Kaum Fortschritte bei Antarktisschutz: Meeresschutz bleibt Zukunftsmusik
Eisschmelze und Überfischung: die Antarktis ist in Gefahr. Aber die zuständige Kommission einigt sich nicht auf die Einrichtung neuer Meeresschutzgebiete.
Hobart dpa/afp | Die Hiobsbotschaften zum Zustand der Antarktis reißen nicht ab. Das Meereis schmilzt rasant, die Fischbestände sind massiv überbeansprucht, kürzlich wurde die Vogelgrippe nachgewiesen. Das gesamte, für die Erde so wichtige Ökosystem des Südpolarmeeres gilt als bedroht.
Aber zur Jahrestagung im australischen Hobart haben die zuständigen Regierungen zum Schutz der antarktischen Meeresfauna und –flora die Chance eines Durchbruchs verpasst. Die von Umweltexperten dringend geforderte Ausweisung wichtiger Meeresschutzgebiete bleibt Zukunftsmusik. Das berichten Teilnehmer zum Abschluss des Treffens der Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) am Freitag.
„Es fühlt sich an, als ob wir beim Schutz des Südpolarmeeres einen Schritt vor und zwei zurück machen“, sagte Claire Christian von der Antarctic and Southern Ocean Coalition. „Es ist zwar ein gewisser Trost, dass wichtige Schutzmaßnahmen nicht zurückgenommen wurden, aber das ständige Festhalten am Status quo durch CCAMLR bleibt hinter den dringenden Entscheidungen, die für die Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise erforderlich sind, zurück.“
Bei der Konferenz geht es speziell um ein Netzwerk aus drei großen Meeresschutzgebieten in der Ostantarktis, im Weddellmeer und in den Gewässern der Antarktischen Halbinsel. Die Durchsetzung ihres Schutzes scheitert seit Jahren am Widerstand von Russland und China – denn alle Entscheidungen von CCAMLR müssen einstimmig ausfallen.
Kleinkrebse sind Klimahelden
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte China und Russland für ihre Blockade bei der Einrichtung neuer Meeresschutzgebiete in der Antarktis. Die anhaltende Blockade beider Länder verdeutliche einmal mehr, dass Russland „als konstruktiver Partner in der globalen Zusammenarbeit längst abgeschrieben“ sei, sagte Özdemir am Freitag. Und auch China gebe „der Nutzung der schützenswerten Ressourcen in der Antarktis den Vorzug vor wissenschaftlichen Argumenten“, monierte Özdemir.
Immerhin, Beobachter der Tagung sprechen von „kleinen Schritten in die richtige Richtung“. So hätten sich die Teilnehmer auf ein Treffen zur Verbesserung des Krill-Fischereimanagements 2024 geeinigt. Die winzigen Krebstiere sind sie für das fragile Ökosystem der Antarktis mit Tieren wie Walen und Pinguinen extrem wichtig. Laut einer Studie des WWF sind die Tierchen wahre Klimahelden. Die riesigen Schwärme versenken jährlich bis zu 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid in der Tiefsee.
Krill wird massenhaft gefangen, um daraus Öl, Fisch- und anderes Tierfutter zu machen. Von 2007 bis 2022 ist die Krill-Fischerei laut einer CCAMLR-Statistik von knapp 105 000 Tonnen auf mehr als 415 000 Tonnen angestiegen. Grund sind die größeren und moderneren Schiffe.
Gipfeltreffen für die Eisregionen
Umsetzungsvorschläge für ein aktualisiertes, ökosystembasiertes Krill-Fischereimanagements sollen im Juli bei einem Sympsium besprochen werden. Weiterer Punkt auf der Tagesordnung: Die Ausweisung eines Meeresschutzgebietes rund um die Antarktische Halbinsel. Während dieses Ergebnis Hoffnung gebe, sei der Mangel an Maßnahmen zur Ausweisung eines ganzen Netzes an Meeresschutzgebieten enttäuschend, sagte Andrea Kavanagh vom Pew Bertarelli Ocean Legacy Project.
Ab dem 8. November findet in Paris der One Planet – Polar Summit statt, bei dem Forscher und Politiker gemeinsame Maßnahmen zum Schutz der Eisregionen des Planeten vereinbaren wollen. „Ich hoffe sehr, dass dieser Gipfel eine Ära beschleunigter Schutzmaßnahmen einleitet“, sagte Claire Christian von der Antarctic and Southern Ocean Coalition.
Leser*innenkommentare
Christoph Hein
Unseren Gewässern geht’s echt schlecht. Siehe angelmagazin.de/ra...wandel-angelsport/
ROTEGRÄTE
Immer wieder „beachtlich“, wie menschliche „Potentiale“ gemixt mit „hoher Intelligenz“ am Ast der ganzen Welt sägen.
Egal ob Arktis, Thwaites-Gletscher / Antarktis, Permafrost, etc., alle Veränderungen und Umweltschäden können weltweit nicht losgelöst voneinander betrachtet werden.
Merkwürdig ist nur, dass seit nun mindestens 51 Jahren so einige „Vertreter“ Zeit hatten über folgendes –|nicht nur– nachzudenken:
„Das Ergebnis ist eindeutig: Noch weit vor dem Jahr 2100 führt unser Wachs- tumskonzept in den „Zusammenbruch“ (schlagartiger Abfall von Bevölkerung und Industrieproduktion), egal, an welchen Stellschrauben wir fummeln.
Mehr Umweltschutz oder neue Rohstoffquellen ließen das Gebäude unserer Zivilisation dann an anderer Stelle einstürzen. Der „Zusammenbruch“ ist nur durch ein „Gleichgewicht“ abzuwenden, und werden die nötigen Änderungen aufgeschoben, ist der Zusammenbruch aufgrund sehr einleuchtend dargelegter „Verzögerungen“ nicht mehr aufzuhalten.“ (Vgl. Cicero, Ausgabe 10/2023; Club Of Rome, Die Grenzen des Wachstums, DVA, München 1972)
Woodbine
"Krill wird massenhaft gefangen, um daraus Öl, Fisch- und anderes Tierfutter zu machen. Von 2007 bis 2022 ist die Krill-Fischerei laut einer CCAMLR-Statistik von knapp 105 000 Tonnen auf mehr als 415 000 Tonnen angestiegen. Grund sind die größeren und moderneren Schiffe."
Krill ist Basis der Nahrungskette in den Meeren. Das größte Säugetier auf Erden, der Blauwal, ernährt sich beispielsweise davon. Er braucht Unmengen davon.
Soll er demnächst in den Supermarkt gehen?
Zusammenhängende Schutzgebiete sind das Minimum, wie an Land ja auch. Verbunden mit funktionierenden Kontrollen, - wofür haben wir all das elektronische Spielzeug?
Es widert mich an, wie wir (trotz des alarmierenden Zustands auch der Meere) weiterhin überall auf Beutezug gehen.