Wählen oder verbieten?

Die rechtsextremen Freien Sachsen hoffen auf Wahlerfolg

Von Konrad Litschko

Es ist das übliche Repertoire, mit dem die Freien Sachsen in den Wahlkampfendspurt ziehen: Plakate mit Slogans wie „Asylflut stoppen“. Das Solingen-Attentat instrumentalisieren die Rechtsextremen als „Islamisten-Massaker“, fordern eine „millionenfache Remigration“. Wo immer CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer oder Bundespolitiker auftauchen, wird zu Störungen aufgerufen, für Freitag auch gegen einen Besuch von Olaf Scholz, dem „Kriegskanzler“, in Chemnitz. Die Forderung: Es müsse mit den Regierenden an den Wahlurnen „abgerechnet“ werden.

Großen Erfolg dürfte die rechtsextreme Partei bei der sächsischen Landtagswahl damit nicht haben: Umfragen sehen die Freien Sachsen unter der Fünf-Prozent-Hürde. Aber schon bei den Kommunalwahlen im Juni erzielten die Rechtsextremen Achtungserfolge, holten gut 110 Mandate in den Kreistagen und Kommmunalparlamenten. In Luzenau wurde eine Vertreterin der Freien Sachsen zur stellvertretenden Bürgermeisterin gewählt.

Für die Landtagswahl setzen die Freien Sachsen nun auf eine Kampagne zum Stimmen-Splitting: Da die AfD in den meisten Wahlkreisen die Direktmandate gewinnen werde, spiele deren Zweitstimme doch keine Rolle, behauptet die Partei. Daher solle man die Zweitstimme den Freien Sachsen geben, damit sie im Landtag mit der AfD „eine Mehrheit gegen die Blockparteien“ bilden könnten.

AfD-Spitzenkandidat Jörg Urban betonte jedoch: Jede Stimme für eine Partei, die keine fünf Prozent erreiche, sei verschenkt. Die AfD führt die Freien Sachsen formal auf einer Unvereinbarkeitsliste – im Kommunalen aber stehen Ver­tre­te­r*in­nen beider Parteien gemeinsam auf der Straße, in Eilenburg oder Zittau bilden sie gemeinsame Fraktionen.

Gegenwind kommt auch woanders her: Die sächsische Piratenpartei fordert in einer Petition ein Verbot der Freien Sachsen – wie andere Initiativen auch. Die Partei sei ein Sammelbecken von Neonazis, von früheren ­NPDlern und völkischen Siedlern, so die Petition. Sie bekämpfe die Demokratie, bedrohe Ver­tre­te­r*in­nen anderer Parteien, schaffe ein „regionales Klima der Angst“. Ein Verbot sei daher „notwendig“. Die In­itia­to­r*in­nen befürchten, dass die „Freien Sachsen“ je nach Wahlergebnis 200.000 bis 300.000 Euro über die staatliche Wahlkampfkostenerstattung erhalten könnten. Bisher unterschrieben gut 4.400 Personen die Petition.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hatte zuletzt auf taz-Nachfrage erklärt, über Verbotsüberlegungen rede er grundsätzlich nicht. Der sächsische Verfassungsschutz hat die Partei aber bereits kurz nach Gründung 2021 als gesichert rechtsextrem eingestuft. Er sieht sie auch aktuell als „Mobilisierungsmaschine“ der rechtsextremen Szene. Im Landtagswahlkampf sei die Partei jedoch weit weniger aktiv als bei der Kommunalwahl.

Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen betont, dass die Freien Sachsen „zweifellos aggressiv-kämpferisch“ gegen die demokratische Grundordnung vorgingen. „Insofern sollte es in einer wehrhaften Demokratie selbstverständlich sein, dass ein Parteiverbot geprüft wird.“ Die Neonazis würden indes auch nach einem Verbot aktiv sein, warnt Nattke. Deshalb sei auch ein „viel konsequenteres Vorgehen“ gegen rechte Straftaten nötig.