Fake-Hauptmieter und Untermietverträge: Wachgeküsst vom Untermieter
Das Amtsgericht Kreuzberg hat über das dubiose Immobilien-Konstrukt Dornröschen GmbH verhandelt. Es ging um Schattenmietverträge und falsche Hauptmieter.
BERLIN taz | Das hatte sich der Eigentümer hinter der Immobilienfirma „Dornröschen Immobilien GmbH & Co. KG“ sicher anders vorgestellt: Das Firmenkonstrukt, in dem wohl vor allem märchenhafte Rendite schlummert, wurde wider Willen wachgeküsst – von widerspenstigen Untermietern, die sich gegen eine Räumungsklage in der Kreuzberger Admiralsstraße wehren, und dazu noch vor Publikum.
Ob des großen Interesses platzte am Dienstag der Saal 252 im Amtsgericht Kreuzberg aus allen Nähten: Journalist*innen waren da, sogar das Fernsehen, zudem die Linken-Abgeordnete Elif Eralp, ein Mitarbeiter der SPD-Staatssekretärin Cansel Kiziltepe, die Grünen-Bezirksabgeordnete Maria Haberer. Nicht zuletzt interessierten sich mehrere betroffene Mieter*innen für den Fall, über den die taz erstmals vor rund einem Jahr berichtete. Der Richter ließ die Verhandlung kurzerhand in einen größeren Saal verlegen.
Die Zuschauer*innen waren Zeugen eines unwürdigen Spektakels: Der Eigentümer-Anwalt Ulf Tilo Kellner warf mit Nebelkerzen um sich, lenkte permanent mit Wortklaubereien vom eigentlichen Streitgegenstand ab und warf der Gegenseite Falschbehauptungen vor. Und als die Güteverhandlung weitgehend ergebnislos beendet wurde, suchte der Anwalt derart schnell das Weite, dass Journalist*innen keine Frage stellen konnten.
Hinwegtäuschen wollte der Immobilienanwalt offenbar über die Masche, mit dem die Dornröschen GmbH systematisch das Mietrecht aushebelt. Der mutmaßliche Trick: Der Vermieter setzt einen Strohmann als Hauptmieter ein, um die Wohnungen nur über Untermietverträge zu vergeben. Der Vorteil: Untermieter*innen haben kaum Rechte, lassen sich leicht kündigen und Untermietverträge lassen sich befristen.
„Kriminelle Machenschaften“
Die Betroffenen Moritz M. und Irina R. wehren sich bislang recht effektiv gegen die Räumungsklage, auch weil sie mittels Privatdetektiv nachwiesen, dass der angeblich im Ausland lebende Hauptmieter niemals im Haus gewohnt hat und offenkundig auch nie vorhatte, dorthin zu ziehen. Der nämlich wohnt im Einfamilienhaus in Blankenfelde und arbeitet wohl nicht ganz zufällig in der Firma des Eigentümers.
Nachdem das Pärchen die Mietpreisbremse gezogen hatte, sollte es noch rausgeschmissen werden. Und nun plötzlich, kurz vorm zweiten Prozesstermin am Dienstag, hat ihnen Dornröschen sogar 50.000 Euro angeboten, damit sie Ende März ausziehen. Doch die Untermieter fordern weiter einen langfristigen Mietvertrag und wollen notfalls in die nächste Instanz ziehen.
Die Linken-Abgeordnete Elif Eralp sagte am Ende der Verhandlung vor dem Saal: „Aus meiner Sicht offenbaren sich hier kriminelle Machenschaften: Die Eigentümer versuchen Profite über eine Strohmannkonstuktion zu machen“, so Eralp. Um künftig derartige Untermietkonstruktionen zu verbieten, müsse man das Mietrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch anpassen, forderte die Linke. Schlupflöcher wie diese müssten geschlossen werden.
Auch Cansel Kiziltepe, Kreuzberger SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Bauministerium, stellte sich nach der Verhandlung an die Seite der Mieter*innen in der Admiralsstraße. Kiziltepe sagte der taz: „Ich bin empört über die Dreistigkeit, mit der die Hauseigentümer geltendes Mietrecht für den eigenen Vorteil untergraben.“ Durch das Untervermietungs-Konstrukt würden Milieuschutz, Mietpreisbremse und andere Schutzvorschriften systematisch ausgehebelt. „Mit dieser Methode dürfen Vermieter in Berlin und im ganzen Land nicht durchkommen!“ so Kiziltepe, „die gerichtliche Aufarbeitung ist dringend notwendig.“
Leser*innenkommentare
Christoph Strebel
Warum bietet der Eigentümer 50000 Euro, um einen Mieter loszuwerden, damit man an den nächsten teurer vermieten kann? Um dieses Geld durch den nächsten Mieter zu bekommen, muss die Lage und die Qualität der Haustechnik wirklich 1A sein. Oder die Wohnung ist sehr groß.
Sonntagssegler
Ich bewundere die Untermieter, die sich den Kampf antun.