Ein Abrissplan und zwei Petitionen: Jetzt endgültig ausgeplantscht
Das ehemalige DDR-Spaßbad SEZ ist abgerockt. Der Senat will es abreißen und Wohnungen samt Schule bauen. Nun fordert eine Petition die Sanierung.
Dabei schien der Traum einer Wiederbelebung längst vom Tisch zu sein. In einer Mitte Dezember veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Damiano Valgolio kündigte die Senatsverwaltung für Finanzen an, einen „gemischt genutzten Standort mit Wohnanteil“ auf dem Grundstück errichten zu wollen. Unter anderen sollen 500 Wohnungen und eine Schule entstehen.
„Aus ökologischer Perspektive ist ein Abriss kompletter Wahnsinn“, kritisiert Jorinde Schulz vom Verein Gemeingut in Bürger:innenhand die Pläne des Senats. Die Klimabelastung, die durch unnötigen Abriss und Neubau entsteht, sei in Zeiten der Klimakrise nicht vertretbar. Trotz des heruntergekommenen Zustands sei die Gebäudesubstanz gut. Eine Wiedereröffnung als Schwimmbad- und Sportzentrum sei wichtig für die soziale Infrastruktur Friedrichshains, so Schulz: „Die Anzahl von Frei- und Schwimmbädern ist über die Jahre dramatisch runtergegangen.“
Während in den Kiezen immer stärker nachverdichtet wird, entstehen kaum Sport- und Freizeitangebote für die wachsende Bevölkerung, so Schulz. Im dicht besiedelten Friedrichshain ist der Mangel besonders eklatant. So ergab eine weitere Anfrage der Linken 2022, dass in Friedrichshain-Kreuzberg seit zehn Jahren keine neuen Schwimmbäder beantragt, geplant oder gebaut worden sind. „Das SEZ wäre eine Sportanlage, die man mit geringen Aufwand wieder nutzen könnte.“
„Ein Frevel“
Um den Senat doch noch umzustimmen, startete Gemeingut in Bürger:innenhand letzten Mittwoch die Petition „Rettet das SEZ“. Bislang unterschrieben nach Angaben des Vereins über 1.100 Menschen. Eine ähnliche, schon Anfang Dezember gestartete Petition auf Change.org konnte ebenfalls über 1.000 Unterschriften sammeln.
Unterstützt wird der Appell zur SEZ-Rettung von der Präsidentin der Deutschen Architektenkammer, Theresa Keilhacker: „Dieses denkmalwürdige Kulturerbe nach jahrzehntelangem Stillstand einfach abzureißen, ist baukulturell, aber auch ökologisch und sozial gesehen ein Frevel.“
Doch der Komplex, der eine Ikone der Ostmoderne ist, steht nicht unter Denkmalschutz. Die 1981 errichtete Freizeitanlage galt als Prestigeprojekt der DDR. Nach der Wende verlor der ehemalige Besuchermagnet seine Anziehungskraft. Die Betriebskosten waren dem Senat zu hoch, weshalb die Anlage 2002 endgültig schloss. Ein Jahr später verschenkte das Land das SEZ an den Leipziger Investor Rainer Löhnitz mit der Auflage, den Bäderbetrieb wiederzueröffnen. Dieses Versprechen löste Löhnitz nie ein und ließ das SEZ stattdessen langsam verfallen.
Die Ankündigung, den Komplex abzureißen, folgte einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der den Rechtsstreit zwischen dem Eigentümer und dem Land Berlin letztinstanzlich beendete. In dem Beschluss wird der Eigentümer dazu verpflichtet, das SEZ an das Land Berlin zurückzugeben.
Noch von einem Club genutzt
Löhnitz aber kündigt auf der SEZ-Website weitere rechtliche Schritte gegen das Land Berlin an. Auch verweist der Investor auf das Urteil des Kammergerichts, das ihn zwar zur Herausgabe des Grundstücks verpflichtet, aber keinen Räumungsanspruch gegenüber den Mieter:innen enthält. Aktuell wird das SEZ unter anderem von einem Club genutzt. „Von einem sofortigen Abriss des SEZ kann keine Rede sein“, so Löhnitz auf der Website.
„Sobald der Senat die Schlüsselgewalt hat, muss er prüfen, in welchem Zustand die Gebäude sind“, fordert der Friedrichshainer Linken-Abgeordnete Damiano Valgolio, „wenn sie intakt sind, wäre es völlig absurd abzureißen.“
Theoretisch könnte der Senat sofort nach der Übergabe abreißen, da es seit 2018 einen gültigen Bebauungsplan für das Grundstück gibt. Aufgestellt wurde dieser von der linken Bausenatorin Katrin Lompscher. Valgolio erklärt, damals habe der Senat mit dem B-Plan vor allem Löhnitz' Überlegungen für einen Abriss und Hotelneubau einen Riegel vorschieben wollen. „Die Eigentümerschaft des Landes erfordert es, neu über die Situation nachzudenken.“
Vorstellbar wäre auch ein Teilabriss der maroden Baustruktur und ein Erhalt der funktionalen Elemente. So sei das Grundstück groß genug für einen Schulneubau. „Man sollte dort schnellstmöglich die Freizeitnutzung ermöglichen.“ Platz genug für Wohnungsbau oder eine Schule böte das ausladende Grundstück dann immer noch.
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