piwik no script img

Keine Katastrophe bei Tierschutz und Landwirtschaft, aber kaum Fortschritt

„Eine Vollkatastrophe ist das nicht“, sagt die Grünen-Abgeordnete Zoe Mayer der taz über die Zwischenergebnisse der Koalitionsgespräche von CDU/CSU und SPD zu Landwirtschaft und Ernährung. Aber die kommende Bundesregierung zeige sich „atemberaubend ambitionslos“. Das klingt aus dem Mund einer Oppositionspolitikerin doch fast wie ein Kompliment. Positiv aus Sicht von Umwelt- und Tierschützern ist, dass die Möchtegernkoalitionäre die verpflichtende staatliche Kennzeichnung der Tierhaltungsform von Fleisch nicht abschaffen, sondern zum Beispiel auf weitere Tierarten und Lebensphasen des Viehs ausweiten wollen. Sie beabsichtigen auch, „den tierwohlgerechten Stallbau“ auf Grundlage staatlicher Verträge dauerhaft zu finanzieren. „Wir führen ein Prüf- und Zulassungsverfahren für Stallsysteme ein“, ergänzen die Verhandler. Tierschützer fordern seit Langem so einen „Tierschutz-TÜV“.

Aber es findet sich im der taz vorliegenden Verhandlungspapier kein Wort dazu, den klimaschädlichen Fleischkonsum auf das gesundheitlich vertretbare Maß zu verringern. Auch nicht dazu, die Anbindehaltung von Rindern zu verbieten, bei der die Tiere dauerhaft etwa mit Ketten oder Metallrahmen fixiert werden. Die Stiftung Vier Pfoten etwa vermisst unter anderem die Beschränkung von Tiertransporten.

Das Papier sieht auch Rückschritte vor. Zum Beispiel wollen Union und SPD die Stoffstrombilanz im Düngerecht abschaffen, mit der die Menge von Pflanzennährstoffen wie Stickstoff berechnet wird, die die Höfe in die Umwelt abgeben. Zu hohe Mengen könnten nach entsprechenden Gesetzesänderungen sanktioniert werden. Es ist klar, dass zu viel Nährstoff schädlich für Klima, Grundwasser und Artenvielfalt ist. Aber die voraussichtlich künftigen Koalitionäre haben offenbar dem Bauernverband nachgegeben, der Betriebe mit schlechten Bilanzen schützen will.

„Wir werden die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wieder einführen“, schreiben die Unterhändler weiter. Das war die prominenteste Forderung der Bauernproteste 2023/24. Die Landwirte sollen auch weiterhin rund 450 Millionen Euro jährlich an Energiesteuer auf den Diesel für Traktoren und andere Landmaschinen erstattet bekommen. Einen fossilen Kraftstoff zu subventionieren, wird mit Blick auf den Klimaschutz kritisiert. Der Anreiz, treibhausgasintensiven Sprit einzusparen, fiele weg. Für Klima und Natur wären aber zum Beispiel mehr Traktoren mit Anlagen sinnvoll, die den Reifendruck so regeln, dass der Verbrauch sinkt. Auch Elektromotoren für kleinere Maschinen würden ohne Dieselsubventionen deutlich wettbewerbsfähiger. Jost Maurin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen