Attentat auf Trump: War es ein Sicherheitsversagen?
Der Schütze, der bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania auf Donald Trump schoss, ist tot. Wie konnte er ungehindert in dessen Nähe kommen?
Dass Trump das Attentat überlebt hat, liegt einerseits an der schlechten Zielgenauigkeit des Täters, andererseits am schnellen Eingreifen der Scharfschützen, die auf die Schüsse des Täters reagierten und ihn töteten. Trotzdem bleibt die Frage, wie jemand es schaffen konnte, unbemerkt von den Sicherheitsbehörden auf ein Dach zu gelangen, welches ihm eine freie Schussbahn auf den Ex-Präsidenten gab. Besonders der amerikanische Secret Service, der für die Sicherheit hochrangiger Politikern und Präsidenten zuständig ist, steht nach dem Anschlag stark in der Kritik.
Als Täter wurde am frühen Sonntagmorgen von der Bundespolizei FBI der 20 Jahre alte Thomas Matthew Crooks identifiziert. Informationen über ein mögliches Motiv gibt es bislang nicht. Laut der Associated Press war Crooks als Anhänger der republikanischen Partei im Wahlregister geführt. Er soll jedoch vor drei Jahren 15 Dollar an eine Organisation aus dem linksliberalen Lager gespendet haben.
Leiterin des Secret Service hat sich noch nicht geäußert
Unabhängig von seinen politischen Ansichten: Die Tatsache, dass er bewaffnet so nahe an Trump gelangen konnte – Berichte sprechen von weniger als 150 Metern zwischen Dach und Bühne –, stellt die Sicherheitsvorkehrungen, die bei der Wahlveranstaltung getroffen wurden, infrage. Die Leiterin des Secret Service, Kimberly Cheatle, hat sich bislang nicht öffentlich zu den Vorwürfen gegen ihre Organisation geäußert. Cheatle übernahm das Amt der Direktorin im Jahr 2022.
Der stellvertretende Leiter der Landespolizei in Pennsylvania, George Bivens, nahm seine Kollegen von der Bundesbehörde allerdings in Schutz. „Zu ihrer Verteidigung möchte ich sagen, dass es unglaublich schwierig ist, einen Veranstaltungsort für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und ihn gegen jede mögliche Bedrohung, gegen einen sehr entschlossenen Angreifer, zu sichern“, sagte er. Er fügte hinzu, dass die anhaltenden Untersuchungen zu den Ereignissen vom Samstag den Sicherheitsbehörden die Gelegenheit geben, herauszufinden, wo es Fehler gab und was in Zukunft besser gemacht werden könne.
Für Republikaner und auch manche Demokraten ist dies allerdings nicht genug. Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses, kündigte bereits an, dass es eine vollständige Untersuchung zum Attentat auf Trump geben werde. Das bestätigte der Vorsitzende des Kontrollausschusses im Haus, James Comer. „Es gibt viele Fragen, und die Amerikaner verlangen Antworten. Ich habe den Secret Service bereits um eine Unterrichtung gebeten und fordere auch eine Anhörung der Secret-Service-Direktorin Kimberly Cheatle. Der Kontrollausschuss wird in Kürze eine formelle Einladung versenden“, sagte Comer. Der Termin für die Anhörung soll am 22. Juli sein.
Scharfe Kritik von allen Seiten
Der Secret Service ist die leitende Sicherheitsbehörde bei jeglichen Veranstaltungen von Ex-Präsident Trump und auch Amtsinhaber Joe Biden. Die Beamten richten verschiedene Sicherheitszonen ein. Sowohl Pressevertreter als auch Mitglieder der Öffentlichkeit müssen sich vor dem Einlass zum Veranstaltungsort einer gründlichen Untersuchung unterziehen. Meistens kommen dabei von Flughäfen bekannte Metalldetektoren zum Einsatz. Unterstützt wird der Secret Service von lokalen Sicherheits- und Polizeibehörden. Das Dach, auf dem der Schütze sich positionierte, lag laut Aussagen der Ermittler außerhalb dieser finalen Sicherheitskontrollen.
„Wie konnte ein Scharfschütze mit einem Gewehr auf ein Dach kriechen, das einem Präsidentschaftskandidaten am nächsten liegt?“, fragte der konservative Aktivist Jack Posobiec in einem Post auf X.
James Comer, Republikaner
Der republikanische Abgeordnete Ryan Zink bezeichnete das Vorgehen der Behörden als „komplettes Sicherheitsversagen“. Zink, der als ehemaliges Mitglied der Marine-Spezialeinheit Navy Seals an etlichen Sicherheitskonzepten mitgewirkt hatte, ergänzte auf Social Media: „Mir fällt kein einziger Fall ein, in dem ein so nahe gelegener erhöhter Ausgangspunkt zugänglich und nicht bereits von Sicherheitskräften besetzt gewesen wäre“, sagte der Abgeordnete aus Montana. Auch die Tatsache, dass der Schütze laut US-Medien von mehreren Personen beim Klettern auf das Dach gesehen wurde und diese nahestehende Sicherheitskräfte informierten und es trotzdem zum Attentat kam, wirft Fragen auf.
Antworten müssen schnell gefunden werden. Bereits in dieser Woche werden Tausende von Menschen, inklusive Trump, in Milwaukee zum Nominierungsparteitag der Republikaner erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken