: Noch immer in Verantwortung
Beim Besuch von Außenministerin Baerbock im Irak war das Schicksal von Jesid:innen zentrales Thema
Aus Bagdad Lisa Schneider
„Mein Besuch ist auch ein Signal: Deutschland meint es ernst mit einer engeren Zusammenarbeit“, erklärt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Dienstag in Bagdad, der Hauptstadt des Irak. Neben ihr steht mit ernster Miene ihr irakischer Kollege Fuad Hussein.
In vielem sind sich die beiden einig: Man wolle enger zusammenarbeiten, vor allem in den Bereichen Sicherheit und Technologie. Gerade Ersteres ist kaum überraschend: Deutsche Waffen hätten geholfen, betont Hussein, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zurückzudrängen, die auf einem Teilgebiet Syriens und des Irak 2014 ein Kalifat ausrief. Und während Baerbock den Irak bereist, bilden deutsche Soldaten in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak Sicherheitskräfte aus.
Seit 2014 habe Deutschland, laut Baerbock, den Irak mit über vier Milliarden Euro unterstützt, um das Land nach dem Ende der IS-Herrschaft zu stabilisieren und Perspektiven zu schaffen. Die Miliz ging hart gegen andere Muslime vor, vor allem Schiiten, sowie gegen die Minderheiten der beiden Länder, etwa die christliche Gemeinde. Doch niemand, betont Baerbock, habe so viel ertragen müssen wie die Jesiden und Jesidinnen. „Was der IS der jesidischen Gemeinschaft angetan hat, der Versuch der völligen Vernichtung, Verschleppung, Versklavung – dafür gibt es ein Wort, das wir nicht leichtfertig benutzen: Genozid“, sagt sie. Nachdem die Weltgemeinschaft diesen Genozid, der direkt vor ihren Augen stattfand, nicht verhindert hat, habe sie jetzt eine gemeinsame Verantwortung.
Das Schicksal der Jesiden und Jesidinnen ist einer der zentralen Punkte, die auf Baerbocks Agenda ihrer viertägigen Reise in den Irak stehen. Ein weiterer ist eher durch die Blume zu verstehen: Irak liege in einer komplizierten Nachbarschaft, sagt sie. Und es sei wichtig, dass alle umliegenden Staaten die Souveränität Iraks respektieren. Welche Länder denn nun genau gemeint sind, spricht sie nicht direkt aus. In den Straßen Bagdads fallen aber immer wieder großformatige Poster auf, die iranische oder mit dem Iran verbundene Persönlichkeiten zeigen: etwa Qasim Soleimani, bis zu seinem Tod im Jahr 2020 durch eine US-amerikanische Hellfire-Rakete der Kopf der Al-Kuds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarden. Unter seinem Bild stehen Sätze wie „Das Blut unserer Märtyrer wird nie vergessen werden“.
Auf Nachfrage wird Baerbock dann doch konkreter: Das iranische Regime habe etwa mit seinen Raketenangriffen auf den Irak gezeigt, dass es nicht nur die eigene Bevölkerung brutal und rücksichtslos unterdrücke. „Für seinen Machterhalt setzt es die Stabilität der ganzen Region aufs Spiel.“ Hussein erklärte daraufhin etwas allgemeiner: „Wir respektieren die Souveränität anderer Länder – und bitten sie um dasselbe.“ Gemeint haben könnte er damit neben dem Iran auch die US-Armee, die Soleimani kurz nach seiner Ankunft am Flughafen Bagdad auf irakischem Boden ausschaltete.
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