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Berliner Ausblick auf das neue JahrBleibt es auch 2025 kalt?

Auch im neuen Jahr muss gespart werden. Freuen können sich dagegen Autofahrer über den 16. Nauabschnitt der A 100 und Freundinnen der Museumsinsel.

Lassen sich 2025 nicht vermiesen: Neujahrsbadende im Oranikesee Foto: Juergen Engler /imago

Die Zeltstadt bleibt stehen

Eines steht fest: Deutschlands größte Notunterkunft auf dem Gelände des Ex-Flughafens Tegel wird auch 2025 bestehen bleiben. Zwar hat Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) wiederholt erklärt, dass sie die 2022 als „Ankunftszentrum“ für Ukrainer konzipierte Zeltstadt perspektivisch schließen möchte.

Aber es gibt anderswo längst nicht genug Platz für die Menschen, die dort derzeit leben (rund 3.700; 2.800 weitere Plätze in Tegel sind aktuell frei). So werden die Großzelte in Tegel nicht abgebaut, sondern 2025 zumindest teilweise durch neue ersetzt werden. Denn die Nutzungsdauer der ersten Leichtbauhallen ist nach 3 Jahren abgelaufen. Und die Messe Berlin, die für Bau und Instandhaltung zuständig ist, und an Tegel gut verdient, kann sich auf ein zusätzliches Geschäft freuen.

Der Grund, warum Tegel bleibt, sind nicht die Flüchtlingszahlen. 2024 waren es rund 9.700 Ukrainer (2023: 14.000) und 9.900 Asylbewerber (2023: 16.000). Aber es werden weiterhin viel zu wenig neue Flüchtlingsheime gebaut, zu wenig Bestandsgebäude in Gemeinschaftsunterkünfte umgewandelt – wie es ja auch sonst viel zu wenig sozialen Wohnungsbau gibt.

Das liegt einmal daran, dass Bauen in Berlin lange dauert. So wurde von den 16 neuen Containerdörfern, die der Senat im März 2024 beschlossen hat und mit denen über 6.000 neue Plätze geschaffen werden sollen, noch keines gebaut. 2025 sollen nun sieben bis acht davon realisiert werden. An vielen Orten gab es zudem Unmut gegen die Neubaupläne, etwa in Lichtenberg, wo vier neue Containerdörfer geplant waren. Eines hat der Senat auf Druck der CDU wieder gestrichen.

Vorerst geplatzt ist auch der Umbau eines leer stehenden Bürogebäudes in der Soorstraße in Westend. Hier sollten 950 Plätze für Flüchtlinge entstehen, dazu Wohnungen für Studierende. Doch es gab Widerstand von einer Anwohnerinitiative – gerüchteweise soll auch Ex-Bild-Chef Julian Reichelt dort wohnen. Im Dezember verweigerte die CDU im Hauptausschuss die Entscheidung über die Finanzierung der Soorstraße, ebenso über die Anmietung weiterer Hotelplätze.

Insgesamt fehlen dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten daher nun 4.000 eingeplante Plätze. Die bräuchte man mindestens, um Tegel in absehbarer Zeit zu schließen. (sum)

Neuer Haushaltsstreit

Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Kaum ist die eine Spardiskussion ausgestanden, steht die nächste bevor. Denn spätestens im Sommer sollte der Senat seinen Entwurf für den Doppelhaushalt 2026/27 vorlegen. Er dürfte erneut für Aufregung sorgen. Dabei ist Berlin vorgewarnt.

So hat Finanzsenator Stefan Evers (CDU) längst angekündigt, dass es bei den Etats der einzelnen Senatsverwaltungen 2026 und 2027 nicht nur keine Aufwüchse geben wird, sondern die Budgets auf dem für 2025 heruntergefahrenen Schrumpfniveau eingefroren bleiben. Die Kol­le­g:in­nen in Senat und Abgeordnetenhaus bräuchten gar nicht erst versuchen, mehr Mittel anzumelden. Die werde es nicht geben, so Evers.

Damit nicht genug: Weil Schwarz-Rot mit dem aufgeblähten aktuellen Haushalt auch die bislang existierenden Rücklagen des Landes bis Ende 2025 weitgehend verfrühstückt haben wird, müssen angesichts der schwachen Einnahmenseite weitere Milliarden aufgetrieben werden, um das Finanzierungsdefizit auszugleichen.

Einfacher formuliert: Mit den drei Milliarden Euro aus der jüngsten schwarz-roten „Konsolidierungsrunde“ ist das Ende der Fahnenstange längst nicht erreicht. „Zwei weitere Milliarden liegen noch vor uns“, machte Evers schon Ende November mit Blick auf den nächsten Doppelhaushalt klar.

Dabei werde „Verwaltungsoptimierung“ eine Rolle spielen – also unter anderem der Verzicht auf Beschäftigte in den Behörden. Zugleich werde man aber, so Evers, auch Standards absenken, etwa bei bau- und umweltfachlichen Festlegungen.

Was er nicht sagte: Natürlich dürfte die SPD wie in der letzten Sparrunde erneut die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 0,5 Prozent auf 6,5 Prozent fordern, was dem Land rund 100 Millionen Euro Mehreinnahmen im Jahr bringen könnte. Und natürlich wird die CDU erneut die generelle Gebührenfreiheit beim Mittagessen für Grund­schü­le­r:in­nen infrage stellen, die im Jahr mit über 180 Millionen Euro zu Buche schlägt.

Beides dürfte vom jeweils anderen Koalitionspartner auch diesmal wieder mit großer Geste abgewiesen werden. Allein deshalb könnte es im Zuge der Aufstellung des Doppelhaushalts 2026/27 noch zu etlichen Schaukämpfen kommen.

Einigkeit herrscht immerhin bei einem anderen Thema: dem Plan, die Ausgaben für die Flüchtlingsversorgung und -unterbringung über Notfallkredite zu finanzieren. Im Raum steht eine Kreditaufnahme in Höhe von rund einer Milliarde Euro – unter Umgehung der Schuldenbremse. Voraussetzung hierfür ist, dass das Abgeordnetenhaus in Sachen Flüchtlingsunterbringung die Notlage erklärt. Selbst die Grünen und die Linkspartei sind in dieser Frage mit an Bord. (rru)

Die neue Autobahn

Makellos sieht sie aus, die Asphaltschicht auf dem jüngsten Abschnitt der A 100 zwischen Dreieck Neukölln und Treptower Park. Die Spuren sind noch nicht markiert, schneller waren da Berlins Graffitisprayer. Sie haben ihre Chance ergriffen und die Wände des Trogs, in dem der 16. Bauabschnitt verläuft, bunt verziert. Bald wird das nicht mehr möglich sein: Laut der Autobahn GmbH des Bundes wird das Teilstück im 1. Halbjahr 2025 eröffnet.

Realistisch betrachtet rollen hier also frühestens am 30. Juni die Autos, auf der mit rund 700 Millionen Euro – weit mehr als 200.000 Euro pro Meter – teuersten Straße Deutschlands. Dass der geplante 17. Bauabschnitt, der die Spree queren, unter dem Ostkreuz hindurchtauchen und am Rand von Prenzlauer Berg enden soll, noch teurer würde, ist ausgemachte Sache. Offenbar prüft das Bundesverkehrsministerium sogar Varianten mit einer Untertunnelung der Spree. Auch ohne solche Extravaganzen liegen die geschätzten Kosten schon bei über einer Milliarde Euro.

Die AnwohnerInnen des 16. Abschnitts haben andere Sorgen. Viele befürchten, dass der Verkehr, der bald bis zum Treptower Park gespült wird, dort für Chaos sorgt – zumal die Fertigstellung der neuen Elsenbrücke zwischen Treptow und Friedrichshain noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird. Die einspurige Behelfsbrücke dort sorgt aktuell für tägliche Staus.

Andererseits: Ändert sich mit der Autobahn wirklich so viel? Wer von Osten auf den Stadtring oder zurück will, quetscht sich doch jetzt schon durch dieses Nadelöhr. Und werden die dunkelroten Stauanzeigen in den Navigationsapps nicht verhindern, dass AutofahrerInnen die neue Verbindung für ein bequemes Einfallstor in die östlichen Bezirke halten?

Die VerkehrsstadträtInnen von Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Treptow-Köpenick sind anderer Meinung. Annika Gerold, Jochen Biedermann und Claudia Leistner (alle grün), erwarten „deutlich mehr Verkehr“ rund um den Treptower Park und die Elsenbrücke. „Nicht nur werden bestehende Kfz-Verkehre aus dem Westteil oder dem Südosten der Stadt auf die neue Autobahn und die nachgelagerten Stadtstraßen gezogen, es werden auch neue Verkehre induziert“, schreiben sie auf Anfrage der taz. „Es wird attraktiver, mit dem Kfz zu fahren, statt Alternativen zu nutzen.“

Gleichzeitig sind die drei besorgt, „dass die Navigationsdienste vermeintlich oder tatsächlich schnelle Verbindungen durch Wohngebiete anzeigen“ könnten. Zu bestimmten Tageszeiten würden sie dann etwa empfehlen, die Autobahn bereits an der neuen Anschlussstelle Sonnenallee zu verlassen.

Gerold, Biedermann und Leistner haben deshalb die Senatsverkehrsverwaltung schriftlich aufgefordert, ein Gutachten zu erstellen und noch vor Eröffnung geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die Verkehrsprognosen zur Planfeststellung stammten aus dem Jahr 2009 und seien in der aktuellen Situation nicht mehr aussagekräftig. Die Antwort der Verwaltung steht aus. (clp)

Neue Waffenverbotszonen

Sie sind ein Herzensprojekt von Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD): sogenannte Waffenverbotszonen. Am 15. Februar werden Sprangers Träume nun wahr. Per Rechtsverordnung hat der Senat drei Verbotszonen bestimmt, die dann in Kraft treten. Bis dahin müssen noch Schilder hergestellt und angebracht werden.

Im und um den Görlitzer Park und rund ums Kottbusser Tor in Kreuzberg sowie auf dem Leopoldplatz in Wedding sind dann Waffen und Messer aller Art verboten – egal ob die Besitzer einen Waffenschein haben oder nicht. Auch Küchen- und Taschenmesser fallen unter das Verbot. Wer erwischt wird, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro zahlen. Außerdem ist die Waffe weg. Es gibt nur wenige Ausnahmen, etwa für Polizei und Rettungskräfte, aber auch Restaurantbesitzer*innen.

Ohne Kontrollen ist ein solches Verbot nicht umsetzbar, deshalb darf die Polizei in den Bereichen „verdachts­unabhängig“ Personen durchsuchen. Am Görlitzer Park und Kottbusser Tor bedeutet das nichts Neues, denn die Gebiete gelten ohnehin schon als „kriminalitätsbelastete Orte“, an denen die Polizei Sonderrechte genießt.

Am Leopoldplatz hingegen könnten die erweiterten Befugnisse auch dazu führen, dass die dort ausharrenden suchtkranken und obdachlosen Menschen im Zuge von Waffenkontrollen in den Fokus der Polizei geraten – weil bei anlasslosen Durchsuchungen schließlich auch Drogendelikte oder Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz festgestellt werden können. (hno)

200 Jahre Museumsinsel

Das vergangene Jahr war kein gutes für die Berliner Kulturszene. Berlins schwarz-roter Senat hat massive Einsparungen im Kulturetat durchgesetzt. Trotzdem gibt es 2025 Jubiläen und Konzerte, auf die man sich freuen kann.

Zum Beispiel wird die Museumsinsel 200 Jahre alt. Der Grundstein für das Alte Museum wurde am 9. Juli 1825 gelegt. Vier weitere Museumsbauten folgten. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nimmt das Datum zum Anlass, die Museumsinsel fünf Jahre lang zu feiern. Ausstellungen drinnen und im Freien, Konzerte, Kinoabende und weitere Aktionen sind geplant.

Ein Ziel ist es, nicht nur Tourist:innen, sondern vor allem die Ber­li­ne­r:in­nen „auf ihre Insel zu holen“ so Stiftungspräsident Hermann Parzinger. So soll jede Schulklasse einmal in den kommenden fünf Jahren einen Ausflug auf die Museumsinsel unternehmen. (rn)

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