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Der Sonnenmaler aus dem Norden

In Skandinavien sind viele Bilder Jens Ferdinand Willumsens Ikonen, in Deutschland ist der Däne fast unbekannt. Das Schleswiger Schloss Gottorf zeigt Werke aus allen Schaffensperioden

In Italien beobachtet und beim Malen in den Norden versetzt: „Badende Kinder am Strand von Skagen“ Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2024, www.bildkunst.de/Skagens Kunstmuseer, Skage

Von Esther Geißlinger

Die Sonne leuchtet aus vielen Bildern von Jens Ferdinand Willumsen, der 1863 in Kopenhagen geboren wurde und 1958 in Cannes starb. In seinen 94 Lebensjahren schuf der Däne ein weitgefächertes Werk als Maler, Grafiker, Keramiker, Fotograf und Architekt. Darunter sind Bilder, die in Skandinavien als Ikonen gelten. In Deutschland ist Willumsen praktisch unbekannt. Das schleswig-holsteinische Landesmuseum Schloss Gottorf entdeckt den Sonnen-Maler aus dem Norden neu und zeigt bis März 2025 unter dem Titel „Generalprobe“ rund 100 Werke aus allen Schaffensperioden.

Mädchen und Jungen, die an einem Strand und im grünblauen Wasser spielen, darüber ein pastellfarbener, strahlender Himmel: „Badende Kinder am Strand von Skagen“, entstanden zwischen 1902 bis 1909, ist ein Hauptwerk Willumsens. Das großformatige Bild, das in Schleswig hängt, ist das erste von zwei fast identischen Werken, eben die „Generalprobe“, die der Ausstellung den Titel gab.

„Es war Teil von Willumsens Arbeitsprozess, dass er bei größeren Werken nicht nur kleine Vorstudien und Details anfertigte, sondern das gesamte Bild zweimal malte“, erklärte Ausstellungs-Kurator Ingo Borges bei einem Rundgang zur Eröffnung der Ausstellung. Das Motiv der badenden Kinder ist typisch für die Zeit, auch andere Künstler wie Max Liebermann malten Strandszenen. Willumsen zeigt Jugendliche beiderlei Geschlechts und aller Altersstufen, die im Sand spielen oder sich in die Fluten stürzen, ein Mädchen wirbelt ein kleines Geschwister herum. Die Kinder hat Willumsen in Italien beobachtet und fotografiert, das Sujet dann nach Skagen versetzt, unter einen nordischen Sommerhimmel.

Willumsen. Generalprobe: bis 2. 3. 25, Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf, Schloßinsel 1, Schleswig; museum-fuer-kunst-und-kulturgeschichte.de

Der Gastwirtssohn aus Kopenhagen absolvierte eine Ausbildung zum Bauingenieur, besuchte die Kunstakademie, scheiterte dort aber dreimal an der Abschlussprüfung. Dennoch gab er seine Pläne nicht auf. 1888 reiste er zum ersten Mal nach Frankreich und Spanien, kam in Kontakt mit Avantgarde-Künstlern und sorgte 1891 für einen Skandal in seiner Heimat: Rund 20.000 Neugierige sahen die Grafik „Fruchtbarkeit“, ein Portrait von Willumsens erster Frau, Juliette Meyer, während ihrer Schwangerschaft – ein damals ungehöriges Motiv.

Auch die „Bergsteigerin“ von 1902, ein sportlich-lässiges Portrait von Willumsens zweiter Frau, der Bildhauerin Edith Wessel, zog den Spott und Kritik der Zeit­ge­nos­s:in­nen auf sich: „Venus von Milo im Wollpullover“, lästerte ein Kritiker. Diese Skandale waren nicht beabsichtigt, heißt es in einem Aufsatz im Katalog zur Ausstellung: „Ich wollte nie den Konflikt, sondern wünschte mir, sofort verstanden zu werden“, sagte Willumsen.

Ein Portrait von Willumsens erster Frau Juliette Meyer während ihrer Schwangerschaft sorgte 1891 in Dänemark für einen Skandal

Der ganz große Durchbruch blieb dem Künstler versagt. Aber er konnte trotz zeitweiliger Geldprobleme gut von der Kunst leben, und auch der Plan eines eigenen Museums, für das er unter anderem großformatige Selbstportraits und Bilder seiner dritten Lebensgefährtin, der Tänzerin Michelle Bourret, schuf, entstand früh. Er war mit den Großen seiner Zeit bekannt und befreundet, darunter Paul Gauguin und Emil Nolde.

Von Zeit­ge­nos­s:in­nen als „Venus von Milo im Wollpullover“ verspottet: Porträt von Willumsens zweiter Frau Edith Wessel beim Bergsteigen Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2024, www.bildkunst.de/G. A. Hagemanns Kollegium, Kopenhagen

Menschen, Natur und Stadtlandschaften sind seine hauptsächlichen Motive, aber es gibt auch Grafiken, die Kriegsszenen schildern. Sein Werk lasse sich nicht in Gattungsgrenzen zwängen, sagte Thorsten Sadowsky, Direktor des Landesmuseums, der stolz darauf ist, Willumsens Werke nach Deutschland geholt zu haben.

Zusätzlich zu Willumsens Bildern und Keramiken zeigt die Ausstellung auch ein besonderes Schulprojekt, an dem sich Klassen der dänischen A. P. Møller-Skolen in Schleswig und dem Deutschen Gymnasium für Nordschleswig in Aabenraa beteiligt haben. Die Jugendlichen bearbeiteten grenzübergreifend verschiedene Aspekte von Willumsens Werk. Entstanden sind unter anderem eine textile Arbeit, in der Punkte für Willumsens Frauen und Kinder stehen, ein Video und Fotos.

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