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Toxische Beziehungen

Giftige Industrieabfälle verseuchen den Atoyac-Fluss in Zentralmexiko. Anwohner erkranken hier häufiger an Leukämie und Nierenschäden als anderswo. Unter den Verschmutzern sollen auch deutsche Unternehmen sein, wie VW und BASF, die von laxen Vorschriften profitieren

Violettes Wasser statt kristallklar: Am Ufer des Atoyac liegt das Werk des deutschen Chemiekonzerns BASF. Fotos: Alejandro Saldívar

Aus Alto-Atoyac Alejandro Saldívar, Marta Montojo und Federica Bordaberry

Jetzt stinkt es, aber manchmal hält man es dort gar nicht aus“, sagt Maribel Rojas am Ufer des Flusses Atoyac. Seit sechs Jahren ist sie Pastorin hier in der Region des Alto Atoyac. In dieser Zeit hat sie gesehen, wie sich das Wasser des Flusses blau, rot, violett oder schwarz färbt. Wird es ganz schwarz, kommen die Tiere der Umgebung nicht einmal in die Nähe. Die 32-Jährige beobachtet den heute violett gefärbten Fluss mit Resignation. „Früher konnte man hier baden und Wasser trinken. Es war kristallklar.“ Neben ihr laufen sechs verkümmerte Kühe, ein kleines Pony und ihre Hunde ruhelos am Ufer auf und ab. „Es sind die Unternehmen, die ihre Chemikalien freisetzen. Und als Bürger können wir nichts tun“, sagt sie.

Das Alto-Atoyac-Becken in Mexiko erstreckt sich über 4.000 Quadratkilometer in den Bundesstaaten Tlaxcala und Puebla, Heimat von über drei Millionen Menschen. Die mexikanische Regierung hat das Gebiet zur sozioökologische Notstandszone erklärt. 2023 wies ein Bericht des Nationalen Wissenschafts- und Technologierates erschütternde gesundheitliche Folgen im Zusammenhang mit industrieller Verschmutzung nach. Es ist die erste Analyse des Alto-Atoyac-Beckens, die solide wissenschaftliche Daten dafür liefert.

Die Sterberaten durch chronische Nierenerkrankungen bei Menschen im Alter von 15 bis 49 Jahren sind hier bis zu fünfmal höher als im nationalen Durchschnitt. Im Süden von Puebla und Tlaxcala hängen die erhöhten Arsen- und Metallwerte des Flusses mit akuter Leukämie bei Kindern zusammen. 58 Prozent dieser Fälle verlaufen tödlich. „Das Auftreten von chronischen Nierenerkrankungen und Leukämien bei Kindern ist fast immer mit der Belastung durch Giftstoffe verbunden“, so der Bericht. Verursacher dieser Giftstoffe: Industrien und ihre Abwässer. Die Hauptquellen sind oft schwer zu lokalisieren und stammen vor allem aus der Automobil-, Chemie-, Elektro- und Textilindustrie. Sie leiten Schwermetalle, Halbmetalle, organisch-synthetische Verbindungen und Pestizide in den Atoyac-Fluss.

Am Ufer liegt das Viertel Nueva Alemania (Neues Deutschland). Hier, mit Blick auf die Vulkane Popocatépetl und Iztaccíhuatl, stehen Werke von Volkswagen und BASF in Straßen mit Namen wie Frankfurt, Hamburg und Berlin. María Ocotlán betreibt einen Imbiss in der Münchner Straße. „Der Fluss hat sich in den letzten zwanzig Jahren verschlechtert“, sagt sie. „Früher haben die Leute in seinem kristallklaren Wasser ihre Kleidung gewaschen und gebadet. Jetzt kann man sich nicht einmal mehr die Hände waschen.“

Seit 2021 prangert eine Koalition von NGOs die Umweltzerstörung an, die von multinationalen Konzernen wie Volkswagen, Bayer, BASF und Thyssenkrupp verursacht werde. Sie wirft ihnen vor, „ihre Spuren auf dem Territorium und den Körpern der Menschen zu hinterlassen“. Alejandra Méndez, Direktorin der mexikanischen Menschenrechtsorganisation Fray Julián Garcés Center, betont den Mangel an Transparenz in den Industriebetrieben. „Unternehmen wie Volkswagen tragen Verantwortung für seine Zulieferer in der gesamten Lieferkette“, erklärt sie. VW produziert keine Autos vor Ort, sondern stellt Einzelteile her. Dabei verlässt es sich auf eine Lieferkette von Textil- und Chemieunternehmen, die in der Region ansässig sind.

Bei einem Treffen mit der Menschenrechtsabteilung von Volkswagen forderte Méndez von dem Unternehmen Informationen über die in ihren Fertigungsprozessen verwendeten Stoffe. „Sie lehnten das natürlich ab“, sagt sie. Solange die Regierungen diese Informationen nicht einfordern, wird sich nichts ändern. Denn das erschwert, ihnen die Umweltverschmutzung nachzuweisen.

Dabei ist die Verschmutzung evident: Das Sekretariat für Umwelt und natürliche Ressourcen berichtete gemeinsam mit der Nationalen Wasserkommission, dass von achtzehn überwachten Standorten entlang des Atoyac-Flusses in Puebla und Tlaxcala nur einer als nicht kontaminiert gilt. Seit 2011 haben staatliche Messungen gezeigt, dass der Arsengehalt im Fluss den WHO-Grenzwert weit überschreitet. Giftige Metalle wie Cadmium, Kupfer, Chrom, Nickel, Blei und Zink überschreiten ebenfalls die Sicherheitsgrenzwerte und verursachen Nierenschäden, Atemprobleme, neurologische Schäden und Magen-Darm-Probleme.

Seit Jahrzehnten erleben die Bewohner des Alto-Atoyac-Beckens die Expansion des Indus­trie­kor­ridors. 1965 siedelte sich Volkswagen an, 1969 kam der Petrochemiekomplex Independencia, 2016 Audi. Viele leiten ihre Abfälle in den Fluss, zu den größten Verursachern gehören deutsche Unternehmen. Im Jahr 2020 würdigte Johannes Hauser, Generaldirektor der Mexikanisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, die engen Handelsbeziehungen zwischen dem Bundesstaat Puebla und Deutschland und hob die Präsenz von über 180 deutschen Unternehmen in Sektoren wie Automobil, Chemie, Logistik und Umwelttechnologie hervor.

Zu dieser Zeit war Deutschland Pueblas drittgrößter Handelspartner, und Puebla galt als der wichtigste mexikanische Standort für deutsche Auslandsinvestitionen. Im Jahr 2023 exportierte Puebla Waren im Wert von 3,66 Milliarden Dollar nach Deutschland und erhielt 942 Millionen Dollar an deutschen Direktinvestitionen.

Das BASF-Werk in Puebla gleicht einer Festung, umgeben von Überwachungstürmen und privaten Sicherheitskräften. Im Inneren erstrecken sich Industrielager auf 220.000 Quadratmetern, mit Rohren und Schornsteinen, aus denen dichter Rauch aufsteigt. Schilder verbieten die Verwendung von Mobiltelefonen oder Kameras und unterstreichen die Geheimhaltung des Standorts. BASF behauptet, Chemie für eine nachhaltige Zukunft zu machen und sich dabei an Bundesgesetze zu halten. Die Fabrik produziert hochleistungsfähige chemische Produkte für den Bergbau-, Luftfahrt- und Automobilsektor.

Laut dem öffentlichen Register für Wasserrechte entnimmt BASF täglich 1.750 Kubikmeter Wasser – das entspricht dem jährlichen Wasserverbrauch eines Einwohners im nahe gelegenen Mexiko-Stadt. Außerdem leitet das Unternehmen jährlich fast 194.000 Kubikmeter Abwasser in den Fluss Atoyac ein, genug, um 57 olympische Schwimmbecken zu füllen. Eingeleitete Schadstoffe verschlechtern die Wasserqualität, schädigen Lebewesen und stören die landwirtschaftliche Nutzung des Flusses, was zu einer Kettenreaktion für Mensch und Umwelt führt.

BASF gibt an, dass seine Kläranlagen rund um die Uhr in Betrieb sind, sie erscheinen jedoch nicht im staatlichen Verzeichnis der Kläranlagen. Das Unternehmen erklärt das per E-Mail mit einer speziellen bundesstaatlichen Genehmigung, das Wasser direkt in den Atoyac zu leiten. Und das Verzeichnis erfasst nur Anlagen, die Wasser recyceln. Dadurch entsteht eine Regulierungslücke,

Doch BASF ist nur eines von vielen solcher Unternehmen: Im Jahr 2022 haben 219 Unternehmen täglich Tonnen von Abfällen in das Atoyac-Becken gekippt und so die Verschmutzung weiter verschlimmert. Auf der anderen Seite des Flusses liegt ein Volkswagenwerk, das seit den 1960er Jahren hier Autos zusammenbaut. Es ist nach eigenen Angaben das „größte Automobilwerk Mexikos“. Seit 1996 hat VW im Rahmen einer staatlichen Konzession jährlich 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser entnommen, genug, um 11.000 Menschen ein Jahr lang zu versorgen. Seit 2004 hat das Unternehmen eine entsprechende Abwassermenge gemeldet – ausreichend, um 415 olympische Schwimmbecken zu füllen. Doch VW behauptet, die mexikanischen Vorschriften einzuhalten, und bestreitet, Beschwerden aus der Bevölkerung über seinen Wasserverbrauch oder sein Abwasser erhalten zu haben.

Dass sich Unternehmen auf kommunale Abwassersysteme verlassen können und ihren eigenen Abfall nicht richtig entsorgen, führt die Menschenrechtlerin Alejandra Méndez auf die Lockerung der Umweltschutzbestimmungen während des neoliberalen Booms der 1990er Jahre zurück. Damals wurde es den Industrien ermöglichte, ihre Verantwortung legal zu umgehen. Das ist kein Zufall – die Lobbyarbeit der Unternehmen prägt seit Langem die Umweltpolitik, zulasten der öffentlichen Gesundheit. Doch Méndez fordert, die Firmen „müssen sich um ihren Abfall kümmern“.

BASF ist ein wichtiger Akteur in der europäischen Chemielobby und gibt laut offiziellen Registern jährlich fast 5 Millionen Euro für EU-Lobbyarbeit und weitere 4 Millionen Euro in Deutschland aus. Ähnlich wie der deutsche Chemieriese Bayer versucht auch BASF Einfluss auf Industrieverbände zu nehmen. In Brüssel ermöglichen gesponserte Debatten und informelle Treffen den Unternehmen, Narrative zu kontrollieren und gleichzeitig als legitime Teilnehmer aufzutreten.

Im Bundesstaat Tlaxcala produziert Bayer Pilzvernichtungsmittel, von denen über 80 Prozent in die USA und nach Europa exportiert werden. Auch Bayer behauptet, die offiziellen Abwasservorschriften einzuhalten, und versichert, dass das Abwasser, das durch die kommunale Kläranlage fließt, den erforderlichen Standards entspricht. „Wir haben Klarheit über unseren Wasserverbrauch und die Einhaltung der Umweltvorschriften“, sagt Laura Tamayo, Kommunikationsdirektorin von Bayer Mexiko, und verweist auf regelmäßige Inspektionen, unter anderem von der Nationalen Wasserbehörde im Jahr 2017.

Im April 2024 wurde eine EU-Richtlinie zur Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Nachhaltigkeit verabschiedet, die für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 450 Millionen Euro gilt. Die Richtlinie verpflichtet sie, Umwelt- und Menschenrechtsrisiken in ihren Lieferketten zu berücksichtigen, obwohl dies mit erheblichen Betriebskosten verbunden ist.

Während die EU-Richtlinie erst 2027 oder nach neuesten Vorschlägen der EU-Kommission sogar erst 2028 in Kraft tritt, gilt das deutsche Lieferkettengesetz für Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeiterin bereits seit dem 1. Januar 2024. Demnach sind Unternehmen bereits jetzt dafür verantwortlich, Menschenrechte einzuhalten und die Umwelt zu schützen. NGOs sehen darin ein Potenzial, aber bisher fehlt es ihnen an grenzüberschreitenden Mechanismen, ihre Klagen und Beschwerden wirklich durchzusetzen. Das hängt auch mit der nationalen Gesetzgebung zusammen: Obwohl in der Region über 22.000 Unternehmen tätig sind, sind nur 6.000 davon verpflichtet, ihre Emissionen an das entsprechende Register zu melden. Im Jahr 2021 kamen weniger als 225 Unternehmen dieser Verpflichtung nach.

„In den letzten 60 Jahren wurde die wirtschaftliche Produktion zur Priorität, was die traditionellen Lebensweisen radikal veränderte und eine komplexe Realität für die im Becken lebenden Menschen schuf“, erklärt Rodrigo Gutiérrez, Menschenrechtsforscher an der Universidad Autónoma von Mexiko (Unam).

Das für die Produktion unverzichtbare Wasser wird von der Nationalen Wasserkommission verwaltet, die Lizenzen direkt an Unternehmen vergeben kann. „Das Nationale Wassergesetz wurde 1992 geschaffen, um Unternehmen Rechtssicherheit zu bieten“, sagt Gutiérrez. Dieser Rechtsrahmen, fügt er hinzu, sei Teil eines ideologischen Projekts, das darauf abzielte, nationale Ressourcen mit internationalen Geschäftsinteressen in Einklang zu bringen.

In der Girasoles-Straße südwestlich von Puebla stagniert der Atoyac-Fluss unter einer Kruste aus Schadstoffen und schimmert rosa – ein Cocktail aus chemischen Industrieabfällen. Trotz seines schlammigen Aussehens verwendet Felipe Pérez dieses Wasser immer noch zur Bewässerung seines ein Hektar großen Bohnen- und Luzernefelds.

Felipe erinnert sich, wie er versuchte, auf dem Markt Zwiebeln zu verkaufen. Doch wegen ihres bitteren Geschmacks fand er keine Käufer – eine Folge des verunreinigten Wassers. Ein defektes hydraulisches Pumpsystem, das inzwischen verlassen und geplündert wurde, steht in der Nähe als Symbol gebrochener Versprechen. Die Pumpmaschine wurde laut Felipe vor vier Jahren in Betrieb genommen, funktionierte jedoch nicht und wurde sofort aufgegeben. „Wir leben einfach weiter“, sagt er.

Weiter flussabwärts liegt der Valsequillo-Damm rissig und öde da. In den verbleibenden feuchten Stellen erstickt der erhöhte Nährstoffgehalt das Leben im Wasser, während gelegentlich noch Vögel über die Oberfläche gleiten. Der Fluss ist wie viele andere in Zentralmexiko voller Schadstoffe aus Industrie, Haushalt und Landwirtschaft.

„Wir sind weder verantwortlich für das, was passiert, noch schuld daran. Es ist die Industrie. Und man muss es so benennen“

Alejandra Méndez von der NGO Fray Julián Garcés Center

Rodolfo Omar Arellano Aguilar ist Doktor für Biowissenschaften und Forscher an der Unam. Er erklärt: „Wir haben es mit komplexen Schadstoffgemischen zu tun – organischen Krankheitserregern wie Salmonellen, Coli-, Hepatitis- und Herpesviren sowie anorganischen Giften wie Arsen, Cadmium, Chrom, Zink und Nickel.“ Auch Spuren von Organphosphaten und Organochlorverbindungen wie DDT seien zu finden, obwohl diese inzwischen verboten sind, denn sie beeinträchtigen nicht nur das Nervensystem von Insekten, sondern bergen auch Risiken für die Gesundheit von Menschen. Doch noch immer werden diese Chemikalien als Pestizide eingesetzt. „Wir haben sogar Glyphosat direkt im Wasser nachgewiesen, das verantwortungslos eingesetzt wird, um Lilien zu vernichten oder Moskitos zu töten“, sagt er.

In seinem Büro blättert Arellano in einem Buch über die Fischarten im Atoyac. Heute sind fast all diese Arten verschwunden. „Ausgestorben, ausgestorben, vom Aussterben bedroht, ausgestorben, vom Aussterben bedroht …“, kommentiert er.

Arellano erinnert sich an ein Experiment mit Zebrafischembryonen aus dem Jahr 2012, bei dem Wasserproben aus dem Atoyac so giftig waren, dass sie fünfzig mal verdünnt werden mussten, damit die Embryonen überlebten. Selbst dann wiesen sie noch schwere Missbildungen auf. Aber es gehe nicht nur um Fische und Insekten: „Der Zusammenhang zwischen der Gesundheit des Flusses und der der Menschen ist verheerend.“

Ein Problem sei auch, dass die Umweltschutzbestimmungen nicht den Fluss überwachen, sondern die Abwässer, erklärt er. „Die Industrie muss ihre Schadstoffe unter bestimmten Werten halten, aber diese Grenzwerte sind absurd hoch. Darüber hinaus werden die Abwässer in öffentliche Kanäle abgeführt, sodass es unmöglich ist, herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist.“

In den 1990er Jahren wurden die Umweltschutzbestimmungen im Rahmen des US-amerikanisch-kanadisch-mexikanischen Freihandelsabkommens Nafta abgeschwächt und von fünfzig Bestimmungen auf nur drei reduziert. Laut ­Arellano ist die Textilindustrie mit ihren auffälligen chemischen Abwässern weiterhin ein Hauptverschmutzer. Vielen kleinen Fabriken fehlt die Infrastruktur zur Entsorgung ihrer Abfälle, was die Krise verschärft.

Die sozioökologischen Auswirkungen gehen über die Gesundheit hinaus: Sie stören traditionelle Lebensweisen, zwingen Menschen zur Migration und drängen sie in prekäre Industriejobs.

Die Umwelt- und Gesundheitsschäden im Alto-Atoyac-Becken die Aufmerksamkeit von Menschenrechtskommissionen, Ethikgerichten und dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (IACHR) auf sich gezogen.

In San Mateo Ayecac in Tlaxcala, erinnert sich die 51-jährige Alejandra Ramírez Varela an ihre Kindheit am Fluss. Daran, wie sie Blumen für die traditionellen Sägemehl-Teppiche sammelte – heute eine unmögliche Tradition, da das giftige Wasser Pflanzen tötet und Bäume vorzeitig vertrocknen. Mit der Zeit tauchten immer mehr große Rohre auf, die dicke schwarze Abwässer in den Fluss leiteten.

Chemie aus Deutschland, Gift für Mexiko?

Ramírez schloss sich der Nichtregierungsorganisation Atoyac with Life an, die Wasserproben sammelt. Diese zeigten alarmierende Toxizitätswerte an. „Viele glauben, Krankheiten seien eine Strafe Gottes, aber Studien bewiesen, dass sie von Chemikalien im Wasser herrühren“, erklärt sie.

2006 reichte die mexikanische Menschenrechtsorganisation Fray Julián Garcés Center eine Beschwerde beim Lateinamerikanischen Wassertribunal ein. Deren Direktorin Montero dokumentierte gentoxische Schäden, also Zellschäden, die mit einem erhöhten Risiko für Krebs und Missbildungen verbunden sind.

Aber noch immer schikanieren die Behörden betroffene Gemeinden und verteidigen die Industrie. „Sie sagten uns, dass Kinder krank werden, weil ihre Eltern sich nicht um sie kümmern oder weil sie Cousins heiraten“, sagt Méndez empört. „Wir sind weder verantwortlich für das, was passiert, noch schuld daran. Es ist die Industrie. Und man muss es so benennen“, sagt sie.

Die verheerenden Auswirkungen zeigen sich unverkennbar. In einem der Gewässer, die die Industriekorridore der Bundesstaaten Puebla und Tlaxcala verbinden, nur wenige Meter von den Schornsteinen der Textilfabriken entfernt, treibt ein Entenpaar über einen See aus Industrieabfällen. Ihre weißen Federn sind schwarz gefärbt und hinterlassen eine dunkle Spur im giftigen Wasser.

Aus dem Englischen von Sabina Zollner

Dieser Artikel wurde mithilfe des Journalismfund Europe finanziert.

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