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Klimakatastrophe in der AntarktisIst die Antarktis noch zu retten?

Das Meereis der Antarktis schmilzt – mit Folgen für den ganzen Planeten. Aber die Antarktis-Kommission steckt seit Jahren in einer Sackgasse.

Nicht nur Kaiserpinguine und Wale sind gefährdet: vor der Küste nördlich der Antarktischen Halbinsel Foto: David Keaton/ap

Hobart dpa | Die Antarktis macht Experten in aller Welt zunehmend Sorgen. Im September wurde bekannt, dass die Ausdehnung des Meereises rund um den Kontinent einen neuen Tiefststand erreicht hat: nur knapp 17 Millionen Quadratkilometer, deutlich weniger als in den vergangenen Jahren im antarktischen Winter.

Seit Montag ringen die für den Schutz der antarktischen Meeresfauna und -flora zuständigen Regierungen im australischen Hobart erneut um konkrete Lösungen für den Schutz des Südpolarmeers. Bei der Jahrestagung der Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR) haben sie dafür zwei Wochen Zeit.

„In diesem Jahr verzeichnete das Südpolarmeer rekordverdächtig niedrige Meereisstände und bisher kaum vorstellbar hohe Temperaturen sowie den Tod von schätzungsweise 9.000 Kaiserpinguin-Küken durch den Meereisverlust“, sagte die Expertin Andrea Kavanagh vom Pew Bertarelli Ocean Legacy Project. Die Geschwindigkeit der Veränderungen in der Antarktis sei alarmierend, „aber noch alarmierender ist, dass CCAMLR in den letzten zehn Jahren keine Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ergriffen hat“.

Eines der Hauptthemen ist erneut die Ausweisung von drei großen Meeresschutzgebieten (Marine Protected Areas, MPAs) in der Ostantarktis, im Weddellmeer und in den Gewässern der Antarktischen Halbinsel. Wegen des Widerstands von Russland und China ist ein Durchbruch bisher immer gescheitert – zuletzt im Juni bei einer CCAMLR-Sondersitzung zum Thema in Santiago de Chile. Denn alle Entscheidungen der CCAMLR müssen einstimmig von den 27 Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, getroffen werden.

Krillfischerei soll stärker reguliert werden

„MPAs werden den Klimawandel nicht aufhalten, aber sie werden dazu beitragen, das Ökosystem widerstandsfähiger zu machen“, betonte Kavanagh. Es sei höchste Zeit, dass die CCAMLR aus ihrer „Sackgasse“ herauskomme. Die Antarktis-Kommission gerät zunehmend unter Druck, weil sie seit Jahren kaum Erfolge vorweisen kann.

Die letzte nennenswerte Maßnahme wurde 2016 mit der Vereinbarung des Schutzgebiets Rossmeer getroffen, eines Randmeers im südlichen Ozean. Seitdem hätten sich die Klima- und Biodiversitätskrise aber weiter verschärft, warnte die Antarctic and Southern Ocean Coalition (ASOC).

Auch strengere Auflagen für die Krillfischerei stehen auf der Agenda. Die winzigen Krebstiere werden massenhaft gefangen, um daraus Öl und Fischfutter zu machen – allerdings sind sie für das fragile Ökosystem der Antarktis mit Tieren wie Walen und Pinguinen extrem wichtig.

„In Verbindung mit der Klimakrise gerät durch die Krillfischerei das gesamte antarktische Ökosystem ins Wanken und damit auch die Klimastabilität unseres Planeten“, betonte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

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10 Kommentare

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  • Die Diplom-Biologin Dr. Frauke Fischer schrieb populärwissenschaftlich:



    'Wal macht Wetter', wohlgemerkt kein Druckfehler im Titel, nicht Wald war gemeint.



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    Die taz hatte auch dieses Jahr bereits den Fokus auf den Giganten der Ozeane:



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    taz.de/Studie-zu-g...saeugern/!5917218/



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    Und zum vorzeigen Sterben der Brut der Pinguine dito:



    taz.de/Katastrophe...ntarktis/!5956004/



    /



    Wer jetzt eins und eins zusammenzählen will, weiß was die Uhr geschlagen hat. Das Problem ist derzeit die Kumulation von Krisen, die politische oder wirtschaftliche Probleme darstellen, inklusive bewaffneter Konflikte. Da verrutscht schon mal längerfristig der Blickwinkel. Danke der taz dafür, dass sie immer dran bleibt.

  • Die wissenschaftliche Literatur sagt dass die Eisdecke an der ANatarktis seit 40 Jahren langsam zunimmt ("Recent research offers new insights on Antarctic sea ice, which, despite global warming, has increased in overall extent over the past 40 years". eos.org/science-up...antarctic-sea-ice).

    Kleinere Schelfeisflächen schrumpfen, aber größere wachsen.

    • @Gerald Müller:

      Nö, das sagt sie nicht. Was sie sagt ist, dass die AUSDEHNUNG der Eisdecke zunimmt. Was etwas völlig anderes ist.



      Was die Masse angeht, hat die Antarktis in den letzten Jahrzehnten mehr als 2 1/2 Milliarden Tonnen Eis verloren

  • Krill zu Öl und Fischfutter, - Vermarktung u. a. auch in Lifestyle-Produkten ... Als ich zum ersten Mal davon las, dachte ich zunächst an einen Druckfehler.

    Als läge oder schwämme alles nur herum, - ungenutzt und ohne Sinn, - bis endlich der Mensch kommt und es für seine Zwecke verbraucht.

    Der industriell geprägte Mensch müsste schleunigst von diesem Planeten verschwinden. Er versteht GAR NICHTS, ist besoffen von sich selbst und tödlich für alle anderen.

    • @Woodbine:

      Bitte Kritik ein klein wenig differenzierter.

      Seit Jahren liest man nun diese pauschalisierten Verurteilungen. Wie bequem für die Industriekapitäne und Grosskapitalisten, die seit Jahrzehnten Big Reibach gemacht haben, auch in Sachen Klima, und nun kein bisschen mehr zur Kasse gelassen werden, wie die Grossmutter, die nun noch eine neue Heizung einbauen darf.

      • @Werner2:

        Seit Jahrzehnten liest man aber auch, wie das Leben für die Enkel der Großmutter aussehen wird, wenn wir alle so weiter machen.

        Nicht nur Großkapital und Politik, - auch die Gesellschaft hat da zu lange zu viel verschlafen.

    • @Woodbine:

      Der vorindustrielle Mensch hat die Umwelt genauso gedankenlos geschändet wie der industrielle. Nicht die technischen Fähigkeiten zu haben bestimmte Dinge zu tun, macht einen nicht zu einem besseren Menschen. Die Heroisierung eines mythischen Urzustands ist bestenfalls etwas albern.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @Šarru-kīnu:

        Das würde bedeuten:



        Die fortschreitende Verfügbarmachung von Technik bringt den Menschen durch die Art und Nutzungsweise dieser Technik an die Grenzen der ökologioschen Tragfähigkeit seiner Lebensweise.



        Und nun?

        • @31841 (Profil gelöscht):

          Es sind nicht unbedingt die Großkapitalisten, die daran Schuld sind, den diese funktionieren in einer Marktwirtschaft und tun, was ein profitorientiertes Unternehmen nunmal tut, Umsätze generieren, wo es geht.



          Und wer gibt ihnen die Leitplanken für ihr Handeln vor? Die Politik mit ihren Reglungen, Gesetzten, Steuern und Subventionen. Das Problem sind also die Spielleiter, die nicht die richtigen Wege finden, die Marktwirtschaft auf einen umweltbewussten weg zu führen.

          • @Haus Hoch:

            Dochdoch, es sind sehr wohl die Großkapitalisten. Exxon beispielsweise weiß seit Ende der 70er über den Klimawandel Bescheid. Und war seitdem einer der größten Finanziers der Lügenkampagne gegen die wissenschaftlichen Fakten dazu.



            Achja, OT, aber scnr: hat LG in diesem Kontext schon irgendetwas unternommen? Achnee, die waren ja an Unis und der Uhr in Berlin beschäftigt. Ja, man muss Prioritäten setzen, gell?