Parteiaustritt von Boris Palmer: So reagieren die Grünen
Erleichternd, respektabel oder „äußerst schmerzlich“. Aufhalten möchte ihn keiner, aber der Austritt Palmers kam unterschiedlich in der Partei an.
Winfried Kretschmann
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Parteiaustritt des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer als „außerordentlich schmerzlich“ bezeichnet. Vor Journalisten in Stuttgart sagte Kretschmann am Dienstag, es tue ihm leid um einen „klugen Kopf, der die Politik und die Partei lange streitbar bereichert hat und dabei oft an die Grenze gegangen ist und jetzt auch weit darüber hinaus.“ Das gelte insbesondere für die heftig kritisierten Äußerungen am Rande der Migrationskonferenz in Frankfurt am Main.
Diese kritisierte Kretschmann scharf: „Mit seinem Vergleich mit dem Judenstern hat er eine Grenze überschritten, die er nicht überschreiten darf“. Er habe Palmer „deutlich gesagt, dass man eine solche Äußerung unter keinen Umständen machen darf“, so Kretschmann weiter. Persönlich brechen will er aber nicht mit Palmer. Er sei mit ihm politisch und persönlich befreundet – „und das bleibe ich auch.“
Andere Parteimitglieder gingen da weitaus deutlicher auf Distanz. „Ein guter Tag für unsere Partei!“, schrieb auf Twitter der Europaabgeordnete Michael Bloss, der auch dem Landesvorstand in Baden-Württemberg angehört.
„Endlich!“
Der Tübinger Bundestagsabgeordnete Chris Kühn bezeichnete Palmers Parteiaustritt als konsequent. Palmer habe sich besonders seit 2015 inhaltlich und programmatisch weit von der Partei entfernt. „Insoweit war das ein konsequenter Schritt nach einer Entfremdung, die sich über viele Jahre abgezeichnet hat“, kommentierte er den Parteiaustritt Palmers. Kühn ist derzeit Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Zuvor saß er einige Jahre im Tübinger Kreisvorstand der Grünen und war Landeschef. Er gilt seit Langem als parteiinterner Gegner Palmers.
Ähnlich klare Reaktionen kamen vom anderen Ende des Parteispektrums. Antje Kapek, einst Fraktionschefin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, twittert kurz und knapp: „Endlich!“. Kapek gehört zum linken Ortsverband Friedrichshain-Kreuzberg, der Palmers Politik seit Jahren immer wieder kritisiert: Palmers „letzte Entgleisung war das übelste, was ein deutscher Politiker von sich geben konnte“, legte Kapek nach. Es sei „gut, dass diese ultra toxische Beziehung hiermit endet“.
Nach Ansicht des Beauftragten der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus, Michael Blume, haben die „Judenstern-Entgleisung“ und andere Äußerungen des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer „dem Ansehen nicht nur von Tübingen geschadet“. Dieser habe wiederholt Betroffene von Rassismus verletzt. „Ich begrüße es, dass sich Boris Palmer nun endlich Hilfe suchen möchte“, sagte Blume am Dienstag dem epd.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge