: Im Herzen wild
Die Mönckebergstraße ist Hamburgs bekannteste Shoppingmeile. Nur wenige Schritte weiter beginnt der Steindamm, den der CDU-Spitzenkandidat im Wahlkampf zur No-go-Area für Frauen ausrief. Ein Besuch in zwei Welten
Aus Hamburg Ilka Kreutzträger (Text) und Miguel Ferraz (Fotos)
Es kostet nichts, auf das Dach des Jupiter im ehemaligen Karstadt-Sport-Haus zu steigen, auf der runtergerockten Rollschuhbahn zu stehen und den Blick schweifen zu lassen: wie ein Stadtrundgang im Stehen. Das hier oben ist der wohl schönste Ort in der Hamburger Innenstadt. Er liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Hamburger Rathaus auf seinen 400 Eichenpfählen im Westen und dem Park im Osten, in dem am letzten Tag des Ramadans Hunderte Gläubige gemeinsam beten und anschließend auf dem Steindamm Zuckerfest feiern. Ein bisschen zugig zwar hier oben, aber so weit hinauf geht es in dieser Gegend sonst nirgends einfach so.
Die Alster ruht still da unten, die vielen Kirchtürme ringsherum piksen in den knallblauen Februarhimmel, unten zieht an diesem Mittwochvormittag gerade eine lange Verdi-Demo vorbei und verschwindet die Mönckebergstraße hinunter Richtung Rathaus. Da hinten an den Elbbrücken steht die Bauruine des Elbtowers, der mal das dritthöchste Hochhaus in Deutschland werden sollte. Und nun ist der unvollendete Turm das Vermächtnis von Ex-Bürgermeister Olaf Scholz, der gegen alle Widerstände diesen 245 Meter hohen Entwurf durchdrückte, Investor war der früher schillernde und heute insolvente Immobilienunternehmer René Benko. Scholz entschwand dann nach Berlin, um Kanzler zu werden. Das ist ja nun auch passé. Von hier oben betrachtet sieht der 100 Meter hohe Rohbau eigentlich ganz apart aus, wie ein riesiger Skischuh.
Neben dem Jupiter liegt der Hamburger Hauptbahnhof. Wer hier aus der Bahn steigt – und das tun jeden Tag mehr als 500.000 Reisende – hat die Wahl zwischen zwei Welten, die hier nur wenige Schritte voneinander entfernt liegen. Im Westen: die Visitenkarte der Stadt. Die Mönckebergstraße, das Sinnbild der Innenstadt, deren Wohl Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vor drei Jahren, als die Pandemie sich dem Ende zuneigte, zur Chefsache erklärte. Dieser „Boulevard der Einkaufsträume“, diese „Prachtstraße, die den Stolz und die wirtschaftliche Macht der Hansestadt“ repräsentiert, schwärmt das Stadtmarketing-Unternehmen „Hamburg Tourismus“. Die wohl bekannteste Straße der Stadt. Also klar, abgesehen von der Reeperbahn.
Wer Hamburg besucht, kommt in die Mönckebergstraße. Wer Socken, eine Bratwurst vom „Mö Grill“ oder eine neue Uhr will, der kommt hierher. Es gibt in der Innenstadt Decathlon, H&M, Weekend, Karstadt, ein Restaurant des Fernsehkochs Steffen Henssler, einen Edeka-Markt, der viele abgepackte Salate anbietet, McDonalds und Starbucks – und viele Tourist*innen, die hier erstaunlich oft noch an einem Stadtplan in der Hand zu erkennen sind. Es gibt hier, was es halt so gibt, in diesen Einkaufsmeilen der großen deutschen Städte. Hamburg bildet da keine Ausnahme. Trotzdem oder deswegen ist die Mönckebergstraße eine der am meisten frequentierten deutschen Einkaufsstraßen.
Auf der anderen Seite des Bahnhofs wartet der wilde Osten. Wild jedenfalls für eine Stadt wie Hamburg, in der man es mag, wenn alles an seinem Platz ist. In der man immer noch am liebsten die SPD wählt, in der es sauber und ordentlich ist, und wenn es das mal nicht ist, wie im Osten des Hauptbahnhofs, wo sich auf der Wiese vor der Drogenhilfseinrichtung Drob Inn Tag für Tag Dutzende Abhängige aufhalten, dann stellt man eben einen Sichtschutzzaun auf. Ein bisschen wie die Teppichkante, unter die man Unliebsames kehrt.
Unweit des Drob Inns beginnt der Steindamm – beinahe schnurgerade stadtauswärts verläuft er. Hier gibt es insgesamt elf Moscheen, türkische, arabische und westafrikanische Gemeinden. Das Bild auf der Straße ist entsprechend divers. So kurz vor den Bürgerschaftswahlen am Sonntag hängen auch hier die Bäume und Laternenpfähle auf dem Steindamm voller Wahlwerbung – vor allem Plakate für die SPD und für Dava-Hamburg. Die „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ wurde Anfang 2024 gegründet und richtet sich, so beschreiben sie sich selbst, insbesondere an Menschen mit Migrationshintergrund. Zum ersten Mal traten sie bei der Europawahl 2024 zu einer Wahl an. Eine ihrer Kandidatinnen für die Hamburger Bürgerschaftswahl hier im Bezirk heißt Dounia El Korchi-Buchert, sie schaut mit einem Federhut von den Plakaten. Ein paar FDP-Plakate haben sich auch auf den Steindamm verirrt, der Slogan: „Timo Fischer macht das“. Hier wird der Jürgen-Klopp-artig grinsende Timo es vermutlich eher nicht machen. CDU-Plakate? Keins zu sehen.
„Die Straße schläft niemals und ist wie ein Kurzurlaub in eine andere Welt“, so beschreibt „Hamburg Tourismus“ den Steindamm. Dann ist noch von afrikanischen Gemüsehändlern und lockenden Steinkohlegrills die Rede. Der CDU-Spitzenkandidat für die Hamburger Bürgerschaftswahl, Dennis Thering, sagt über den Steindamm: Das sei eine „No-go-Area – vor allem für Frauen“.
Eine Frau, die hier seit 30 Jahren fast jeden Tag zwei- bis dreimal unterwegs ist, ist Stefanie Grabatsch. Die 59-Jährige ist Projektleiterin der städtischen Beratungsstelle „Basis-Projekt“, die sich seit 1986 um männliche Sexarbeitende und ihre Kunden kümmert, es geht um Gesundheitsprävention. Die Beratungsstelle ist in einer Nebenstraße direkt am Steindamm, rot-weißes Haus, vier Regenbogenflaggen wehen weithin sichtbar an der Fassade. „Ich bin ein Fan vom Steindamm“, sagt Grabatsch. „Unsicher habe ich mich hier noch nie gefühlt, und mir ist auch noch nie etwas passiert.“ Sie wohnt nur nicht hier im Viertel, weil sie Arbeit und Privates trennen will. „Klar, es gibt auch viel Elend auf dem Steindamm“, sagt die Sozialarbeiterin. Und sie sei sicher auch etwas abgehärtet, aber der Steindamm sei keine No-go-Area.
Wenn sie Besuch von außerhalb bekommt, dann nimmt sie den immer mit auf den Steindamm. „Wir starten meistens am Rathaus und laufen die Mönckebergstraße hoch und dann über den Steindamm, der Kontrast ist schon beeindruckend für Leute, die das zum ersten Mal sehen“, sagt Grabatsch. Aber auch und gerade abends fühle sie sich hier sicherer als auf der dann leergefegten Mönckebergstraße. Dort sind nach 20 Uhr nämlich schlagartig kaum noch Menschen unterwegs. Geschäfte zu, Leute weg, so einfach ist das. Hier wohnt kaum wer. Auf dem Steindamm hingegen wird gewohnt, und die Bürgersteige werden nicht hochgeklappt. Nicht zuletzt gibt es neben den vielen Restaurants ja auch ein recht luxuriöses Kino, das Savoy, in dem die Sitze so breit sind, das man sich auf keinen Fall mit den Ellbogen ins Gehege kommt, das Hansa Theater, die kleine Bühne Centralkomitee.
Jeden Tag sind auf dem Steindamm im Schnitt 50.000 Menschen unterwegs. Nur gibt es hier eben nicht Edeka, sondern den Persepolis-Supermarkt. Klassische Innenstadtketten wie H&M sucht man vergebens, hier reihen sich Sönmez Markt, Aladin Center und der Herrenfriseur Balkan Berber aneinander. Wer türkische Teegläser, goldfarbene Bonbondosen mit verschnörkeltem Deckel aus Plastik, Nüsse aller Arten, Simit, eine Apotheke, in der zehn Sprachen gesprochen werden, Kopftücher oder Wasserpfeifen sucht, wird auf jeden Fall fündig.
„Hier kommen viele zum Einkaufen her, vor allem freitags und samstags erledigen Familien ihre Wocheneinkäufe, flanieren den Steindamm rauf und runter, gehen essen“, sagt Grabatsch. Sie selber macht das auch so, vor allem Obst und Gemüse gibt hier frisch und so günstig wie sonst kaum woanders in der Stadt. „Der Steindamm wird einfach auch von anderen Menschen genutzt als die Mönckebergstraße, das sollte man aber nicht als Problem definieren,“ sagt Grabatsch. So ein Ort werde ja auch von der Sichtweise auf ihn geprägt. „Der Steindamm muss einfach mal positiv bemerkt und bewertet werden.“
Vor ein paar Wochen war Dennis Gladiator, CDU-Innenpolitiker und Mitglied der Bürgerschaft aus dem Bezirk Bergedorf, also am Stadtrand, mit Kollegen aus der Fraktion hier unterwegs. Sie wollten sich ein Bild machen, von dieser „No-go-Area“, waren am Hauptbahnhof, an der Drogenhilfseinrichtung Drob Inn, auf dem Steindamm, der immer wieder für Schlagzeilen sorgt.
„Deutschlands härteste Straße“ titelt die Bild über den Steindamm. „Frauen und Kinder können hier nicht mehr raus, Leute, die in den umliegenden Büros arbeiten, trauen sich nicht raus, um Mittagessen zu gehen“, erklärt Gladiator, wie sein Parteichef Dennis Thering zu der Einschätzung kommt, der Steindamm sei eine „No-go-Area“. Das werde der CDU aus dem Viertel rückgemeldet. „Ansässige Gewerbetreibende klagen über Verwahrlosung und ausbleibende Kundschaft, Anwohner beschweren sich über Drogenabhängige und entsprechende Straftaten, verübt aus dem Umfeld des Drob Inn.“
Gerade hat sich wieder eine neue Bürgerinitiative in St. Georg gegründet, die unter anderem Unterschriften für ein „Alkoholkonsumverbot auf dem Hansaplatz und drumherum!“ sammelt. Zum Drumherum gehört auch der Steindamm.
Gladiator sagt, man müsse am Steindamm eine „bessere Durchmischung“ hinbekommen, dann würde sich „das Problem“ von allein entschärfen. Dass der Steindamm migrantisch geprägt ist, sei aber nicht das Problem, sagt Gladiator. „Die ganze Gegend muss belebt werden, aber die freie Wirtschaft findet den Standort bisher unattraktiv, hier müsste die Stadt vorangehen.“ Und er hat einen Vorschlag: „Statt für teuer Geld eine Behörde in den Tanzenden Türmen an der Hamburger Reeperbahn zu beziehen, sollte die Stadt sich am Steindamm einmieten.“
Stefanie Grabatsch, Leiterin eines Beratungsprojekts für Sexarbeitende
Wahr ist: Zwischen den Welten dies- und jenseits des Hauptbahnhofes gibt es wenig Berührungspunkte. Der Steindamm gehört nicht mal offiziell zur Innenstadt, obwohl er eine der zentralsten Straßen der Stadt ist. Entweder man ist hier oder da, Ost oder West, Team Steindamm oder Team Mönckebergstraße. Vor knapp drei Jahren aber, da hatte es zuletzt einen Moment gegeben, in dem die beiden Straßen miteinander hätten verbunden werden können. Gedanklich, gefühlt, vielleicht sogar baulich. Und zwar auf dem Schreibtisch von Elke Pahl-Weber.
Peter Tschentscher, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nach der Bürgerschaftswahl am Sonntag Bürgermeister sein wird, hatte die Innenstadt zur Chefsache erklärt, extra den Posten einer Innenstadtkoordinatorin geschaffen und dafür die Stadtplanerin Pahl-Weber zurück nach Hamburg geholt. Im Juni 2022 war das. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte gerade vor der bevorstehenden Corona-Sommerwelle gewarnt und zum freiwilligen Maskentragen in Innenräumen aufgerufen, die ewig oppositionelle CDU hatte gemurrt, dass sich niemand zum Anwalt der Innenstadt mache, es aber nach der Pandemie dringend einen Neustart brauche, um etwas gegen den Leerstand zu unternehmen und um die darbenden Geschäftsleute zu retten. Pop-up-Events, Pflanzkübel, ein neues Beleuchtungskonzept und Sitzbänke, Bäume, Laterne-Laufen, ein schwimmender Ponton auf der Alster, egal! Hauptsache, es bringt die Leute zurück in die Stadt. Dazu muss man wissen: Wer in Hamburg „in die Stadt“ geht, meint in der Regel die Mönckebergstraße und ihr drumherum.
Pahl-Weber wurde nun also diese Anwältin der Innenstadt, sollte mit den Beteiligten vor Ort sprechen, vernetzen, beraten, vermitteln, koordinieren, zusammenführen, beleben. Und eigentlich sollte der Steindamm auch zu ihrem Verantwortungsbereich, also zur „Stadt“, gehören. So erzählt es die 1952 in Hamburg geborene Pahl-Weber selbst, die Professorin am Institut für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin war, zu Megacitys und nachhaltiger Stadtentwicklung geforscht hat und Anfang der 1990er, als in Hamburg zum ersten Mal eine Senatorin gleichfalls für Frauen und Stadtentwicklung verantwortlich war, ein Gutachten im Auftrag der Stadt verfasst hat: „Bausteine für eine Stadt der Frauen. Visionen für Hamburg“. Eins der vordringlichsten Themen war damals die Sicherheit von Frauen in der Stadt. Jetzt sitzt sie mit ihrem siebenköpfigen Team, das sich knapp drei Stellen teilt, nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt in einem minimalistisch schicken Raum mit Glaswänden an zwei Seiten.
Vorher war hier eine Boutique. 350.000 Euro später ist es Büro und Ausstellungsfläche, mit Betonfußboden, Teeküche, hellen Holzregalen und großem Tisch mit einer Glasplatte, die aus der Boutique herübergerettet worden ist – ein „Raum zum Stattfinden“. So steht es draußen auf einem gelben Zettel an der Glastür. Besucher*innen können hereinspazieren und sich informieren, können sich eine Karte von der Innenstadt mit verschieden farbigen Bereichen angucken. Auf den ersten Blick sieht die Karte aus wie ein stilisiertes Herz – mit Elbe und Alster als Venen und Arterien.
Als sie ihren Job anfing, definierte sie erst mal gemeinsam mit der damaligen Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), was überhaupt dazugehört, zur Innenstadt. Nicht unwichtig, denn immerhin, so formuliert es Pahl-Weber: „Das Herz der Stadt schlägt in der Innenstadt.“
Münzviertel? Das winzige Quartier direkt hinter der Zentralbibliothek der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen in unmittelbarer Hauptbahnhofsnähe gehört noch dazu. Oberhafenquartier? Gehört zur Hafencity, ist also auch dabei. Aber beim Steindamm war dann Schluss. Den haben sie, so erzählt Pahl-Weber es, explizit ausgeklammert, „da dieser eindeutig nicht mehr zur Hamburger Innenstadt gehört“.
Ob es nicht eine Chance gewesen wäre, die Mönckebergstraße und den Steindamm näher zusammenrücken zu lassen? Das Wegweisersystem, das in ihrer Amtszeit für die Innenstadt entstanden ist, dorthin auszuweiten zum Beispiel? Immerhin ist es, so formuliert es die Stadt, ein zentrales Anliegen, in der Innenstadt „Wegeverbindungen attraktiver zu gestalten und Freiräume zu Orten der Begegnung werden zu lassen, in denen sich die Menschen gern aufhalten“.
Pahl-Weber hat dafür durchaus Sympathien, sagt sie. „Ich war früher selber oft auf dem Steindamm, im Hansa-Theater und dann noch was essen.“ Das letzte Mal war sie dort wohl so vor einem Jahr. Aber, ergänzt sie, in den drei Jahren, die sie hier fast schon im Amt ist, hat sich auch noch niemand vom Steindamm mit einer Frage, einer Idee, einem Projekt oder dem Wunsch nach Beratung bei ihr gemeldet.
Ihr Auftrag sei ein gänzlich anderer. Sie solle die Akteure in der klassischen Innenstadt unterstützen, den dortigen Strukturwandel positiv zu gestalten, hin zu mehr Wohnen, Kultur und einer höherer Aufenthaltsqualität – neben dem Einkaufen. Im Mittelpunkt stehe der Austausch und die Vernetzung der unterschiedlichen Interessengruppen.
Pahl-Webers erster Schreibtisch als Innenstadtkoordinatorin stand noch im ehemaligen Karstadt-Sport-Gebäude, dem Haus mit der famosen Aussicht. Sie nennt es das „Eingangstor zur Mönckebergstraße“. Kurz nachdem sie ihren Job hier im Juni 2022 antrat, waren Finanzsenator Andreas Dressel und Kultursenator Carsten Brosda (beide SPD) dort gemeinsam vor die Presse getreten und hatten verkündet, dass die städtische Hamburg Kreativ Gesellschaft (HKG) das rund 8.000 Quadratmeter große Gebäude übernehmen und „es für kreative Zwischennutzungen“ öffnen wird. Der Name des Projekts ist „Jupiter“, was eine Antwort auf den gegenüberliegenden Elektromarkt Saturn sein sollte, der jetzt aber leider Media-Markt heißt.
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Heute steht der Name „Jupiter“ also etwas bezugslos weithin sichtbar an der Glasfassade des Gebäudes. Kulturinstitutionen, auch Firmen, mieten sich im Rahmen des Projekts „Frei_Fläche“ dort ein, eröffnen temporäre Ateliers und Ausstellungsflächen, Co-Working-Spaces oder Produktionsorte. Miete zahlt die HKG keine, nur die Leerstands-, also die laufenden Nebenkosten. Den kreativen Mieterinnen und Mietern werden die Flächen für 1,50 Euro pro Quadratmeter zur Verfügung gestellt.
Das Jupiter ist im Prinzip das eine verbindende Element zwischen Mönckebergstraße und Steindamm. Könnte es sein. Ein freier Ort irgendwie. Auf dem Dach steht ein Wegweiser: „Mittelmeer 1.864 km, tödlichste Grenze der Welt“, im Erdgeschoss vertrödeln Durchreisende Zeit bis zu ihrem nächsten Zug, Wohnungslose unterhalten sich mit dem Sicherheitsmann, der direkt hinter der Eingangstür sitzt und können sich aufwärmen. Niemand muss einen Kaffee in der kleinen Bar bestellen, man kann einfach bloß sitzen und aus dem Fenster schauen. Auf einer gerade ungenutzten Freifläche trainieren junge Frauen eine Tanzchoreografie ein, die Fensterfront ist ihr Spiegel. Hier ist genug Platz für so etwas.
Noch ist unklar, wie lange es den Jupiter noch geben wird. Klar ist aber: Es wird wieder ein richtiger Mieter einziehen, einer, der tief in die Tasche greift für diese Immobilie in Premium-Innenstadtlage.
Noch kann man aber einfach so hoch oben auf dem Dach stehen und den Verdi-Leuten auf die Köpfe gucken, die von ihrer Demo zurücktröpfeln – und an den vielen SPD-Wahlplakaten vorbeilaufen. An manchen Bäumen hängt der Bürgermeister gleich zweimal übereinander. CDU-Plakate? Auch auf dieser Seite der Stadt kaum zu finden.
„Die Elbe, der Michel, der Kurs ist immer gutSt. Pauli, die Freiheit, das liegt uns so im BlutUnd hat das Lebensschiff ein LeckIn Hamburg bleiben wir an Deck“
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