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Ist das Bundes-verfassungs-gericht jetzt vor der AfD geschützt?

Am Dienstag haben die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU gemeinsame Vorschläge zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor der Übernahme oder Blockade durch Verfassungsfeinde vorgestellt.

Richtig ist:

Bei der geplanten Verfassungsänderung ist Vorsorge gegen zwei unterschiedliche Konstellationen zu treffen. Zum einen für den Fall, dass die AfD (eventuell gemeinsam mit dem BSW von Sahra Wagenknecht) die Mehrheit im Bundestag erreicht. Dann könnte sie versuchen, das Verfassungsgericht durch Änderungen der Regeln zur Richterwahl auf Linie zu bringen, damit das Gericht mögliche verfassungswidrige Gesetze nicht beanstandet.

Das wichtigste Mittel gegen eine Übernahme des Verfassungsgerichts wäre, die bislang im Bundesverfassungsgerichtsgesetz verankerte Zweidrittelmehrheit für die Wahl der Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen im Grundgesetz festzuschreiben. Sonst könnte die AfD mit einfacher Mehrheit das Quorum absenken und die nächsten Rich­te­r:in­nen mit eigener Mehrheit wählen. Doch diese Festschreibung ist nicht geplant. Insofern ist die Verfassungs­änderung halbherzig.

Immerhin sollen mehrere bisher geltende Strukturmerkmale im Grundgesetz festgeschrieben werden, etwa, dass es in Karlsruhe zwei Senate gibt. Damit wäre zumindest verhindert, dass die AfD einen dritten Senat einrichtet, dessen Richter sie allein wählt und dem sie alle wichtigen Verfahren zuweist. Die AfD könnte, selbst wenn sie das Quorum für die Richterwahl absenkt, bei der geplanten Verfassungsänderung nur einige wenige Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen wählen. Denn deren Amtszeit beträgt zwölf Jahre, und sie werden zeitlich versetzt gewählt. Und: Der Bundestag wählt nur die Hälfte der Rich­te­r:in­nen, der Bundesrat die andere Hälfte.

Die zweite Konstellation ist wahrscheinlicher. In diesem Fall hätte die AfD (mit BSW) nur eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel der Mandate im Bundestag. Dann könnte sie Verfassungsrichterwahlen blockieren, weil hierfür eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Um das zu verhindern, schlagen die vier Fraktionen vor, dass in diesem Fall der Bundesrat statt des Bundestags wählt. Die eigentlich gesetzlich vorgesehene Lösung, dass die AfD aufgrund ihrer Sperrminorität dann selbst ein oder zwei Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen vorschlagen darf, soll gezielt umgangen werden. Manche trauen der AfD nicht zu, dass sie akzeptable Vorschläge macht, die meisten wollen der AfD aber aus Prinzip kein Vorschlagsrecht überlassen.

Christian Rath