Gehen, bleiben? Kommen!

Cottbus hat Potenzial. Und das wird auch schon genutzt, sind sich Engagierte hier sicher. Der perfekte Ort also für das taz Panter-Forum – inklusive Preisverleihung

taz Panter Preisträger Anke und Daniel Domscheit-Berg (links) vom Verstehbahnhof teilen sich das Preisgeld mit dem Verein Palanca e. V Foto: Kyaw Soe

Aus Cottbus Konrad Litschko

Was ist Cottbus? Die Stadt, in der SPD-Bürgermeister Tobias Schick regiert, aber die AfD inzwischen die stärkste Fraktion stellt. In der Geflüchtetenfeinde auf der Straße standen, im Frühjahr aber auch 5.000 Demokratieverteidiger*innen. In der jüngst CDU-Kandidatin Adeline Awemo rassistisch angegriffen wurde, aber am Wochenende auch der Aufbruch e. V. seinen 25. Geburtstag feierte, gegründet schon 1999, um rechten Umtrieben in der Stadt etwas entgegenzusetzen.

Und eine Stadt, wo der „Bunte Bahnhof“, gleich neben dem Hauptbahnhof, seit Jahren Subkultur und visionärer Politik eine Bühne bietet. Ein gar nicht so kleines Kleinod, in dem am Samstag die Hitze schwirrt und hitzig diskutiert wird, das zur Stärkung ellenlange Zapiekanka-Sandwichs serviert. Die Herberge für das dritte und letzte taz Panter Forum vor den Wahlen in Thüringen, Sachsen und nun eben Brandenburg. Die perfekte Herberge.

Denn in Cottbus wird noch etwas ausgehandelt. Gehen oder Bleiben, titelte ein Podium auf dem Panter Forum. Für Lars Katzmarek – Bergbauer, Rapper und Soze – ist die Sache klar. „Mein Herz ist hier zu Hause. Ich liebe diese Stadt, ich liebe diese Region. Cottbus hat die Chance, eine richtige Boomtown zu werden, sie ist es zum Teil auch schon.“ Und auch Robert Amat Kreft hat die Frage längst für sich beantwortet. Cottbus biete kulturell alles, was man brauche, wirbt der Stadtabgeordnete vom „Sozialen Umbruch Cottbus“ auf der Bühne. „Die Stadt hat mir so viel gegeben.“ Immer wieder entstehe Neues.

Die Veranstaltung:Wie schon am 23. Juni in Erfurt und am 24. August in Chemnitz wurde am 7. September in Cottbus darüber diskutiert: „Was auf dem Spiel steht“. Rund 80 Menschen kamen zum Bunten Bahnhof, dem wichtigsten alternativen Kulturzentrum in der Lausitz.

Das Programm:Von 10 bis 20 Uhr fanden vier Panels, drei „Küchentische“ und eine Lesung mit dem Brandenburg-Poeten und taz-Kollegen Uwe Rada statt sowie Verleihung des Panter Preises. 24 ExpertInnen aus Kultur, Politik und NGO-Szene waren zu hören.

Die Nachlese:Alle Panels waren auf dem Youtube-taz-Kanal live mitzuverfolgen und sind als Aufzeichnungen nachzuhören und zu sehen. Ebenso dort die Panter-Preis-Verleihung. Auch die „Küchentische“ wurden aufgezeichnet und werden in der nächsten Zeit unserem Publikum zur Verfügung gestellt. Mehr Infos hierzu über tazfrisch – der wöchentliche taz-Newsletter.

Das Neue ist etwa die gerade gegründete Uniklinik oder das riesige ICE-Werk. Oder es sind die Sozialarbeitsprojekte von Susann Arndt im Stadtteil Ströbitz. Erst am Freitag wurde dort Stadtteilfest gefeiert, wie Arndt berichtet. Die Stimmung, trotz dräuendem AfD-Wahlerfolg: ausgelassen. Arndt berichtet auch, wie in Ströbitz jahrelang Strukturen aufgebaut wurden, um Cottbuser Neu­bür­ge­r*in­nen zu integrieren, was gut klappe. Steht das nun zur Disposition, wenn die Rechtsextremen weiter an Macht gewinnen? Die Partei kündigt offen an, Integrationsprojekte eindampfen zu wollen, dem Landesjugendring die Gelder streichen. Arndt warnt: Verschwinden Projekte, blieben keine Lücken. Sie würden dann von Antidemokraten gefüllt.

„Mein Herz ist hier zu Hause. Ich liebe diese Stadt, ich liebe diese Region“

Lars Katzmarek, Rapper und Bergbauer

Es sind die wahlkämpfenden Landespolitiker, auch der Cottbuser CDU-Mann Michael Schierack, die später auf der Bühne versprechen, diese Lücken nicht zulassen zu wollen. Und Cottbus-Bürgermeister Schick versichert, er wolle um die AfD-Wähler*innen kämpfen. Längst nicht alle seien rechtsextrem, sie trauten den Parteien jenseits der AfD nur keine Lösungen mehr zu. Dabei hätten die Rechtsextremen diese erst recht nicht. Schicks Plädoyer: „Wir müssen die AfD auf der Bühne stellen, mit Argumenten. Wenn uns das nicht gelingt, dann haben wir wirklich ein Problem.“ Aber es gelinge ja: Häufig genug entlarve sich die AfD selbst oder blamiere sich als ahnungslos.

Also: Bleiben statt gehen. Robert Amat Kreft plädiert auch fürs Kommen. „Hier ist man der Erste, nicht einer von vielen. Hier kann man sich ausleben, bekannt werden. Kommt vorbei und bereichert uns.“