Wirtschaftsweise fordern Startgeld: Kleinkinder zu Kleinanlegern
Wirtschaftsweise wollen, dass der Staat Kindern 10 Euro im Monat für Anlagen auf dem Kapitalmarkt gibt. Der Sozialverband hält davon nichts.
Berlin taz | Die Wirtschaftsweisen fordern, dass der Staat Kindern ab sechs Jahren monatlich 10 Euro zur Verfügung stellt, die erst ihre Eltern und dann sie in Aktien, Anleihen oder andere Wertpapiere anlegen. So sollen Schüler:innen früh an den Kapitalmarkt herangeführt werden. Mit diesem „Kinderstartgeld“ gelinge es, „eine Teilnahme am Kapitalmarkt bereits früh im Leben zu verankern und dadurch langfristige Erfahrungen mit entsprechenden Anlagen und deren Renditechancen für breite Bevölkerungsschichten zu ermöglichen“, erklärten die Wirtschaftsweisen am Montag, auch bekannt als Sachverständigenrat Wirtschaft.
Ein kleiner Betrag genüge, da die Zahlung nicht in erster Linie dem Vermögensaufbau, sondern dem Erlangen praktischen Wissens dienen solle. „Anders als bisherige Maßnahmen zielt das vorgeschlagene Kinderstartgeld darauf ab, Finanzverhalten durch das Lernen aus Erfahrungen zu stärken – anstatt auf theoretisches Wissen“, sagte die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier. Das „Kinderstartgeld“ wirke auch auf die Finanzkompetenz der Eltern, weil die zunächst die Kapitalanlage übernehmen würden.
Die Mittel sollen nur in Fonds fließen, die strengen EU-Vorschriften unterliegen und eine einfache, sichere Anlagemöglichkeit bieten. Wird keine Anlageentscheidung getroffen, soll das Geld an einen Fonds mit hundertprozentigem Aktienanteil gehen. Ausgezahlt werden soll die angesammelte Summe zum 18. Geburtstag – also nach zwölf Jahren. Auf diese Weise würden Kinder und ihre Eltern mehrere Finanzzyklen durchleben, so die Wirtschaftsweisen. Langfristig würde die Zahlung den Staat 1,5 Milliarden Euro jährlich kosten.
Der Sozialverband Der Paritätische hält nichts von dieser Idee. „Die Vorschläge des Sachverständigenrates haben mit der Lebenswirklichkeit vieler Kinder nichts zu tun“, sagte Hauptgeschäftsführer Joachim Rock der taz. Jedes fünfte Kind in Deutschland lebe in Armut. „Finanzkompetenz entwickelt niemand, dem das Geld für das Notwendigste, wie Ernährung und Kleidung, fehlt“, sagte er. „Wir müssen jetzt in die Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen investieren, nicht in fragwürdige Finanzprodukte.“
Leser*innenkommentare
Jesus
Halte ich für eine gute Idee, das führt ja langfristig auch zu einer breiteren Streuung von Kapital und damit zu weniger Ungleichheit.
Sanni
Es ist immer der gleiche Verlauf: Jemand hat eine Idee, um etwas zu verbessern und schon kommen sie von überall: Die Leute, die alles schlecht reden. Natürlich haben diese Leute eine treffendes Argument dagegen und kommen mit erdachten anderen Sachverhalte, die viel wichtiger sind als die vorgeschlagene Idee. Dem folgen Diskussionen. Schlussendlich geschieht rein gar nichts und die Idee bleibt auf der Strecke. Als ob die eine Idee, die andere aussticht. Wie kommt man nur darauf?
Das ist der Grund warum in Deutschland alles lange dauert und wir auf der Stelle treten. Es wird alles im Keim erstickt.
Wonko the Sane
Wie wäre es mit einem gut ausgestatteten Bildungssystem, konsequenter Abschaffung von Kinderarmut und einer zukunftsfähigen Wirtschaft für die Kinder statt ein paar Kröten als Einstiegsdroge in die Zockerei?