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Getränke für KinderSteuer auf Zuckergetränke

Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen fordern eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke für Kinder. Ob die kommt, ist aber ungewiss.

86 Prozent der untersuchten Kindergetränke in Deutschland kommen über den Grenzwert von 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter Foto: imago

Berlin taz | Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert eine „Limo-Steuer“ auf zuckerhaltige Getränke. So will sie Hersteller dazu bringen, den Zuckergehalt von Getränken zu senken – vor allem bei solchen, die für Kinder beworben werden. In Großbritannien gibt es eine solche Steuer schon seit 2018. Dort gilt ein Grenzwert von 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter Getränk, ab dem die Abgabe fällig wird.

Auch auf dem deutschen Markt kommen viele Produkte über diese Schwelle, zeigt eine Marktstudie, die Foodwatch am Mittwoch vorgestellt hat. Demnach sind 86 Prozent von 136 untersuchten Kindergetränken betroffen.

„Die Strategie der freiwilligen Zuckerreduktion ist gescheitert“, sagte Luise Molling von Foodwatch. Verschiedene Verbände der Getränkeindustrie hatten sich ab 2018 als Teil einer Strategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft selbst verpflichtet, den Zucker in Getränken für Kinder bis 2025 um 15 Prozent zu reduzieren. In einem Zwischenbericht aus dem laufenden Jahr schreibt das Ministerium von Grünen-Politiker Cem Özdemir allerdings, es habe „keine signifikante Veränderung stattgefunden“.

Verantwortlichkeit für Steuer liegt im Finanzministerium

Zum Vorschlag einer Limo-Steuer sagte ein Ministeriumssprecher der taz: „Neben vielen anderen Maßnahmen können auch fiskalische Maßnahmen eine Lenkungswirkung hin zu gesünderen Produkten leisten.“ Die Verantwortlichkeit für Steuern und Abgaben liege allerdings im Bundesfinanzministerium, das derzeit von Christian Lindner (FDP) geleitet wird.

Die Wirtschaftsvereinigung alkoholfreie Getränke lehnt die Limo-Steuer ab. „Wir halten diskriminierende Verbrauchssteuern auf einzelne Produkte beziehungsweise Nährstoffe für kein geeignetes Instrument der Ernährungs- beziehungsweise Gesundheitspolitik“, heißt es dort. Zur Verbesserung der Gesundheit seien viele Faktoren wie der gesamte Lebensstil relevant.

Laut Kinderarzt und Hochschullehrer Berthold Koletzko von der Münchener Kinderklinik führen gezuckerte Getränke unter allen Lebensmitteln zum höchsten Anstieg von Insulin und Blutzucker. Das begünstigt Übergewicht und Krankheiten. 15,4 Prozent der Kinder in Deutschland sind übergewichtig.

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7 Kommentare

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  • Selbst die Lebensmittelindustrie (!) ist sich der Zuckerproblematik bewusst:

    www.foodtec-inside...97c480ab23189d332/

    Scheint so, als würde nur noch die Politik bremsen, wie z.B. sehr schön in der Zucker-Doku von Köster/Van der Horst gezeigt, in der Söder einfach die Realität leugnet.

    • @Anna Bell:

      Den meisten Politiker*innen ist die Lage der Kinder völlig egal. Bei denen eignet sich das Kinderthema bestenfalls für Sonntagsreden. Das sieht man auch und gerade daran, dass Rüstungs/Militärthemen im GG verankert werden, Kinderrechte hingegen nicht.

  • Ein guter Anfang aber es sollte nicht dabei bleiben. Mittlerweile ist in so vielen Lebensmitteln Zucker drin, wo man keinen vermutet. Ich bin mir nur nicht sicher ob das unbedingt über eine Steuer gemacht werden muss oder nicht einfach über gesetzliche Vorgaben geregelt werden kann. Und was mir hier im Artikel fehlt, sind die Kosten die ein zu hoher Zuckerkonsum verursacht. Risikofaktoren für Diabetes Typ II: u.a. ungesunde Ernährung, Übergewicht das häufig auch zu Bluthochdruck führt, was ebenfalls ein Faktor sein kann, genauso wie Bewegungsmangel der oft eine Begleiterscheinung von Übergewicht ist. Diabetes II ist eine chronische Erkrankung wodurch doppelt so hohe Gesundheitskosten pro Jahr entstehen als bei einem Menschen ohne Diabetes. 2021 lagen wir mit 37,7 Milliarden Euro auf Platz 4 weltweit was die Gesundheitsausgaben für Diabeteserkrankungen angeht. Das RKI sagt, das sich bis 2040 die Zahl der Diabetes Erkrankungen verdoppeln wird. Hinzu kommen auch noch Kosten für Zahnarztbesuche- zu viel Zucker= Karies.



    Bei den immensen Kosten für uns alle, wird es Zeit, dass der Staat auch mal seinen Beitrag leistet um Kosten zu senken sei es nun durch Steuern o. gesetzl. Vorgaben.

  • Aber eine solche "Zuckersteuer" schadet der Klientel der Pseudopartei FDP gleich doppelt: Die Unternehmer könnten einen Gewinnverlust beklagen und vor allem die Zahnmediziner*innen haben weniger Einkommen. Das geht doch nicht. Was sind schon Gesundheitsprobleme bei Kindern dagegen??

  • Erfahrungen anderer Gesetzgeber:



    /



    www.aerzteblatt.de...Zuckersteuer-wirkt



    /



    Dort steht in 2020:



    „Wenn sogar die Hersteller am Ende von einer Zuckerreduktion profitieren, gibt es keinen Grund mehr, dieses Ziel nicht auch für Deutschland verbindlich festzuschreiben“, sagte die Professorin für Diabetologie. Vor der Einführung der Zuckersteuer hätten sich die bri­tischen Unternehmen ebenso stark dagegen gewehrt, wie es aktuell die Deutschen täten."



    Lobbyismus



    Hier schon bald muss



    Konzidieren:



    Reduzieren❗

  • Das mit der Zuckersteuer wird nichts.



    Dazu ist unsere Politik zu schwach.



    Zu abhängig.



    Zu korrumpiert.

    Und die nächste Regierung hat vermutlich kein Interesse an dem Thema.

    Das reden wir dann eher über Weischwurscht und Zaumag'n ...

  • Marktreguierung ueber Preise ist immer nur das letzte Mittel. Am Ende senken die Produzenten noch mehr die Qualität, um die Preise zu halten oder es wird ein Verdrängungswettbewerb der Großen gegen die Kleinen bei kurzfristigen Verlusten

    Besser wäre es, man würde die Produzenten, ähnlich wie bei Zigarettenschachteln, dazu verpflichten auf ihren Verpackungen aufzuklären, beispielsweise eine Abbildung, wieviele Zuckerwürfel Äquivalente enthalten sind in einer solchen Flasche und zusätzlich, was reiner, industriell raffinierter Zucker im Körper so alles anrichtet.