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Wieder im KinoKonsequente Demontage

Diese Woche zurück auf der Leinwand: Die Marx Brothers, Autofahrten des Vertrauens in einem Kurzfilm nach Haruki Murakami und der X-Mas-grumpige Grinch.

Einer geht noch: „Die Marx Brothers in der Oper“ (Sam Woods, 1935) Foto: © 1935 Metro-Goldwyn-Mayer Inc.

Z wei Zimmermädchen, eine Putzfrau, eine Maniküre, eine Frau, die nach ihrer Tante sucht, ein Klempner und sein Assistent, sowie drei Kellner – das sind die Leute, die in einer der besten Szenen von „Die Marx Brothers in der Oper“ (1935) von Groucho Marx in die kleine Schiffskabine hineingebeten werden, in der er sich bereits mit seinen Brüdern Chico und Harpo (sowie einem Tenor) befindet. Als schließlich jemand von außen die Kabinentür öffnet, purzeln sie alle wieder heraus wie aus einer unter Druck stehenden Konservendose.

Mit ihrer Mischung aus sarkastischen Frechheiten, der konsequenten Demontage von Autoritäten, verquerer Logik und nerviger Zappeligkeit waren die Marx Brothers, die ihre Bühnencharaktere auf ausgedehnten Vaudeville-Tourneen entwickelt hatten, sicher die anarchischste Truppe, die in den USA je die Leinwand zierte – auch wenn zum Zeitpunkt der Entstehung von „A Night at the Opera“ (so der Originaltitel) bei MGM die Filmstories schon ein wenig entschärft waren. Da mussten die Komiker dann immer irgendeinem uninteressanten Liebespaar in Not behilflich sein, das machte sie angeblich sympathischer. Daher auch der Tenor in der Kabine – falls Sie das unbedingt wissen wollen.

An der Kasse funktionierte es, und es ist auch heute noch sehenswert, denn die Komik der Marx Brothers überlebte an vielen Stellen doch einigermaßen unbeschadet. In den Hackeschen Höfen ist der Film ganz klassisch in einer 35mm-Kopie zu sehen (6.12., 22 Uhr, Hackesche Höfe Kino).

Wenn jemand sagt: „Fahren sie mich an einen Ort, den Sie mögen“, erwartet man dann, in einer Müllverbrennungsanlage zu landen? In „Drive My Car“ (2021) blicken Theaterregisseur Yûsuke Kafuku und seine von einem Festival in Hiroshima bestellte Fahrerin Misaki jedenfalls auf zerkleinerte Müllberge, die Misaki an Schnee erinnern.

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Der komplexe Film von Ryûsuke Hamaguchi beruht auf einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami und vertritt die grundsätzliche Idee, dass man sich anderen Menschen öffnen und die eigenen Verletzungen zugeben können sollte. Immer bloß so tun, als sei nichts – das führt nur ins Unglück. Ein Drehbuchentwurf von Kafukus verstorbener Frau und Tschechows Stück „Onkel Wanja“, das der Regisseur bei dem Festival inszeniert, dienen dabei als warnende Beispiele.

Kafuku und Misaki, die beide in der Vergangenheit seelische Verletzungen erfahren und Dramatisches erlebt haben, nähern sich bei langen Autofahrten einander schließlich langsam an und beginnen, sich auszusprechen. Zwar benötigen sie anderthalb Stunden, um mal ein persönliches Wort miteinander zu reden – aber sie reden immerhin.

Und mit der Zeit wachsen einem die Figuren, ihre Geschichte und die vielen Fahrten im roten Saab durch Hiroshima richtig ans Herz, ähnlich wie den Schau­spie­le­r:in­nen der Tschechow-Text bei ihren intensiven Proben. Der Film ist ein echtes Meisterwerk, zu sehen in der aktuellen Japan-Filmreihe im Babylon Mitte (5. 12., 20 Uhr, Babylon Mitte).

Der 1991 verstorbene Schriftsteller und Zeichner Dr. Seuss (Theodor Seuss Geisel) gehört zu den populärsten Kinderbuchautoren seiner Heimat USA. Zu Seuss' populärsten Kreationen gehören die in einer Parallelwelt auf einem Staubkorn lebenden Who-Wesen (auf Deutsch: Hu) und natürlich der Grinch, ein grünhäutiges, stets schlecht gelauntes Geschöpf, das in einer Höhle in der Nähe von Whoville lebt. Er hasst Weihnachten derart, dass er beginnt, den Who-Bewohnern die Weihnachtsdekorationen und Geschenke zu stehlen, um dem freudigen Fest den Garaus zu machen.

Im Animationsfilm „Der Grinch“ (R: Scott Mosier, Yarrow Cheney; 2018) ist die Titelfigur aber dann doch ein eigentlich ganz liebenswerter Charakter, nur eben ein bisschen grantig. Das geht natürlich familienfreundlich gut aus, ganz im Sinne des Festes der Liebe und Gemeinschaft. Schöne Adventszeit! (7.-8.12., 14.30 Uhr, 10.-11.12., 10.30 Uhr, Sputnik Kino).

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Lars Penning
Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.
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