Kürzungen bei Familienpolitik: Weiter Zoff um Elterngeld für Reiche

SPD-Chef Klingbeil will beim Ehegattensplitting sparen statt beim Elterngeld. Auch die FDP will andernorts kürzen. Familienministerin Paus weist das zurück.

Ein kleines Mädchen fasst ihrem Vater in den Bar

Gleichstellung durch neue Enkommensgrenze beim Elterngeld bedroht? Eher nicht, sagen Ex­per­t*in­nen Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN dpa/epd | Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil schlägt eine schnelle Abschaffung der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting für alle neuen Ehen vor. Diese Einsparung könne statt der geplanten Kürzung beim Elterngeld erfolgen und „dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen“, sagte Klingbeil. Aus Sicht der Soziologin Kim Bräuer hätte die mögliche Kappung des Elterngeldes ab einem gemeinsam zu versteuerndem Einkommen von 150.000 Euro keine negativen Auswirkungen auf die Gleichstellung von Müttern und Vätern.

Klingbeil sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“: „Das Elterngeld ist keine Sozialleistung, es soll dazu motivieren, dass auch Männer mehr Verantwortung in der Familie übernehmen.“ Ohne Elterngeld auch für die Spitzenverdiener mit einem Einkommen der Eltern ab 150.000 Euro im Jahr werde wohl wieder die Frau zu Hause bleiben, weil der Mann häufig mehr Geld bekomme. „Das ist ein Rückschritt für die Gleichberechtigung“, sagte Klingbeil.

Im Streit um die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung zwischen Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) steht im Raum, künftig Eltern mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 150.000 Euro kein Elterngeld mehr zu zahlen. Derzeit liegt die Grenze bei 300.000 Euro.

Auch die FDP kritisierte die vorgesehene Streichung des Elterngelds für Bezieher hoher Einkommen und schlägt eine andere Aufteilung der Leistung vor. Bei der Ministerin stieß der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel damit aber bereits auf Ablehnung.

Soziologin: Keine Folgen für Gleichstellung

Vogel sagte am Sonntagabend in der Fernseh-Talkshow „Anne Will“: „Ich finde es falsch, wenn wir jetzt einfach das Elterngeld mit dem Rasenmäher abrasieren, auch in einem Bereich, wo wir reden über Ingenieurinnen und Ingenieure, Ärzte.“ Er unterstützte einen Vorschlag aus der FDP, von den Paaren eine stärkere zeitliche Angleichung ihrer Elternmonate zu verlangen – wenn das nicht geschieht, soll nur ein Partner Elterngeld erhalten. Darüber hinaus habe Paus auch „im Bereich der zahlreichen Förderprogramme noch ein gewisses Einsparpotenzial“, sagte Vogel.

Paus wies dies in der Sendung sogleich zurück. „Wenn das mit der Partnerschaftlichkeit funktioniert, dann ist das keine Kürzung“, sagte sie. „Deswegen kann ich das auch nicht vorschlagen.“ Alternative Sparmöglichkeiten wären nach ihren Worten nur Kürzungen beim Unterhaltsvorschuss für allein lebende Frauen, deren Partner seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, und beim Kinderzuschlag. Beides will sie nicht, wie Paus deutlich machte. Bei den freien Programmen kürze sie bereits, deshalb werde es etwa weniger Möglichkeiten für Freiwilligendienste geben.

„Ich bin offen für bessere Vorschläge – aber ich habe mir das angeschaut und bin unter all diesen schlechten Varianten zu der aus meiner Sicht besten Variante gekommen“, erklärte Paus mit Blick auf die Streichung des Elterngelds für Vielverdiener. „So werde ich das jetzt auch einbringen.“

Die Soziologin Kim Bräuer von der Technischen Universität Braunschweig, die zu Vätern forscht, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag), dass Väter im Schnitt deutlich kürzer Elternzeit nehmen, habe oft keine finanziellen Gründe. Viele Gutverdiener hätten Angst um ihre berufliche Zukunft. „Ihnen fehlt das Vertrauen, dass eine Elternzeit auch von ihren Arbeitgebern wirklich gewollt ist“, sagte Bräuer

Wenn schon gespart werden müsse, sei es aus ihrer Sicht richtig, „lieber das Elterngeld bei finanziell abgesicherten Familien zu kürzen und den Fokus auf die Kindergrundsicherung als Zeichen gegen Kinderarmut zu legen“. „Ein großes Problem für die Gleichstellung sehe ich darin nicht“, sagte die Soziologin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.