apokalypse der woche
: Legalisierung des Containerns gescheitert

Die Bundesländer konnten sich nicht darauf einigen, Strafverfahren bei leichten Fällen des Containerns regelmäßig einzustellen. Im zuständigen Länderausschuss kam keine Einstimmigkeit zustande. Damit ist auch ein Vorstoß von Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) gescheitert, die eine derartige Lösung empfohlen hatten.

Als Containern bezeichnet man die Entnahme von Lebensmitteln aus den Abfallcontainern der Supermärkte. Manche Aktivisten sprechen auch von „Lebensmittelrettung“. Bisher ist Containern allerdings als Diebstahl strafbar. Lebensmittelverschwendung steht auch deshalb in der Kritik, weil sie Auswirkungen auf das Klima hat: Laut dem Umweltbundesamt ist die Landwirtschaft in Deutschland für 7,4 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, vor allem durch die massenhafte Tierhaltung und den starken Einsatz von Düngern. Eine im Fachmagazine Nature Food veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass weltweit insgesamt 9,3 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente auf Abfälle und Verluste in der Lebensmittelproduktion zurückgehen.

Hamburgs grüne Justizsenatorin Anna Gallina hatte schon vor zwei Jahren vorgeschlagen, dass Staatsanwaltschaften Strafverfahren wegen Containerns jeweils wegen Geringfügigkeit einstellen sollen – zumindest wenn bei der Wegnahme einerseits keine Sachbeschädigung und kein größerer Hausfriedensbruch stattfand und andererseits der Verzehr der Lebensmittel „keine Gesundheitsgefahren“ auslöste. Das sollte bundeseinheitlich in den „Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren“ (RiStBV) verankert werden, so der Hamburger Antrag. Die RiStBV ist eine gemeinsame Verwaltungsvorschrift der Länder, die für die Staatsanwaltschaften verbindlich ist.

Die Minister Buschmann und Özdemir haben den Hamburger Vorstoß im Januar ausdrücklich unterstützt: „Der Antrag bietet aus unserer Sicht eine erwägenswerte Lösung auf Ebene des Verfahrensrechts“. Die Unterstützung hatte für sie den Vorteil, dass sie nicht selbst mit einer Bundesgesetzgebung aktiv werden mussten.

Die RiStBV-Richtlinien werden von einem Ländergremium beschlossen, dem sogenannten RiStBV-Ausschuss. Dieser diskutierte den Antrag und setzte den Ländern eine Frist für schriftliche Stellungnahmen bis Mitte März. Das federführende Land Hessen gab nun bekannt, dass die erforderliche Einstimmigkeit für die Änderung der RiStBV nicht zustande kam. Wie viele Länder gegen den Antrag stimmten, könne nicht mitgeteilt werden, der Ausschuss mache seine Abstimmungsergebnisse nie öffentlich.

Hessen Justizminister Roman Poseck (CDU) sagte: „Der Ball liegt nun wieder beim Bund. Dieser sollte seiner Verantwortung gerecht werden und als zuständiger Gesetzgeber eine einheitliche Handhabung des Strafrechts sicherstellen.“ Tatsächlich kann nur der Bundestag das Strafgesetzbuch ändern. Poseck würde eine teilweise Entkriminalisierung begrüßen: „Die Frage, ob Fälle des einfachen ‚Containerns‘ strafwürdig sind, ist berechtigt.“

„Der Ball liegt nun wieder beim Bund“

Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU)

Der zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ließ ausrichten, er habe das Scheitern des Hamburger Antrags „zur Kenntnis genommen“. Eine Initiative für eine Beschränkung des Diebstahls-Paragrafen im Strafgesetzbuch ist derzeit nicht geplant. Das Ministerium verweist nur vage auf die geplante Modernisierung des Strafrechts, bei der etwa die Strafbarkeit des Schwarzfahrens geprüft werden soll. Christian Rath

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