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Verkehrsberuhigung in Berliner KiezenKlimaresiliente Sitzmöglichkeiten

Kommentar von Claudius Prößer

In den kommenden sechs Monaten wird es drei „Sommerstraßen“ in Berlin geben. Sie sollen die Hitze erträglicher machen. Ob das gelingt?

Auf der Wilmersdorfer ist die Vorfreude schon groß (Symbolbild) Foto: IMAGO / Stefan Zeitz

W er südliche Städte bereist hat – so südlich, dass ihre BewohnerInnen seit Menschengedenken mit der Hitze leben, die uns erst bevorstehen könnte –, der hat gelernt, den Schatten zu schätzen. Nicht irgendeinen Schlagschatten, in den man schnell mal flieht, sondern den luftigen, lockeren, von sattem Laub auf den steinernen Boden geworfenen, in dem sich auch hohe Temperaturen vortrefflich aushalten lassen.

Noch liegt Deutschland nicht in der Wüste oder den Tropen, auch wenn es uns angesichts mancher Vorboten manchmal so scheinen mag. Aber wir haben sie ja schon kennengelernt, die heißen und trockenen Wochen, in denen nicht mal ein rettendes Gewitter aufziehen will. Gegen solche Wetterlagen gilt es sich frühzeitig zu wappnen.

In Berlin sollen jetzt von Mai bis Oktober drei „Sommerstraßen“ eingerichtet werden: „neue klimaresiliente Aufenthaltsräume in den Kiezen“, wie sie die scheidende grüne Umweltsenatorin Bettina Jarasch nennt. Ganz neu sind solche Versuche in der Hauptstadt nicht: 2020 wurde im mit wenig Grün gesegneten Friedrichshainer Rudolfkiez eine „Klimastraße“ eröffnet, die vorläufig ein paar Bäumchen in Kübeln bekam, aber bald dauerhaft entsiegelt werden soll.

Autos dürfen auf dieser Klimastraße natürlich nicht fahren, und das sollte eigentlich auch für die „mit aufenthaltsqualitätssteigernden Maßnahmen wie Pflanzbeeten oder Sitzmöglichkeiten aufgewerteten“ Sommerstraßen gelten, die „insbesondere auch von Kindern zum Spielen genutzt werden“ sollen, wie es in einer Mitteilung der Senatsverwaltung für Umwelt heißt.

„Eingeengte Fahrbahn“

Die Wirklichkeit ist dann bei genauerem Hinsehen recht ernüchternd: Gerade mal drei Straßenabschnitte sind es, die da kommen und Klimaresilienz erzeugen sollen. Der längste auf der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg ist 75 Meter lang, der kürzeste in der Schöneberger Steinmetzstraße 30 Meter. Auf dem mittleren (50 Meter, Ackerstraße, Mitte) dürfen sogar noch Autos fahren, wenn auch auf einer „eingeengten Fahrbahn“.

Die Maßnahme – eine der letzten, die die grüne Senatsverwaltung auf den Weg bringt – wirkt zaghaft und unausgereift

Kein Wunder ist, dass die drei Straßen in Bezirken liegen, wo grüne StadträtInnen das Sagen haben. Sie haben sich auf den Appell der Senatsverwaltung hin gemeldet, um an dem Pilotvorhaben teilzunehmen, nur in zwei Fällen schafften sie es allerdings, wie eigentlich gefordert, lokale Initiativen für die Betreuung dieser Erholungszonen zu gewinnen – in Charlottenburg wird nun einfach die ohnehin geplante Verlängerung der Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße um einen halben Häuserblock vorgezogen.

Ob die Mittagshitze in den „Sommerstraßen“ besser erträglich ist, wird sich zeigen müssen. Die Umweltverwaltung räumt ein, dass sie sich lediglich von den Hochbeeten einen kühlenden Verdunstungseffekt „in kleinem Maßstab“ verspricht – im Vordergrund stehe die Verbesserung der Aufenthaltsqualität.

Wie dem auch sei, die Maßnahme – eine der letzten, die die grüne Senatsverwaltung auf den Weg bringt, bevor in Kürze aller Voraussicht nach die CDU das Ressort übernimmt – wirkt zaghaft und unausgereift. Ob solche Projekte unter Schwarz-Rot überhaupt noch gefördert werden, ist die Frage, da hätte man auch mal richtig klotzen können. Ideen wie die temporäre Sperrung der von den Nazis monumental verbreiterten Autoschneise durch den Tiergarten (der Straße des 17. Juni) gibt es längst. Mit ein paar Planschbecken und Liegestühlen würde daraus ein sommerliches Paradies. Aber vielleicht muss es dazu eben erst noch ein bisschen ­heißer werden.

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Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.
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5 Kommentare

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  • Was z.B. in andalusischen Altstädten für Kühlung sorgt, ist die sehr enge Bebauung, wodurch die (ebenso engen) Straßen und Gassen im Schatten liegen, was wegen des Temperaturunterschiedes zu den wenigen sonnigen Plätzen auch zu einem Luftzug führt. Auf Hochbeete ist man in den Ländern, die schon immer mit sehr heißen Sommertemperaturen klarkommen mussten, jedoch noch nicht gekommen.

  • Schön, dass es diesen Versuch geben wird. Er wird hoffentlich scheitern und solche Projekte werden hoffentlich ad acta gelegt. "Sommerstraßen" sind nun wirklich der letzte Versuch aus der grünen Trickkiste. Selbst da, wo es wirklich warm ist käme man nicht auf eine so dumme Idee.

  • Die Gutbetuchten , die im Grünen wohnen,in einem energetisch korrekten Rahmen, spendieren für kurze Zeit einige Bäumchen in Kübeln.



    Das macht auch meine Stadt , sogar CDU geführt.



    Läuft unter Volksveräppelung. In einem anderen Stadtteil wird gerade ein Wald abgeholzt für exclisives wohnen.

  • Die Straße des 17. Juni muss doch nicht gesperrt werden, man hat doch schon den Tiergarten drumherum zur Erholung. Finde den Vorschlag noch wenig überlegter wie die kritisierte Umsetzung der Erholungszonen. Die finde ich okay und denke, die CDU sollte das nicht kippen.

  • Wenn das alles ist, was grün regierten Bezirken eingefallen ist bezüglich kommender Hitzen..., sorry, dann ist es gut, dass sie abgewählt wurden!



    Aber die Damen und Herren wohnen sicher selbst in ohnehin angenehmeren Gefilden!