piwik no script img

Frauenanteil in ParlamentenDie Männer hinter der Frontfrau

Nach der Wahl in Brandenburg sinkt der Frauenanteil. AfD und BSW haben keine freiwilligen Quoten – und Grüne und Linke sitzen nicht mehr im Landtag.

Frauenquote: Hinter Sahra Wagenknecht sieht es beim BSW mau aus Foto: Arnulf Hettrich/imago

Berlin taz | Der Frauenanteil im neuen Brandenburger Landtag wird sinken. Das liegt auch an den Wahlerfolgen von AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – obwohl dieses doch immerhin eine Frau im Namen trägt.

Zwar lächelte die Frontfrau des BSW die Bran­den­bur­ge­r:in­nen von jedem Wahlplakat herab an – hinter ihr aber sieht es mau aus. Nur sechs Frauen waren auf der 30-köpfigen Landeswahlliste des BSW Brandenburg vertreten. Auf der 35 Plätze starken Liste der AfD waren es ebenfalls nur sechs, davon nur vier unter den ersten 30 Plätzen.

26 von 88 Sitzen im Landtag gehen in Brandenburg nun an Frauen – bisher waren es 32. Insgesamt entspricht das einem Anteil von rund 30 Prozent, wie der Landeswahlleiter Anfang dieser Woche verkündete. Zehn weibliche Abgeordnete zogen über Direktmandate ein, weitere 16 über die Landeslisten der Parteien. Ganze 15 der 26 weiblichen Abgeordneten stellt die SPD.

Der Frauenanteil sinkt wieder

Nachdem der Frauenanteil in Brandenburg seinen bisherigen Höchststand 2004 bei rund 41 Prozent hatte, sinkt er seit Jahren. Doch nicht nur dort, auch in Sachsen und Thüringen geht der Frauenanteil nach den Wahlen Anfang September zurück.

Die AfD lehnt gleichstellungs­politische Ziele dezidiert ab

Lisi Maier, Bundesstiftung Gleichstellung

„Wir haben viele Jahre eine Aufwärtsbewegung gehabt, auch in den Landtagen, und jetzt sinken diese Zahlen wieder“, sagt Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung. Der Rückgang habe „ganz klar“ damit zu tun, dass die AfD in diesen Landesparlamenten erstarkt. Hinzu kommt nun das BSW, das ebenfalls keine Quotierungen für seine Landeslisten hat.

Aber es braucht Frauen, um gleichstellungspolitische Ziele voranzubringen. Das belegen zahlreiche Studien. So lag es etwa an fraktionsübergreifenden Zusammenschlüssen von Frauen im Bundestag, dass die Straffreiheit bei Vergewaltigung in der Ehe beendet und das Prinzip „Nein heißt Nein“ im Sexualstrafrecht eingeführt wurde.

Auch die Brandenburger Parlamentarierinnen setzen sich seit Jahren gegen die ungleiche Repräsentanz der Geschlechter ein. 2018 forderten die Gleichstellungsbeauftragte und frauenpolitischen Sprecherinnen von SPD, CDU, Linkspartei und Grünen eine Quotierung der Kommunal- und Landeslisten. 2019 beschloss Brandenburg als erstes Bundesland schließlich ein Paritätsgesetz. Dieses sollte aber nicht lange währen: Zusammen mit der NPD klagte die AfD vor dem Landesverfassungsgericht. Dieses hob das Gesetz 2020 auf.

Freiwillige Quoten wirken nur bedingt

Wie also weiter mit der Parität? „Mit der AfD ist nun eine Partei weiter erstarkt, die gleichstellungspolitische Ziele dezidiert ablehnt“, so Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung. Beim BSW sei zu beobachten, dass gleichstellungspolitische Themen keine Rolle spielen.

Auch indirekt habe der Erfolg von AfD und BSW Folgen, so Maier. „Die freiwilligen Quoten von Grünen, der Linken, SPD und CDU können nicht mehr wirken, wenn diese Parteien an Einfluss verlieren.“ Wolle man also sicherstellen, dass Parität dauerhaft bestehe und nicht nur von Wahlergebnissen abhängig ist, müsse man Wege finden, ein Paritätsgesetz doch noch umzusetzen. Eine gesetzlich gesicherte paritätische Repräsentanz wird seit Langem auch im Bund diskutiert – bislang erfolglos.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Kann es sein, dass da ein negativer Zusammenhang besteht zwischen der Höhe des Frauenanteils bei den Kandidaten und der Höhe des Stimmanteils bei den Wahlen? Immerhin sind (außer der SPD) alle Parteien mit einem Kandidatinnenanteil von über 40% (Grüne, Linke, FDP) aus dem Landtag geflogen. Belohnt wird also die Frauenquote vom Wähler nicht. Eher im Gegenteil. Worüber sich also beschweren? Dass die Wähler so gemein und frauenfeindlich sind?

  • Wir brauchen keine Quote, wir brauchen endlich mal fähige Politiker und zwar völlig gleich welchen Geschlechts

  • Man benötigt keine Frauenquoten. Frauen müssen nur mehr in Parteien eintreten und sich dort engagieren - denn nur als Parteimitglied wird man gewählt.



    Und wenn frau sich nicht politisch engagieren will, tut sie das eben nicht - dann aber nicht über niedrigen Frauenanteil im Parlament wundern.

    • @Sandra Becker:

      Vielleicht müßte man schauen, ob man die Rollenverteilung in der Gesellschaft soweit ändert, daß sich Frauen auch politisch engagieren können, wenn sie das wollen? Einfach zu sagen, daß wer das nicht tue, wolle es eben nicht, greift ein bißchen zu kurz.

  • Der Frauenanteil in den Parteien liegt im Schnitt ebenfalls um die 30%. Von daher ist ein Parlament mit 30% Frauenanteil genau das was man als das Ergebnis einer gleichberechtigten Gesellschaft erwarten würde.

    Ein Ziel wie die Parität, also eine Quote von 50% hätte massive, negative Effekte auf die durchschnittliche Kompetenz von Abgeordneten. Wenn man von einer Gleichverteilung des politischen Talents zwischen den Geschlechtern ausgeht (was naheliegend ist), jedoch nur 30% der verfügbaren Kandidaten weiblich sind, dann wird eine Zwangsquote von 50% dazu führen, dass für fast jede zweite Frau, die Abgeordnete wird, ein kompetenterer Mann dieser Posten verwehrt wird. Das ist einfachste Statistik und wenn wir uns etwas nicht leisten können, dann ein (noch) weiteres Absinken der Kompetenz unserer Politiker.

    • @Julius Anderson:

      "...ist ein Parlament mit 30% Frauenanteil genau das was man als das Ergebnis einer gleichberechtigten Gesellschaft erwarten würde."



      Nur, wenn man unterstellt, dass Frauen nur Frauen und Männer nur Männer wählen. Die Parteimitglieder wählen ihre Kandidaten, und ohne ein derartiges Wahlverhalten (oder einem Zwang dazu) kommt es halt zu Ergebnissen, die dem Geschlechterverhalten in der Partei nicht entsprechen.



      Das nennt sich freie Wahl.

  • Was man über die Frauen Wagenknecht, Merkel und Weidel mit Gewissheit saagen kann: Sie kamen nicht wegen der Quote in ihre Positionen. Der Absturz der Grünen hingegen nahm mit der Quotenentscheidung von Frau Baerbock ihren Anfang.

    • @Michael84:

      Die Grünen sind nicht abgestürzt, weil Frau Barbock in die Partei eintrat, sondern weil sie weder ihre Themen dem Wähler vermitteln, noch in den Regierungskoalitionen, die sie eingingen, hinreichend durchgesetzt haben.

      Natürlich kann man die physikalischen Abläufe in der Atmosphäre versuchen zu beeindrucken, indem man die Leute, die darauf aufmerksam machen, verhaftet, anklagt oder abwählt. Es regnet trotzdem in Strömen, wenn die Meere wärmer werden.