Fußball-EM: Patriotismusparty? Nein danke

Eigentlich hat unser Autor mit Nationalmannschaftsfußball nichts am Hut. Mit Nationalismus kann er schon gar nichts anfangen – ein Einwurf.

Deutschland-Fans jubeln in der Fanzone am Reichstagsgebäude

Party in Schwarz-Rot-Gold: Fans beim Achtelfinalspiel der DFB-Elf in Berlin Foto: Christoph Soeder/dpa

Heim-EM – auch eher fußballskeptische Menschen holen die Fähnchen raus. Fußball, meine große Leidenschaft, ist für einen Monat das alles bestimmende Thema. In der vergangenen Saison war ich 52 Mal im Stadion, habe Spiele gestreamt und auch das Print-Abo des Kicker durfte nicht fehlen. Ganz schön viel. Bei Großturnieren schalte ich dann aber ab.

Irgendwann muss ich ja mal Pause machen und so kommt es, dass ich seit 2018 kein einziges Länderspiel angeschaut habe. Auf die Corona-EM 2021 hatte ich einfach keinen Bock, die Wüsten-Winter-WM habe ich aus politischen Gründen komplett gemieden. Die Heim-EM dann mit Ignoranz zu strafen, schien da die perfekte Krönung. Doch dann hat mir die taz einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Ich habe mich immer wieder für ein Praktikum bei der taz beworben, für verschiedenste Ressorts zu unterschiedlichen Zeiten. Schlussendlich bin ich in der Sportredaktion gelandet – ausgerechnet zur EM. Ich habe zwar ganz schön gestöhnt, aber die Möglichkeit wollte ich mir nicht entgehen lassen. Jedes Spiel habe ich zwar nicht geschaut, aber die ganzen Endergebnisse habe ich schon gecheckt – und die Fertigstellung dieses Textes leidet gerade unter dem Elfmeterschießen zwischen Portugal und Slowenien.

Stickerheft und Tippspiel

Damit ich ein wenig ankomme beim Turnier, habe ich mich direkt bei einem Tippspiel angemeldet, auch das obligatorische Stickerheft geholt. Und ich habe bei mir selbst gemerkt, die konsequente Ablehnung gegenüber den Großturnieren und den dazugehörigen Deutschlandfahnen ist zwar noch da, aber nicht mehr so stark. Was ist passiert?

Und nun zum vielleicht größten Partykiller für Partypatrioten: Das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte wurde von Deutschen begangen. Wie heißt es so schön? „Wer als Pa­trio­t*in losläuft, kommt als Fa­schis­t*in ins Ziel.“ Stimmt irgendwie, aber eben nur irgendwie. Jeder Faschist ist zwar Patriot, aber nicht jeder Patriot ist Faschist oder auf dem direkten Weg dahin. Und dann gibt es da ja noch den Nationalismus.

Dieser wird meist kritischer bewertet als der Patriotismus, findet jedoch auch immer mehr Zulauf. Gibt es also den guten Patriotismus und den schlechten Nationalismus? Für mich ist Patriotismus der Nährboden für Nationalismus, so wie der Nationalismus Nährboden für den Faschismus darstellt. Folglich sehe ich den Patriotismus, auch den Fußballpatriotismus kritisch.

In der taz sehen das nicht alle so wie ich. Vor Kurzem wurde in der Redaktion über die Deutschlandfahne diskutiert. Nicht wenige haben für ein bisschen Patriotismus argumentiert und dafür, dass man die Deutschlandfahne nicht den Rechten überlassen sollte. Es ist die gleiche Redaktion, die sich Sorgen macht über eine Rückkehr der Zustände in den Baseballschlägerjahren. Zu Recht. Aber die Gefahr ist doch größer und grundsätzlicher. Es geht nicht um Nazischläger in der Provinz, es geht um das Aufkommen des Faschismus.

Und jetzt Deutschland gegen Spanien schauen? Geht nicht. Mein Brotjob ruft und nimmt mir die Entscheidung ab. Glück gehabt.

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Jahrgang 2004, mit Fokus auf die Bundesligen, DFB-Pokal und Berliner Fußball.

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