Prozess in Frankfurt: Die Reichsbürger-Armee-Fraktion
Im Frankfurter Reichsbürgerprozess beteuert die Ex-AfD-Abgeordnete Malsack-Winkemann ihre Unschuld. Mit Terror à la RAF habe sie nichts zu tun.
„Es ist überhaupt nicht das geplant worden, was uns hier vorgeworfen wird“, empörte sich Malsack-Winkemann. „Uns wird hier unterstellt, wir seien in der Nachfolge der RAF, wenn auch auf der anderen politischen Seite. Dabei ist das nicht ansatzweise vergleichbar.“ Als „Zeitzeugin“ des Terrors der Roten Armee Fraktion (RAF) in den siebziger Jahren wisse sie das schließlich ganz genau.
Die Botschaft: Jemand wie ich, mit meinem Lebensweg und meinen Erfahrungen, kann doch keine Terroristin sein. Die Bundesanwaltschaft aber wirft der promovierten Juristin, die als Richterin in Berlin gearbeitet hat und von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag saß, eben das vor. Unter anderem soll sie Mitverschwörern das Ausspähen des Bundestags ermöglicht haben, für einen bewaffneten Überfall. Und im Kabinett der Putschregierung, genannt „Rat“, hätte Malsack-Winkemann laut Anklage das Justizressort übernommen.
Auch beim Referieren ihrer sehr geradlinigen Justizkarriere streute die Angeklagte immer wieder spitze Bemerkungen ein. Ihre Doktorarbeit habe sie über einen liberalen Strafprozessreformer des 19. Jahrhunderts geschrieben, dem insbesondere die politische Weisungsabhängigkeit der Staatsanwaltschaft ein Dorn im Auge gewesen sei: „Wenn man das vorliegende Verfahren betrachtet: hochaktuell.“ Sie selbst habe ihre politischen Ansichten immer streng von ihrer – selbstverständlich außerordentlich gründlichen – Arbeit als Richterin getrennt. Einmal habe sie sogar eine Räumungsklage gegen die linken Hausbesetzer*innen in der Rigaer Straße abgewiesen.
Seit der Verhaftung ist sie suspendiert
Ihre Kolleg*innen in der Justiz hätten deshalb nicht einmal geahnt, dass sie AfD-Mitglied war. „Für mich gehört Politik nicht in die Justiz“, betonte Malsack-Winkemann – und konnte unausgesprochen lassen, was sie damit wohl vor allem sagen wollte: dass der Prozess gegen sie und ihre Mitangeklagten ein rein politischer sei. Und genauso wenig zu rechtfertigen wie der Versuch der damaligen Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke), sie nach dem Ende ihrer Abgeordnetenzeit nicht weiter als Richterin arbeiten zu lassen. „In der Justiz selbst hat man sich gefreut, dass ich zurückkommen sollte.“
Das Richterdienstgericht des Landes Berlin hatte Malsack-Winkemann im Oktober 2022 Recht gegeben. Keine zwei Monate später wurde sie als mutmaßliche Rechtsterroristin verhaftet. Seitdem ist sie vom Dienst suspendiert, vorläufig und bei vollen Bezügen. „Und jetzt muss man abwarten, was hier passiert“, sagte die Angeklagte. Es klang nicht so, als würde sie mit einer Verurteilung rechnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos