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Generalsanierung bei der Deutschen BahnNeuer Anstrich für die Deutsche Bahn

Die Linke will eine Bahnreform. Derweil hat die DB mit der Sanierung der Riedbahn begonnen – und mehrere Fahrpläne geändert.

Hatten noch kleine Probleme bei der Wegfindung: Schienenersatzbusse für die Riedbahn Foto: Andreas Arnold/dpa

Berlin taz | Mit der Bahn in den Alpenurlaub mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern, zum Beispiel von Hamburg nach Garmisch-Partenkirchen? Das koste diesen Sommer im Flexpreis und ohne BahnCard-Rabatt 311,40 Euro für eine Richtung, rechnet Ates Gürpinar, Bundesgeschäftsführer der Linkspartei vor. „Bahnfahren ist zu teuer“, kritisiert er. „Wir brauchen eine Bahnpreisbremse.“ Eine Familie müsse mit dem Zug in den Urlaub fahren können, ohne dass ihr ganzes Budget schon für die Anreise draufgeht, sagt Gürpinar.

Die Vorschläge sind Teil eines 7-Punkte-Plans, mit dem die Linkspartei den Bahnverkehr in Deutschland wieder zuverlässig und bezahlbar machen will. Am Montag stellte der Bundesgeschäftsführer den Plan für eine „Bahnreform 2.0“ vor. Die Privatisierung habe den Staatskonzern ins Chaos gestürzt, meint Gürpinar. „Die Züge sind zu spät, weil über Jahrzehnte gekürzt wurde.“ Bei der Sanierung von Schienen und Fahrzeugen hätten der Bund und auch die Deutsche Bahn AG gespart, „damit die Bahn irgendwie Profite machen kann“.

Abgesehen von der Bahnpreisbremse steht deshalb noch folgendes in dem 7-Punkte-Plan: Aus der Aktiengesellschaft Deutsche Bahn müsse eine Anstalt öffentlichen Rechts mit gemeinnütziger Satzung werden. Ver­tre­te­r:in­nen von Beschäftigten, Fahrgästen und Umweltverbänden sollten einen Beirat gründen, um demokratische Teilhabe zu ermöglichen und das Bahn-Management zu kontrollieren. Für Manager:innen, die trotz schlechter Leistungen bei Pünktlichkeit und Kun­d:in­nen­zu­frie­den­heit hohe Löhne und Boni einstrichen, müsse eine Gehaltsobergrenze gelten. Die Arbeit in den Zügen der Deutschen Bahn solle attraktiver werden.

In neue Schienen und Fahrzeuge müsse mehr Geld fließen, Milliardeninvestitionen in die Bahn-Sanierung müssten über mehrere Jahre hinweg geplant und gesichert werden. „Es liegt auf der Hand, dass unser Vorschlag für eine Bahnreform 2.0 nicht aus dem laufenden Bundeshaushalt bezahlt werden kann“, räumt Gürpinar ein. Der Sanierungsstau betrage mittlerweile 92 Milliarden Euro – eine Vermögensteuer und eine einmalige Vermögensabgabe besonders reicher Menschen, eine Abschaffung der Schuldenbremse und die Umschichtung klimaschädlicher Subventionen könnten einen Großteil davon decken, heißt es in dem Papier seiner Partei.

Generalsanierung auf der Riedbahn

Bis 2030 will die Deutsche Bahn 40 stark befahrene Strecken vollsperren und generalsanieren, also Schienen, Weichen, Stellwerke, Bahnhöfe, Oberleitungen und technische Anlagen in einem Rutsch instandsetzen. Vor einer Woche startete die erste Generalsanierung auf der rund 70 Kilometer langen Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim.

Bis Dezember weichen Fernverkehrszüge auf umliegende Strecken aus. Statt Nahverkehrszügen und S-Bahnen fahren rund 150 Schienenersatzbusse. Gleich am Montag der vergangenen Woche beklagten einige Fahrgäste, dass sich Busse verfahren hätten. Andere Reisende freuten sich, die Ersatzbusse führen pünktlicher als die gewohnten Regionalbahnen. Ebenso zufrieden zeigte sich die Deutsche Bahn selbst. „Der Ersatzverkehr ist wie geplant gestartet“, sagte Felix Thielmann, Projektleiter für Neuen Ersatzverkehr bei der DB Regio.

Der Fernverkehr der Riedbahn könne auf gleich zwei Strecken ausweichen, erklärt Alexander Kaas Elias, bahnpolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD der taz. Auf der Trasse zwischen Berlin und Hamburg, wo die nächste Generalsanierung ansteht, gebe es teilweise nur eine einzige, eingleisige Ausweichstrecke. „Hier kommen auf die Fahrgäste dann nicht nur längere Fahrtzeiten zu, sondern auch deutlich weniger Verbindungen.“

Bahn reduziert Fernverkehr in NRW

Weniger Verbindungen plant die Deutsche Bahn demnächst auch in einer anderen Region – und sorgte damit vor wenigen Tagen für Aufsehen. Ab dem 5. August will der Konzern den Fernverkehr in Nordrhein-Westfalen erheblich einschränken, vor allem auf Strecken, die aus dem Rheinland in Richtung Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main führen.

Die DB betont, dass sie das Angebot nicht grundsätzlich reduzieren oder Linien streichen wolle. Außergewöhnlich viele Baustellen auf Schienen in ganz Deutschland, insbesondere in NRW wirkten sich jedoch „auf die verfügbare Kapazität auf der Infrastruktur aus“, wie in einem Statement des Konzerns steht. Ab Mitte Dezember sollen demnach wieder alle Züge fahren.

Diese Reduzierung von Verbindungen sei irritierend, schreibt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) in einem Brief an DB-Vorstand Richard Lutz, der der taz vorliegt – „auch wenn mir die Herausforderungen in der Bahnbranche sehr wohl bewusst sind“. Viele dieser Verbindungen seien erst vor Kurzem als klimafreundliche Alternative zu Flug- oder Autoreisen geschaffen worden. Deshalb dürfe die Ausdünnung kein Dauerzustand werden.

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5 Kommentare

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  • Bahnurlaub ? Es wird sehr schwer gemacht: Wer zum Beispiel zu einem Urlaubsort an Nord- oder Ostsee möchte, muss umsteigen und kommt dann auch nur bis zu einer Provinzstadt oder --umständlich- zu einem Fährhafen. Da ist es viel bequemer oder meistens trotz vieler Staus auch schneller, mit dem Auto zu reisen. Statt den Gästen durchgehende Zugverbindungen anzubieten, um sie dann am Bahnhof abzuholen, lässt man sie an verwaisten Bahnsteigen einfach stehen. Wo ist das integrierte Taktsystem, das am Bahnhof ein funktionierendes Car-Sharing-Angebot für die letzte Meile oder für Ausflüge zwischendurch anbietet? Es sind die Länder, die die Flächenbahn vernachlässigen, wie das Unglück bei Mittenwald,als ein Zug aus den Schienen flog, beweist und dafür sorgen, dass die Reisezeiten mit dem Zug gegenüber dem Auto verlängern. Alternative: In einem Projekt Schleiregion wurde jetzt ein Verkehrsprojekt gestartet, das den PKW-Verkehr überflüssig machen soll mit schnellen, meist halbstündigen Busverbindungen, einem On-Demand-Shuttle zum ÖPNV-Tarif und vielen neuen Haltestellen eingeführt, das auch den Tourismus fördern soll. Nur: Die Orte Schleswig und Eckernförde sind gerade schlecht erreichbar.

  • Wie auch @Alex24 schrieb, brauchen wir eine grundlegend andere Herangehensweise beim Ausbau der Bahn.

    Zwar tut Wissing gerade so als würde die Bahn wieder fit gemacht..aber auf welchem Niveau.?

    Was sich D-Land seit Jahrzehnten leistet ist schlichtweg ein Armutszeugnis.

    Länder wie Japan mit dem Shinkhansen oder die Schweiz in der 97% aller Züge pünktlich sind (sprich unter 3 min verspätet), zeigen wie es gehen kann.



    Und darüer hinaus geht sogar noch viel mehr.

    Wir brauchen eine echte Wende bei der Bahn, mit mehrspurigem Ausbau der Hauptstrecken, einer Reaktivierung eingestellter Nebenstrecken (schaun Sie mal auf die Landkarte..), häufigerer Taktung auch in die Nacht hinein, bequeme und geräumige Waggons, eine Netzabdeckung, die bis ins kleinste Dorf reicht (ggf. mit Shuttleservices), die Möglichkeit jederzeit Fahrräder mizunehmen, Cargo-Services, Entertainment, usw., usw..

    Und würde man allein das Geld nehmen was in die Subvention des Autoverkehrs fließt, könnte man schon sehr viel erreichen..

    Bei all dem müßte auch die Preispolitik (von Bahn UND Auto) so angepasst werden, daß die meisten Autofahrenden ganz von selbst umsteigen wollen..!

    ..so geht Verkehrswehrswende..

  • Das Problem ist primär: die ständig wechselnden Zielvorgaben des Besitzers (Bund) lassen keine langftistoge Planung zu. Will ich ein Aktienorientiertes Unternehmen, das Gewinne macht fährt halt kein Zug mehr zu Oma nach Kleinkleckersdorf.



    Will ich ein billiges Massentransportmittel, brauch ich eben Steuergeld. Denn die Bahn ist nicht teuer, sie ist noch viel zu billig, in dem Sinne dass die Einnahmen die realen Kosten nicht im Ansatz decken.



    Und vor allem brauch ich massiven Trasse Ausbau, ohne das der verzögert wird wegen nem brütenden Lurch oder weil die Trasse durch den Wahlkreis eines prominenten Politikers geht.



    Denn zur Wahrheir gehört: das System ist vollkommen überlastet. Auch nach der Riedbahnsanierung wird es nicht besser werdenals vorher, denn das Hauptproblem bleibt: Streckenauslastung von 120-140% und mehr. Hat da ein Zug ein Problem, kriegen alle Probleme.

    • @Alex24:

      So sieht’s aus. Viele schreien nach Ausbau und Reaktivierung von Strecken, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. Beispiel Ausbau der Rheinstrecke. Wenn heute eine Bahnstrecke geplant wird, ist die vielleicht in 30 Jahren realisiert. In der Schweiz lachen die nur noch über die deutschen Versprechungen zum Ausbau des Gotthardzubringers.

  • Wenn wir die Infrastruktur verlottern ließen, um den wenigen Reichen die Steuern zu senken oder gar nicht zu erheben, dann können wir das jetzt auch umdrehen.



    Die Grundversorgung mit Bahn, Bus, Radweg und Fußweg muss wieder stehen, auch und gerade in der Fläche.