Teure Spenden für Wegner

820.000 Euro Spenden durch Immobilienentwickler Christoph Gröner verstoßen, anders als es die Bundestagsverwaltung bewertete, doch gegen das Parteiengesetz, sagt ein neues Gutachten. Der CDU drohen juristische Konsequenzen. Klagen Linke und Grüne?

Geldempfänger und Politikgeber (links): Kai Wegner Foto: Janine Schmitz/photothek/imago

Von Erik Peter
und Uwe Rada

Die Affäre um Parteispenden über 820.000 Euro durch den Immobilienentwickler Christoph Gröner holt die Berliner CDU und den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner wieder ein. Kaum mehr als einen Monat nach der Einstellung der Ermittlungen durch die Bundestagsverwaltung, kommt ein neues Gutachten zu einem gegensätzlichen Schluss.

Demnach seien die Zuwendungen in Höhe von 320.000 und 500.000 Euro aus dem Jahr 2020 an die Landespartei als illegale Einflussspenden zu werten und damit unzulässig. Die Bundestagsverwaltung hatte dagegen keinen Verstoß gegen das Parteiengesetz feststellen wollen. Der CDU drohen nun weitere juristische Konsequenzen.

Gröner habe mit seinen Spenden Forderungen verbunden, „die sich nicht allgemein auf grobe politische Linien beziehen, sondern konkrete politische Vorteile in den Blick nehmen“, so die Feststellung des Gutachtens, über das zunächst die Süddeutsche Zeitung berichtet hatte. Verfasst hat es Sophie Schönberger, Professorin für öffentliches Recht an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität und Co-Direktorin des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung im Auftrag von LobbyControl.

„Parteispenden in Erwartung einer politischen Gegenleistung sind aus guten Gründen in Deutschland verboten“, kommentierte LobbyControl-Sprecher Aurel Eschmann das Gutachten. Die Einstellung der Prüfung durch die Bundestagsverwaltung trotz öffentlich formulierter Erwartungen Gröners sei „besorgniserregend“.

Gleich mehrmals hatte sich Gröner, dessen von ihm gegründete CC Gruppe mittlerweile Teil der skandalumwitterten Adler Group ist, zu seinen mit den Spenden verknüpften Erwartungen geäußert. Dem Deutschlandfunk hatte er 2021 gesagt: „Ich habe der CDU drei Bedingungen gesetzt.“ Zwei davon betrafen die Situation von Heimkindern, eine dritte den damals von Vermietern heftig bekämpften Mietendeckel.

Erst im Mai 2023 relativierte Gröner seine Forderung in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel: Demnach habe er „eine einzige Forderung an den Herrn Wegner gestellt“ – gleiche Sätze für Kleidung in Heimen für behinderte und nicht behinderte Kinder. Als Reaktion auf Kritik legte Gröner nach: Er habe „nie eine Bitte geäußert, einen Wunsch erklärt noch eine Bedingung gestellt. Und wenn ich etwas anderes gesagt habe, dann war es im Affekt (…).“

Gutachterin Schönberger bezeichnete diese Aussage als „Schutzbehauptung angesichts der drohenden Sanktionierung“. Stattdessen wertet sie Gröners Zuwendungen als eine verbotene „Erwartungsspende“. Die Bundestagsverwaltung hatte die Einstellung ihrer Ermittlungen damit begründet, dass es eine Kausalbeziehung zwischen einer Spendenleistung und einer konkreten von der Partei zu treffenden Entscheidung bräuchte, die ohne Spende so nicht getroffen worden wäre.

„Ich habe der CDU drei Bedingungen gesetzt“

Christoph Gröner

Dies weist Schönberger zurück: Die Rechtmäßigkeit von Spenden sei zum Spendenzeitpunkt zu beurteilen. Die Unrechtmäßigkeit ergebe sich nicht erst, wenn die Partei entsprechend handelt. Entscheidend sei allein, „ob der Spender einen bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteil erwartet hat, ob die Spende gerade in Erwartung dieses Vorteils vom Spender an die Partei geleistet wurde und ob diese Erwartung für die Partei erkennbar war.“ Dies sei durch Gröners Aussagen erfüllt.

LobbyControl forderte die Parteien dazu auf, „die Bundestagsverwaltung auf Verhängung einer Sanktion zu verklagen“. Bei einer Verurteilung aufgrund einer rechtswidrig erlangten Spende droht der Berliner CDU eine Strafe in dreifacher Spendenhöhe, also von 2,46 Millionen Euro.

Die Linke prüft, ob sie gegen die Entscheidung der Bundestagsverwaltung vorgeht. Am Montag berate man in einer Runde mit Jurist:innen, wie aussichtsreich eine solche Klage ist, so Landesgeschäftsführer Sebastian Koch zur taz. Der Linken-Parteivorsitzende Maximilian Schirmer sagte: „Die CDU erweckt den Eindruck, dass ihre Politik käuflich ist. Doch die Politik muss die Interessen der Menschen vertreten, nicht die Interessen von Unternehmen.“ Er appellierte an die anderen Parteien, es der Linken gleichzutun und keine Spenden von Unternehmen anzunehmen.

Geldgeber und Politikempfänger (rechts): Christoph Gröner Foto: Charles Yunck/imago

Auch für die Grünen gibt es mit dem Gutachten neuen Gesprächsbedarf. Kai Wegner und die CDU werden sich dazu verhalten müssen, sagte der grüne Landesvorsitzende Philmon Ghirai der taz. „Wir werden das Gutachten nun intern beraten und weitere Schritte prüfen.“

Aus der SPD äußerte sich der Berliner Bundestagsabgeordnete Hakan Demir: „Allein der Anschein von Bestechlichkeit schadet der Demokratie. Eine Spende von 820 000 Euro ist immer problematisch – egal, ob damit verknüpfte Forderungen an eine Partei restlos nachweisbar sind oder nicht.“

berlin