Bundesfinanzhof zum Solidaritätszuschlag: Wann kommt der Ukraine-Soli?

Laut Bundesfinanzhof kann der Soli bleiben. Das Urteil hat Potenzial: Die Wiedervereinigung ist nicht die einzige Belastung für den Bundeshaushalt.

Wolfgang Kubiki mit einer Fliege in den Farben der Ukraine

Solidarität darf auch etwas kosten, Herr Kubicki (FDP)! Hier auf dem Bundespresseball in Berlin 2022 Foto: Christoph Soeder/dpa

Der Solidaritätszuschlag ist nicht verfassungswidrig und kann bleiben. So hat jetzt der Bundesfinanzhof (BFH) in München entschieden. Das überraschende Urteil eröffnet Perspektiven für die Finanzierung anderer Sonderlasten.

Vor dem Münchner Richterspruch war weithin damit gerechnet worden, dass der BFH den Soli nach fast 30 Jahren als nicht mehr verfassungskonform einstuft und das Bundesverfassungsgericht um Prüfung bittet. So sah es jedenfalls der überwiegende Teil der Rechtswissenschaft. Auch die mündliche Verhandlung im Dezember deutete kein anderes Ergebnis an. Es sprachen nur die Kläger. Niemand verteidigte den Soli, der zuständige Finanzminister Christian Lindner (FDP) zog sich sogar demonstrativ aus dem Verfahren zurück. Und die Richter stellten keine Fragen.

Nun aber hatte der BFH doch keine verfassungsrechtlichen Einwände gegen den Soli, und das ist auch überzeugend. Denn natürlich bestehen noch vereinigungsbedingte Sonderlasten und natürlich ist es sozial gerechtfertigt, wenn Reiche dafür stärker zur Kasse gebeten werden als Normal-Steuerzahler:innen. Auf diesem Gedanken beruht das ganze Steuerrecht.

Allerdings sorgen heute ganz andere Sonderlasten für Haushaltsprobleme. Auch diese treffen ganz überwiegend den Bund: Die Bundeswehr muss saniert werden, Energiekosten werden gedeckelt, die Ukraine muss irgendwann wieder aufgebaut werden. Auch hierfür kann der Bund eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer einführen. Sicher wird es bald entsprechende Diskussionen geben. Und wie der BFH nun bestätigt hat, können solche Sonderlasten auch ausschließlich den Besserverdienenden auferlegt werden.

Allerdings sollte man sich keine Illusionen machen. Der aktuelle Reichen-Soli bringt pro Jahr nur 11 Milliarden Euro – ein Klacks bei einem Gesamtsteueraufkommen von 833 Milliarden Euro im Jahr (2021). Finanzminister Lindner wird wohl trotzdem dagegen sein. Die sozialverträgliche Finanzierung von Sonderlasten ist nicht seine Priorität.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

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