Aktuelle Politik in Italien: Klare Uneinigkeit bei doppelter Spaltung
Der Streit um die Aufrüstungspläne der EU und des Umgangs mit Trumps Zöllen spaltet Melonis Regierungskoalition wie die Opposition gleichermaßen.

Doch nicht nur von links hagelt es Kritik an der EU wie auch an der Regierung Giorgia Melonis. Als in Rom die Fünf Sterne demonstrierten, öffnete gleichzeitig in Florenz Melonis Koalitionspartner Matteo Salvini den Parteitag seiner Lega.
So viel Sympathie Salvini dort für Donald Trump hatte, so schlecht kam auch bei ihm Ursula von der Leyen weg. Schon zuvor hatte Salvini gefordert, die EU-Kommissionspräsidentin solle ihren 800-Milliarden-Aufrüstungsplan revidieren. Europa müsse ins Gesundheitswesen und Arbeitsplätze investieren, statt „Munition zu kaufen“.
Die parallelen Ereignisse vom Samstagnachmittag in Rom und Florenz zeigen vor allem: Zum Thema Aufrüstung verlaufen in Italien die politischen Gräben derzeit nicht zwischen Regierung und Opposition, sondern quer durch beide Lager.
Ja, nein und jein
In den Reihen der Opposition trommelt die kleine Mittepartei Azione unter ihrem Vorsitzenden Carlo Calenda unermüdlich für steigende Verteidigungsausgaben. Auf der anderen Seite stellen sich das M5S ebenso wie die radikal linke AVS gegen weitere Rüstungsausgaben.
Und dann ist da noch die gemäßigt-linke Partito Democratico (PD), die mit 24 Prozent bei den Europawahlen 2024 stärkste Oppositionspartei wurde. Unter ihrer Vorsitzenden Elly Schlein nimmt sie eine Mitteposition ein: für Aufrüstung, aber nur als gemeinsames Programm hin zu einer europäischen Armee – und ist deshalb gegen von der Leyens Pläne.
Dabei hat Schlein genug zu tun, ihre eigene Partei zusammenzuhalten: Der rechte Minderheitsflügel sympathisiert offen mit den Plänen der EU-Kommission. Als am 11. März das Europaparlament über ihn abstimmte, wollte Schlein eine Enthaltung der PD – doch 10 der 21 Abgeordneten stimmten für die Kommission.
Am Samstag schickte Schlein eine Delegation von PD-Spitzenpolitiker*innen zur M5S-Demo. Doch ihre Partei mobilisierte nicht. Und sie selbst erschien auch nicht.
Nicht minder gespalten präsentiert sich das Regierungslager. Die in der EU zur EVP gehörende Berlusconi-Partei Forza Italia unter ihrem Chef, Außenminister Antonio Tajani, betont immer wieder, sie sei „proeuropäisch“. Sie stimmte im EP für von der Leyens Plan, während Salvinis Lega mit Nein votierte und gegen die EU-Kommission mobilisiert.
Auch Meloni hat gewisse Vorbehalte gegen ReArmEU
In der Mitte steht das Schwergewicht der Rechten, Ministerpräsidentin Meloni. Sie beschwerte sich über den in ihren Augen unglücklichen Namen „ReArmEU“ und hat Vorbehalte dagegen, künftig Verteidigungsausgaben aus den Vorgaben des EU-Stabilitätspakts herauszurechnen. Das würde Italien bei seinem Schuldenberg von 135 Prozent des BIP sowieso nichts nützen.
Erschwerend ist für Meloni die Spaltung ihrer Koalition gegenüber Trumps-Zolloffensive. Forza Italia will, dass Italien gemeinsam mit der EU reagiert, Salvinis Lega verlangt separate Verhandlungen ohne die EU, und Meloni will erst mal in Washington ihren Freund Donald gnädig stimmen.
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