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Konzerne und ihre KlimaversprechenIntransparent und wenig plausibel

Die Klimaziele der Unternehmen reichen bei weitem nicht, um die Erderhitzung zu begrenzen, so eine Studie. Zudem rechnen einige ihre Reduktionen schön.

Liegen der neuen Studie zufolge richtig: Greenpeace-Aktivist:innen prangern im September 2021 VW an Foto: dpa

Berlin taz | Es läuft gerade gut für die klimaschädliche Fossilwirtschaft: Multis wie Shell, BP und TotalEnergies haben ihre Jahresergebnisse vorgestellt und dabei von gigantischen Einnahmen berichtet. Die Nachfrage nach Öl und Gas war vor allem wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine groß, die Preise lagen hoch. Klimaschutz rückte auch bei 1,2 Grad Erderhitzung in den Hintergrund.

Der Ölkonzern BP will sogar sein Klimaziel anpassen – nach unten. Eigentlich hatte er versprochen, seine Ölförderung bis 2030 um 40 Prozent zu senken. Jetzt sollen es nur noch 25 Prozent sein.

Es sind aber nicht nur die unmittelbar klimaschädlichen Branchen, deren Versprechungen man mit Vorsicht begegnen muss. Das legt zumindest eine Studie des Thinktanks New Climate Institute und der Umweltorganisation Carbon Market Watch nahe, die an diesem Montag erscheint. Für den Corporate Climate Responsibility Monitor haben die Ex­per­t:in­nen die Klimaziele von 24 global agierenden Konzernen untersucht, die sich selbst als klimafreundlich darstellen.

Das Ergebnis: Die ausgerufenen Ziele passen nicht mit dem zusammen, was nötig wäre. In Summe wollen die untersuchten Unternehmen ihre Emissionen bis 2030 nur um 15 bis maximal 21 Prozent gegenüber 2019 senken. Zum Vergleich: Um die Grenze von 1,5 Grad Erderhitzung nicht zu überschreiten, müssten die globalen Emissionen sich in diesem Zeitraum laut Weltklimarat IPCC ungefähr halbieren. Hinzu kommt laut der Analyse, dass die Ziele auch noch kaum mit tatsächlichen Maßnahmen unterlegt sind, also mit praktischen Veränderungen im Betriebsablauf.

Niemand ist bester

Der Monitor sortiert die Unternehmen in fünf verschiedene Kategorien von „hoher Integrität“ bis „sehr niedriger Integrität“ ein – je nachdem, wie transparent und vor allem plausibel ihre Klima-Versprechen sind. In die beste Sparte hat es kein einziger Konzern geschafft. In der zweiten Gruppe mit „passabler Integrität“ ist nur die dänische Reederei Maersk. Die US-amerikanischen Tech-Riesen Apple, Google und Microsoft sowie etwa der schwedische Textilkonzern H&M sind alle in der mittleren Kategorie gelandet – „mäßige Integrität“. Dort findet sich auch der deutsche Industriekonzern ThyssenKrupp.

Andere Unternehmen mit Sitz in Deutschland haben schlecht abgeschnitten, nämlich in der vorletzten Gruppe „niedrige Integrität“. Dort sammeln sich die Deutsche Post sowie die Autokonzerne Mercedes-Benz und Volkswagen. Dasselbe Niveau haben die Ex­per­t:in­nen zum Beispiel dem US-Onlinegiganten Amazon attestiert.

Beliebtes Greenwashing

Die Untersuchung enttarnt auch einige Rechenspielchen, etwa in Bezug auf Ankündigungen der Unternehmen, in einigen Jahrzehnten klimaneutral sein zu wollen. Dazu muss man ins Kleingedruckte gucken, heißt es. Ein oft genutzter Trick ist es demnach beispielsweise, das Versprechen nicht auf die gesamte Lieferkette zu beziehen, obwohl das nötig wäre. Rechnet man die ein, streben die Unternehmen laut der Untersuchung im Durchschnitt nur Treibhausgas-Reduktionen um 36 Prozent an – statt 100 Prozent, wie es das Wort Klimaneutralität impliziert.

Ähnlich war der Corporate Climate Responsibility Monitor auch schon im vergangenen Jahr ausgefallen, als er erstmals erschien. „Zu einer Zeit, in der Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck beichten und senken müssten, nutzen viele lieber vage und irreführende Versprechen von ‚Klimaneutralität‘, um ihre Marke zu greenwashen, während sie eigentlich weitermachen wie bisher“, kritisierte Sabine Frank, Chefin von Carbon Market Watch.

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