Andreas Speit
Der rechte Rand
: Warum der Jungen Alternative die Auflösung droht

Von Zurückhaltung ist bei den norddeutschen Jugendverbänden der AfD nichts zu vernehmen: Offensiv wirbt etwa die niedersächsische Junge Alternative (JA) weiter damit, dass die „erfolgreiche Umsetzung der Remigrationspolitik“ Deutschland zu einem Vorbild machen und eine „Ära des Fortschritts und der Prosperität“ einleiten würde. Auch die schleswig-holsteinische Junge Alternative sieht Deutschlands Heil in der „Remigration“. Dabei ist das offensive Vertreten solcher Deportationsfantasien durchaus existenzgefährdend für die Jung-­AfDler; ihre Zukunft ist ungewiss: Die Bundesführung der AfD denkt über eine Neuorganisation nach, denn wegen der Radikalität der Jugendverbände drohen Konsequenzen für die Partei.

Nicht ungewöhnlich ist es auch bei Jugendverbänden der demokratischen Parteien, dass sie sich ideologisch konsequenter positionieren. Meist treten sie als das moralische Gewissen auf, das die Parteien an die politischen Grundsätze erinnert. Bei der Jungen Alternative ist das nicht anders – und sorgt genau deswegen bei AfD-Funktionsträgern für Besorgnis: Zu eindeutig trete die Jugend mit dem ethnischen Volksbegriff und der Vorstellung von der deutschen Volksgemeinschaft auf, zu eng würden personelle Beziehungen zu rechtsextremen Personen und Netzwerke gepflegt – trotz ermahnender Worte und der Existenz von Unvereinbarkeitsbeschlüssen. Das belastet die Partei beim Versuch, sich als nicht rechts­extrem darzustellen.

Der Kurs der Jugendverbände führte schon 2018 in Niedersachsen zur Einstufung der JA durch das Landesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“. Und im Februar dieses Jahres scheiterte die JA mit ihrem Bundesvorsitzenden Hannes Gnauck vor dem Verwaltungsgericht Köln im Eilverfahren gegen die bundesweite Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“.

Foto: Jungsfoto: dpa

Andreas Speitarbeitet als freier Jour­nalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Im AfD-Bundesvorstand soll nun eine Neustrukturierung des Jugendverbandes vorbereitet werden – vor allem, um mehr Einfluss auf die JA zu haben. Es wäre eine Entmachtung, mit der die bislang geltende Selbstständigkeit beschnitten würde. Der Vorstand denkt an das SPD-Modell mit ihren Jusos: Alle AfD-Mitglieder unter 36 Jahren wären dann auch JA-Mitglieder – aber sie wären an Parteibeschlüsse gebunden.

Nachfragen der taz, was sie von diesen Plänen halten, lassen die JA in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein unbeantwortet. Der Bundesvorsitzende Gnauck aber bemüht sich bereits, die Debatte zu entschärften. Weder die Partei noch der Jugendverband hätten sich auf einen „konkreten Handlungsplan“ geeinigt; der „Meinungsbildungsprozess“ sei noch nicht abgeschlossen.

Die Überlegungen dürfte die JA in Schleswig-Holstein allerdings kaum disziplinieren, erwarten regionale Beratungsteams gegen Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein. „Die JA in Schleswig-Holstein hat keine Berührungspunkte mit der extremen Rechten und zum Teil offene Verbindungen und Überschneidungen zu anderen rechtsextremen oder verschwörungsideologisch orientierten Gruppen und Einzelpersonen“, erklären sie auf Nachfrage der taz. Die JA würde immer wieder Kampfsporttrainings veranstalten und propagiere den gewaltbereiten Kampf auf der Straße.

Die Junge Alternative Niedersachsen vertritt weiter offensiv die Deportationsfantasien

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus und für Demokratie in Niedersachsen hält es für denkbar, dass eine Konkurrenz zwischen der bestehenden JA und der angedachten ­Neuorganisation entstehen könnte. Wahrscheinlicher sei aber, dass das „Alte in dem Neuen“ aufgeht: Eine strategische Neugründung würde genutzt werden, um sich nach außen als „bürgerlich“ zu präsentieren, während die politische Radikalität beibehalten würde.