SPD will bundesweiten Mietenstopp

In einem Positionspapier fordert die SPD-Fraktion einen stärkeren Mieterschutz – die FDP hält davon nicht viel. Auch die Baubranche übt Kritik, die Linke sieht „Sommerloch-PR“

Wie viel darf’s kosten, hier zu wohnen? Die SPD will einen Mietenstopp Foto: Fo­to:­ Olaf Schuelke/imago

Von Jasmin Kalarickal

Schon am Montag beschloss die SPD-Fraktion auf ihrer Klausur in Wiesbaden ein Positionspapier zum bezahlbaren Wohnen. Das achtseitige Papier enthält eine ganze Reihe von Maßnahmen, die etwa den Bau ankurbeln oder den Eigentumserwerb erleichtern sollen. Doch für Aufsehen sorgt nun der Teil für ein schärferes Mietrecht.

Die SPD-Fraktion fordert darin einen bundesweiten Mietenstopp – ein Triggerwort für die Bau- und Immobilienbranche, die sich verlässlich empörte. Dabei ist das SPD-Vorhaben streng genommen nicht mal ein wirklicher Mietenstopp. Ver­mie­te­r*in­nen könnten mit dem SPD-Vorstoß auch weiter ihre Mieten erhöhen. Im Papier wird nur gefordert, dass dort, wo der Wohnungsmarkt als angespannt gilt, die Mieten nur um 6 Prozent in 3 Jahren steigen dürfen – bis die ortsübliche Vergleichsmiete erreicht ist. Derzeit dürfen Mieten um 20 Prozent in 3 Jahren erhöht werden, in angespannten Lagen sind es 15 Prozent. Diese Regelung wird auch als Kappungsgrenze bezeichnet – sie soll dafür sorgen, dass Mieten bei bestehenden Mietverträgen nicht in kürzester Zeit extrem hochschnellen.

Die Ampel hatte sich im Koalitionsvertrag eigentlich geeinigt, die Kappungsgrenze in angespannten Lagen von 15 Prozent auf 11 Prozent zu senken. Zudem sollten die Mietpreisbremse bis 2029 verlängert und qualifizierte Mietspiegel für Gemeinden über 100.000 Ein­woh­ne­r*in­nen verpflichtend werden. Doch Justizminister Marco Buschmann (FDP), der für Mietrecht zuständig ist, weigert sich schon seit Monaten, die Vorhaben umzusetzen. Der Hintergrund: Buschmann und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sind sich beim Thema Vorratsdatenspeicherung nicht einig. Buschmann spielt nun beim Mieterschutz auf Zeit, um seine Verhandlungsposition zu stärken. Mieterschutz, der der SPD traditionell wichtig ist, nur gegen mehr Datenschutz.

Daher birgt das SPD-Papier neues Konfliktpotenzial. In der Koalition sind die Überzeugungen zum Mieterschutz sehr gegensätzlich. Während sich SPD und Grüne in ihren Vorstellungen recht nahe sind und eine stärkere Mietenregulierung befürworten, lehnt die FDP weitere Mietbegrenzungen ab. Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag waren schon der kleinste gemeinsame Nenner. „Das Bauministerium und die SPD sollten sich jetzt endlich auf die Bekämpfung der Baukrise konzentrieren, bevor unsere Bauwirtschaft vollständig kollabiert“, kommentierte FDP-Wohnungspolitiker Daniel Föst denn auch den Vorstoß in der Bild.

Das SPD-Papier geht aber auch in anderen Punkten über den Koalitionsvertrag hinaus. So wird ein härteres Vorgehen gegen Mietwucher gefordert oder eine Neuregelung der Indexmietverträge, mit denen Mieten gemäß der Inflation erhöht werden dürfen. Die Erhöhungen sollen nun an den Nettokaltmietenindex und nicht länger an den Verbraucherpreisindex geknüpft werden. Auch sollen Schlupflöcher bei der Mietpreisbremse geschlossen werden. Die kann bei Kurzzeitvermietungen und möblierten Wohnraum leicht umgangen werden.

Zum Auftakt der zweitägigen Ampel-Klausurtagung im Brandenburgischen Schloss Meseberg hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Koalition zu besserer Kommunikation aufgerufen. „Wir haben eine sehr erfolgreiche Leistungsbilanz im letzten und diesem Jahr und es wäre natürlich gut, wenn alle mit ihren Kommunikationsstrategien dazu beitragen“, sagte er zum Auftakt am Dienstag. „Ich habe das Gefühl, diese Klausur trägt dazu bei, dass das auch gut gelingen kann.“ Die Ampel hatte sich zuletzt bei der Kindergrundsicherung oder dem Heizungsgesetz zerstritten. Auf der Klausur will sich die Ampel vor allem mit der prekären Wirtschaftslage befassen. (dpa)

Linken-Wohnungspolitikerin Caren Lay zeigte sich skeptisch. „Seit zwei Jahren kriegt die Ampel mietenpolitisch nichts gebacken.“ Sie frage sich, ob die Forderungen „nur Sommerloch-PR“ seien. Auch Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten erklärte, die Forderungen seien zwar „nie dringender als jetzt, sind mit der FDP in der Ampel aber zurzeit nicht mehrheitsfähig“. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bezeichnete einen Mietenstopp hingegen als „schlechte Idee“. Dies bremse den Wohnungsbau und erhöhe die Unsicherheit bei Investoren.

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