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US-Journalist in Militärpläne eingeweihtKriegspläne gegen Huthis in Chat geleakt

US-Minister teilen Pläne für den Angriff auf die Huthi-Miliz in einer Signal-Gruppe. Darin ist auch der Chefredakteur von The Atlantic, der sie veröffentlicht.

Pete Hegeseth, Verteidungsminister und Informationsabfluss, fordert Köpfe nach Houthi Leak Foto: Leah Millis/Reuters

Washington taz | Es ist eine der kuriosesten und aufsehenerregendsten Geschichten, die sich in US-Präsident Donald Trumps zweiter Amtszeit bisher ereignet haben. Ein Journalist erhält laut eigenen Aussagen Textnachrichten aus hohen Regierungskreisen über die Planung eines Militärangriffs auf Ziele der Huthi-Miliz im Jemen. Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins The Atlantic, Jeffrey Goldberg, beschrieb in einem Artikel, der am Montag erschien, wie es dazu kam.

Wenig später erklärte Trump, dass er nichts von den Vorgängen gewusst habe und davon zum ersten Mal höre. Im weiteren Verlauf des Tages schien er sich sogar über das Thema lustig zu machen. Gar nicht lustig fanden es hingegen demokratische Abgeordnete im US-Kongress.

Der demokratische Minderheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, bezeichnete den Vorfall als einen „der eklatantesten Fehler im Umgang mit militärischen Geheiminformationen“. Er forderte die Republikaner dazu auf, eine „umfassende Untersuchung“ einzuleiten.

Senator Mark Warner, der höchstrangige Demokrat im Geheimdienstausschuss, erklärte in einem Post, dass die Regierung äußerst „schlampig“ mit Geheimdienstinformationen umgehe und die Sicherheit des Landes damit riskiere. Der demokratische Minderheitsführer im US-Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, forderte ebenfalls eine Untersuchung dazu, wie es zu solch einem Versehen kommen konnte.

Zeitpunkt, Waffensysteme und genaue Ziele im Chat

In den Textnachrichten, die Goldberg erhielt, besprechen US-Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio, Sicherheitsberater Mike Waltz und Geheimdienstministerin Tulsi Gabbard einen bevorstehenden militärischen Schlag gegen die Rebellenmiliz im Jemen. Vor allem der richtige Zeitpunkt für einen Militärschlag steht bei den Textnachrichten im Vordergrund.

Nur zwei Stunden, nachdem es zu der Unterhaltung im Gruppenchat der Nachrichten-App Signal gekommen war, wurden die Pläne in die Tat umgesetzt. Das Ziel der Militäraktion gegen die Huthis ist es, die Rebellengruppe so zu schwächen, dass diese die kommerzielle Schifffahrt im Roten Meer und im Golf von Aden nicht weiter mit Angriffen behindert. Neben dem exakten Timing des Angriffs unterhielten sich die US-Regierungsmitglieder im Gruppenchat auch über die geplanten Waffensysteme, die zum Einsatz kommen sollen, und die genauen Angriffsziele.

„Ich konnte nicht glauben, dass die nationale Sicherheitsführung der Vereinigten Staaten über Signal bevorstehende Kriegspläne kommunizieren würde. […] Ich konnte auch nicht glauben, dass der Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten so leichtsinnig sein würde, den Chefredakteur von The Atlantic in solche Diskussionen mit hochrangigen US-Beamten, bis hin zum Vizepräsidenten, einzubeziehen“, schrieb Goldberg in seinem Artikel.

Der Nationale Sicherheitsrat erklärte, dass der im Bericht aufgeführte Chatverlauf „authentisch“ erscheinen würde. Das Gremium werde untersuchen, wie es dazu kommen konnte, dass die Nummer eines Journalisten zur Gruppe hinzugefügt wurde.

Kritik auch von Republikanern

„Wenn diese Geschichte wahr ist, dann stellt sie einen der krassesten Fehler in puncto Betriebssicherheit und gesunden Menschenverstands dar, die ich je erlebt habe“, sagte der demokratische Senator Jack Reed.

Kritik hagelt es jedoch nicht nur von demokratischer Seite. Auch ein paar Republikaner kommentieren den Vorfall. „Vertrauliche Informationen sollten nicht über ungesicherte Kanäle übermittelt werden – und schon gar nicht an Personen ohne Sicherheitsfreigabe, einschließlich Reporter“, sagte der republikanische Abgeordnete Mike Lawler aus New York.

Der republikanische Senator Roger Wicker sagte gegenüber Journalisten, dass der Vorfall „besorgniserregend“ sei und dass der Senat parteiübergreifend versuchen werde, die Hintergründe zu ermitteln. Der texanische Senator John Cornyn kommentierte die Geschichte mit den Worten: „Ein riesiger Fehler“.

Ex-Verteidigungsminister: „Jemand muss gefeuert werden“

In den amerikanischen Nachrichten-Talkshows wurden bereits Stimmen laut, die den Rücktritt von den in den Vorfall verwickelten Regierungsvertretern forderten. Die demokratische Senatorin Tammy Duckworth bezeichnete Hegseth in den sozialen Medien als den „unqualifiziertesten Verteidigungsminister der Geschichte“.

Hegseth kommentierte die Geschichte während eines Stopps auf Hawaii. „Niemand hat Kriegspläne per SMS verschickt, und das ist alles, was ich dazu zu sagen habe“, erkläre er. Hegseth ließ es sich dazu nicht nehmen, Goldberg als einen „betrügerischen“ und „verrufenen“ Journalisten zu bezeichnen.

Ob der Gruppenchat auch ein rechtliches Nachspiel haben könnte, bleibt abzuwarten. Das amerikanische Spionagegesetz stellt den unsachgemäßen Umgang mit Militärinformationen unter Strafe. Der frühere Verteidigungsminister Leon Panetta erklärte in einem CNN-Interview: „Jemand muss gefeuert werden“.

Und als ob dies alles nicht schon peinlich genug wäre für die Trump-Regierung, bestätigten die Nachrichten auch die geringe Wertschätzung für Amerikas europäische Verbündete. Vizepräsident Vance brachte seinen Unmut darüber zum Ausdruck, dass vor allem Europäer von den Angriffen auf Huthi-Ziele profitieren würden. „Wenn du meinst, wir sollten es tun, dann los. Ich hasse es einfach, Europa schon wieder retten zu müssen“, sagte Vance im Gruppenchat zu Hegseth.

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18 Kommentare

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  • Die stark gefährdete Maskulinität sucht gern Schutz im Puerilen. Das funktioniert ja bei Frauen gelegentlich auch. Viele finden das schließlich süß bei Männern! Alle anderen bevorraten für solche Zustände Agnus castus. Eventuell wäre eine irreversible Testosteronabsenkung obligat. Ein klandestiner Zöllibat. 🔔🔔😇

  • RTL2: „Let's Vance!"

  • Sowas kommt halt dabei raus, wenn man Machtpositionen nicht nach Kompetenz besetzt, sondern nach Loyalität.







    - und damit den Kardinalfehler eines jeden Autokraten begeht -







    Trump hat sich mit einer "Gurkentruppe" umgeben. (Make Amerika Stupid (again)). Mal sehen was seine Ex-Immobilienhändler so mit den echten (und mit allen Wassern gewaschenen) Diplomaten des Kreml aushandeln werden..







    Wenn es nicht ernst wäre..es wäre glattweg zum totlachen..

    ;-))

  • Um es mit Forrest Gump zu sagen: Dumm ist, wer Dummes tut!

  • Mal sehen, was als nächstes kommt.

  • Man könnte hier aber schon noch auf einige Dinge mehr eingehen, die dort so gesagt wurden, Das ist ja durchaus interessant v.a. da ja im Gegenzug für die Angriffe auf die Houthis auch von einer Kompensation/ ökonomischen Vorteil von Europa für die USA gesprochen wird. Und Hegseth sagte: "I fully share your loathing of European free-loading. It's PATHETIC."



    www.axios.com/2025...s-jeffrey-goldberg



    www.theatlantic.co...-war-plans/682151/

  • Russland, China und Iran amüsieren sich wahrscheinlich köstlich über diese Laienspielschar. Nur tragisch, dass Europa sicherheitstechnisch noch etliche Jahre auf die angewiesen sein wird.

  • Gehen wir mal vom schlimmsten Fall eines großen Krieges aus, und dann soll eine deutsche Panzerdivision Kaliningrad befreien um die Versorgung des Baltikums sicherzustellen, dann laufen solche Informationen über den Schreibtisch von solchen Typen oder den deutschen Generälen die das dann über Zoom diskutieren? Loose Lips sink ships.

  • Nicht nur, dass diese Amateure strohdumm sind, nein, sie sind auch extrem gefährlich. So langsam sollte nun jedem GAGA-Anhänger in den US klar werden, was für Versager er/sie da gewählz hat.

  • Wollte Herr Trump nicht Frau Clinton wegen der Nutzung privater Server bei der Versendung geheimer Daten ins Gefängnis bringen? War da was?

    Am Ende wird der Journalist wegen Hochverrat bestraft werden. Wikileaks lässt grüßen.

  • Kann es sein, dass der amtsunfähige POTUS durch den überlasteten neoliberalen Vance im Hintergrund ersetzt wird? Der ist wohl ebenso amtsunfähig. Großes Kino.

  • Aus der Sicht des Berufssoldaten:



    Hegseth wäre schon als Kompaniechef eine totale Fehlbesetzung - als Pentagon -Chef ist er eine Katastrophe! Und das hat Folgen: Trumps Dilletantentruppe hat damit endgültig die "Five Eyes" beerdigt - gerade Briten und Franzosen werden sich zukünftig hüten,sensible Daten mit den Diensten von Trumpmuskovia auszutauschen. Darunter werden auch die USA zu leiden haben,denn auch auf dem Gebiet der HUMINT haben die USA keinen Grund für ihre Hybris,sind die Europäer,speziell in Afrika und Nahost,den US-Diensten mindestens gleichwertig. Es werden sich Sicherheitslücken auftun,die von China bis zum IS registriert und genutzt werden können.Und die werden sie nutzen! Trump zerstört so konsequent die westliche Verteidigung - ein "Manchurian Candidate" würde es nicht besser können.

  • Das wird keine Konsequenzen für die beteiligten haben, wenn überhaupt wird ein Bauernopfer gesucht! Wenn Trump "Hochverrat" begehen kann mit dem sogenannten " Sturm auf das Kapitol", oder die Top Secret Akten, die gebunkert worden sind in seiner Toilette auf seinen Wohnsitz in Mar-a-Lago, das hatte alles keine Konsequenzen. Snowden musste das Land verlassen weil er kriminelle Machenschaften der NSA publik gemacht hat, heutige Politiker scheinen bei Straftaten Immun zu sein gegen jedwede Strafverfolgung, in einer Sache hatte Trump recht in seiner ersten Amtszeit, er könne jemanden auf der fifth avenue erschießen, und damit sogar durch kommen.

  • Nun ja, Trump wollte absolut loyale Speichellecker in seiner Administration haben. Sachkompetenz? Fakten? Die stören da nur. Und selbstverständlich wird jeder, der es wagt, sie zu kritisieren und ihre Lügen bloßzustellen, als verrückt, linksradikal oder gleich als Feind diffamiert. Es ist erschreckend, sehen zu müssen, wie die einst größte Demokratie der Welt in rasender Geschwindigkeit zerstört wird.

  • Könnte sich auch hier auffe taz abgespielt haben:



    „Wenn du meinst, wir sollten es tun, dann los. Ich hasse es einfach, Europa schon wieder retten zu müssen“, sagte Vance in Gruppenchat zu Hegseth."



    Laien unter sich !



    Und: was für eine niederträchtige Sicht auf die bis 2024 verteidigten "westlichen Werte".



    USA Waffensysteme kaufen?



    Auf keinen Fall.



    Pistorius: Nicht einhalten - STORNIEREN



    Zu spät?

  • Avanti Dilettanti, die Günstlingsbande von Trump blamiert sich und das Land bis auf die Knochen, gefährdet dazu noch die eigenen Truppen. Es sind schon Leute für viel weniger gefeuert worden oder hatten genug Anstand, selbst zurückzutreten.



    Bei Figuren wie Vance oder Hegseth ist davon aber nicht auszugehen.

    • @Bambus05:

      Hegseth - ein eh durchgeknallter Fox-News Moderator wird Verteidigungsminister der größten, aber nicht unschlagbaren, Militärmacht auf'm Globus, tingelt im Netz. JD Vance lässt seinem Unmut und Hass gegen Europa freien Lauf.



      Tja. So isset,



      Wenn'ste die Typen privat belauscht's stellt man fest: Es sind ganz normale Arschlöcher, wie die am Stammtisch.

    • @Bambus05:

      ... weil denen die Sichtweite fehlt. Die stochern im Nebel, um ihrem Herrn zu gefallen.



      Wannsee-Konferenz mit Emoji's rauchender Kamine*.



      Unvorstellbar? Ganz offensichtlich nicht. Es verdeutlicht das Abstruse der hörigen Trump-Administration.



      *Verstehen Sie das bitte als Joke. Ich selbst verbitte mir jeden Vergleich mit den Ungeheuerlichkeiten des sogenannten 3. Reichs.