größer.

Zwar konstatiert das ECPMF, dass Redaktionsleitungen und Chefredaktionen auf Gewalt und allfällige Beleidigungen und Diffamierungen ihrer Mitarbeitenden entschiedener reagieren. Doch das nutzt halt nichts, wenn die Chefetage die Devise ausgibt, „ihr geht da nur noch zu zweit hin“, es in der Redaktion aber nur noch eineN gibt. Oder wegen solcher „Doppelbesetzungen“ andere wichtige Themen nicht mehr gemacht werden können.

Gebraucht werden Sicherheitsmaßnahmen, entsprechendes Personal, Schulungen im Umgang mit Gewalt, Supervisionen und Angebote für Betroffene. Das alles gibt es nicht umsonst und ist so für viele klamme Lokalredaktionen ein weiteres Problem.

Gerade hier müsste eine sinnvolle Förderung ansetzen. Schließlich besteht Einigkeit darüber, dass funktionierender Lokaljournalismus für die Gesellschaft unverzichtbar ist. Sie muss dafür einen Beitrag leisten und die Kosten für solche Maßnahmen bezahlen. Das wäre übrigens passenderweise eine Form von „Presseförderung“, die keinen Einfluss auf die journalistische Arbeit nimmt. Sondern die nur absichert, dass sie überhaupt stattfinden kann. „Und dass deutschlandweit der Journalismus von der Gesellschaft akzeptiert wird und dafür niemand auf die Mütze kriegt“, sagt die Mitbewohnerin.

Steffen Grimberg ist leitender Redakteur beim KNA-­Mediendienst

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