Streit über Asylgesetz in Großbritannien: Etappensieg für Premier Sunak
Großbritanniens Premierminister bekommt sein Gesetz zur Abschiebung von nicht legal eingereisten Asylbewerbern nach Ruanda souverän durchs Unterhaus.
Zu ihnen gehörten Innenminister James Cleverlys Vorgängerin und Vorgänger Suella Braverman und Robert Jenrick, sowie Danny Kruger und Miriam Cates, die Vorsitzenden der erzkonservativen „New Conservatives“-Gruppe. 18 weitere Tories enthielten sich.
Bevor es zu diesem Ja kam, überstand der konservative Premier Rishi Sunak jedoch den größten Aufstand seiner bisher 15-monatigen Amtszeit. Am Dienstag erst hatte er mit Lee Anderson und Brendan Clarke-Smith zwei stellvertretende Parteichefs verloren. Sie traten zurück, um gegen den Fraktionszwang für Änderungsanträge stimmen zu können.
Bei dem Gesetz geht es um Sunaks Versprechen nach Amtsantritt, Überfahrten von Asylsuchenden über den Ärmelkanal zu stoppen. Die geplanten Abschiebungen ins ostafrikanische Ruanda, für das London Ruanda schon mehr als die Hälfte der bewilligten umgerechnet 465 Millionen Euro ausgezahlt hat, sollen Asylsuchende von den gefährlichen Bootsfahrten abschrecken und das Geschäftsmodell von Menschenschleusern zerstören. Erst in der Vorwoche starben fünf Personen nach Sinken eines Boots vor der französischen Küste.
Ruanda macht sich in Abkommen zum sicheren Drittstaat
Im November hatte Großbritanniens Supreme Court bezweifelt, dass Ruanda ein sicherer Drittstaat sei. Seitdem handelte die Sunak-Regierung ein zweites Abkommen mit Ruanda aus, um Garantien für deportierte Asylsuchende zu erhalten. Selbst im Fall eines abgelehnten Asylantrags sollen abgeschobene Personen bleiben können. Sie dürfen nur ins Vereinigte Königreich geschickt werden und in kein anderes Land abgeschoben werden.
Der neue Ruanda-Abschiebungsgesetzentwurf erklärt nun auf Basis dieses Abkommens Ruanda zum sicheren Drittstaat. Nur in individuellen Ausnahmefällen könne juristisch dagegen vorgegangen werden.
Die Tory-Rebell:innen sorgten sich vor allem, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) trotzdem Abschiebungen weiter aufhalten könnte. Deshalb wollten sie dem EGMR die Zuständigkeit für Abschiebungen nach Ruanda entziehen. Der Gesetzesentwurf würde immerhin Minister:innen in Einzelfällen erlauben, EGMR-Verordnungen ignorieren zu können.
Doch einer Gruppe von 61 Tories reichte das zunächst nicht. Sie verlangten in einem Änderungsantrag das automatische Ignorieren des EGMRs bei Abschiebungen. Sunaks Regierung gab sich sicher, dass die vorgesehenen Verschärfungen ausreichten. Eine weitere Verschärfung wurde von der Mehrheit des moderateren Flügels der Tories abgelehnt. Das führte zu Spekulationen, ob Sunak dies politisch überleben würde.
Sunak erlaubt Beamten, den EGMR zu ignorieren
Um den konservativen Rebellen entgegenzukommen, versprach darauf Sunak, britischen Beamt:innen zu verordnen, dass sie im Fall von ministeriellen Anweisungen bei Abschiebungen nach Ruanda EGMR-Anweisungen ignorieren müssten. Das reichte, um von den 61 Tory-Kritikern 50 zur Zustimmung oder Enthaltung zu bewegen und damit den Gesetzentwurf abzusegnen.
Dabei hatte der Generalsekretär einer Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes Sunaks Versprechen kritisiert. So erklärte Dave Penman von der Gewerkschaft FDA, dass Beamt:innen zwar erwarten würden, der Regierung zu dienen, nicht aber internationales Recht zu brechen.
Der Gesetzesentwurf geht nun wieder ins Oberhaus, wo die Konservativen aber keine Mehrheit haben. Danach kann er noch mehrfach zwischen Unter- und Oberhaus hin und her gehen, bis das Gesetz gültig wird.
Nigel Farage wittert schon seine Chance
Sollte Sunak sein Versprechen reduzierter Asylbewerberzahlen nicht vor den Wahlen halten können, dürfte dies die rechte Partei Reform UK stärken. Die wurde von Nigel Farage als Nachfolgepartei der Brexitpartei Ukip mitgegründet. Farage sprach bereits von einem „Brexit 2.0-Thema“.
Die Popularität der Konservativen liegt laut jüngster Yougov-Umfrage nur noch bei 20 Prozent, während Reform UK mit 12 Prozent drittstärkste Partei hinter Labour (47 Prozent) ist. Die Idee von Abschiebungen nach Ruanda stammt bereits von der Boris-Johnson-Regierung.
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