Saisonstart der Frauen-Bundesliga: Im Umbruch

Die Bundesliga startet – mit Befürchtungen um dominante Münchnerinnen, Debatten über Aufstockung und Belastung und ausgeglichenerer Mittelklasse.

New Girls on the Block: Frankfurts Laura Freigang hält gegen Sydney Lohmann von Bayern München mit Foto: imago

„Gewinnen ist immer schwierig.“ Diese Plattitüde von Bayern-Trainer Alexander Straus vor dem Saisonauftakt muss man wohl mit Nuancen lesen. Denn das Gewinnen könnte für die Münchnerinnen in der neuen Bundesligasaison ein weiteres Stück leichter werden. Keine einzige Niederlage haben die Bayern in der vergangenen Spielzeit kassiert. Aus den letzten vier Spielen gegen die einst überlegenen Rivalinnen aus Wolfsburg haben sie drei gewonnen. Mit Pajor, Janssen und Oberdorf hat Wolfsburg zur neuen Saison nun drei zentrale Spielerinnen verloren (davon die derzeit verletzte Oberdorf, das Kronjuwel des deutschen Fußballs, an Bayern), während das Münchner Team zusammenblieb. Und so gehört nicht viel Phantasie zur großen Frage des Saisonauftakts: Wie arg öde wird das Titelrennen?

Ganz arg ist es vielleicht noch nicht. Denn viel Substanz ist noch da in Wolfsburg, und interessante Spielerinnen (Janina Minge aus Freiburg, Ariana Arias aus Barcelona II) gerade erst gekommen. Das Wegschenken der Favoritinnenkarte ist gewiss auch keine ungeschickte Taktik. Und doch: Die Bundesliga der Frauen – lange leuch­tendes Beispiel für einen zumindest spannenden Zweikampf – ist auf dem Weg zum Monopol. Bezeichnenderweise nannten sechs Ligatrainer den FC Bayern als klare Favoritin auf den Titel; die verbleibenden fünf erwarteten einen Zweikampf mit Wolfsburg. Noch schwerer wiegt, dass auf Jahre kein weiteres Team eine Bayern-Konkurrenz auf Augenhöhe stellen wird.

Was in der Spitze fehlt, soll zumindest in der Breite kommen. Nur eine Absteigerin wird es dieses Jahr geben, denn die Bundesliga stockt auf 14 Teams auf. Glück für die Neuen aus Potsdam und Jena, denen kaum jemand zutraut, mit den Etablierten mitzuhalten. Die Aufstockung ist auch eine vielleicht hastige Reaktion auf den sich lange abzeichnenden internationalen Bedeutungsverlust. In der vergangenen Saison schaffte es kein einziges deutsches Team ins Viertelfinale der Champions League, der Zuschlag zur WM 2027 ging an Brasilien. Die Zeichen der Zeit haben viele gelesen, Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann drohte zuletzt mit einer Loslösung der Liga vom DFB.

Kontroverse Aufstockung

Dass eine Aufstockung sportlich mittelfristig nötig ist, bestreitet kaum jemand. Doch bei der Umsetzung ist die Liga gespalten. Eine klare Mehrheit der Klubs votierte zuletzt dafür; Spitzenteams wie Bayern und Wolfsburg hingegen sind unglücklich über den noch volleren Terminkalender. Auch Spielerinnen äußerten sich kritisch. Alex Popp klagte zuletzt über die enorme Belastung und die schweren Verletzungen vieler Spielerinnen. In einer Aufstockung sehe sie „keinen großen Mehrwert“. Nicht zuletzt gibt es sportlich und infrastrukturell gigantische Lücken. Weiterhin werden die meisten Aufsteigerinnen aus der Liga geschossen; und die berühmte fehlende Rasenheizung in Potsdam dürfte im Winter wieder für Spielverschiebungen sorgen.

Zu viele deklassierte Schießbuden wären wenig hilfreich. Andererseits stehen mit Union Berlin, Nürnberg oder dem HSV ambitionierte Großklubs der Männer in der zweiten Liga in den Startlöchern, die sich oben etablieren wollen. Solch professionellere Auf- und Absteigerinnen könnten die schwache zweite Liga schrittweise attraktiver machen, sagen die Befürworter:innen. Der DFB plant für die Bundesliga künftig zudem ein Mindestgehalt und ab 2025/26 infrastrukturelle Mindestanforderungen. Was allerdings auch dazu führen dürfte, dass Aufsteigerinnen zunehmend anhand finanzieller Kapazitäten der Männerklubs statt Tabellenplatz entschieden werden. Profitiert hat auch sonst die Männerbranche: Zur neuen Saison ist mit der Schwangerschaftspause von Theresa Merk keine einzige Frau mehr Cheftrainerin.

Spektakel der Mitte

Es könnte eine von Umbrüchen gezeichnete Saison werden. Wer Spannung sucht, sollte zuvörderst auf die Tabellenmitte schauen. Das obere Mittelfeld nämlich ist enger und spektakulärer geworden, die Investitionen der letzten Jahre haben Früchte getragen. Teams wie Leverkusen und Bremen arbeiten sich mit zunehmender Spielintelligenz nach oben; Aufsteigerin Leipzig spielte nach Startschwierigkeiten eine überraschend starke Rückrunde mit Platz 4 der Rückrundentabelle. Die SGS Essen hält dank herausragender Nachwuchsarbeit weiter als Frauenverein mit und hat gerade mit der Ausgliederung ihrer Frauenabteilung für ein Novum im deutschen Fußball gesorgt. Sie bleibt Vorbild für unabhängige Frauenklubs. Und die wiedererstarkenden Frankfurterinnen wären auch als Konkurenz um Platz 2 denkbar. Die lange geforderte Breite kommt und könnte indirekt das Titelrennen spannender machen. Das allerdings diesmal mit klaren Favoritinnen startet.

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