Rassismus in Deutschland: Lektüre für Faeser und Merz

Nicht nur Silvester zeigt, dass rassistische Diskurse hierzulande häufig sind. Auch der Bericht der Bundesregierung weist auf den strukturellen Rassismus hin.

Eine Uhr auf einer Straße zeigt Mitternacht, im Hintergrund Feuerwerk

Schon nicht mehr fünf vor zwölf: Silvester in Berlin Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

Deutschland hat ein Rassismusproblem. 90 Prozent der Menschen hierzulande wissen, dass es so ist. Noch besser wäre es, diese 90 Prozent würden Rassismus jederzeit entschieden entgegentreten.

Die Antirassismusbeauftragte Reem Alabali-Radovan hat nun einen Lagebericht Rassismus vorgelegt und mehr Unterstützung und Professionalisierung für die Selbstorganisation von Mi­gran­t*in­nen versprochen. Das ist gut und überfällig – Rassismus ist kein Privatproblem, und mit ihm umzugehen darf nicht in erster Linie das Ehrenamt der Betroffenen sein. Vielmehr ist es die Pflicht des Staates, Menschen vor Diskriminierung, vor Gewalt und Benachteiligung zu schützen. Insofern ist es essenziell, dass sich die Bundesregierung dieses Themas mit aller Ernsthaftigkeit annimmt.

Alabali-Radovan sagt zu Recht: Rassismus ist auch, aber eben nicht nur ein Problem in Form von Gewalt oder Beleidigungen. Rassismus ist strukturell. Er bedeutet, dass manche Menschen in diesem Land weniger Chancen haben als andere, ihnen andererseits aber häufiger mit Ressentiment oder gar Repression begegnet wird.

Viele Ex­per­t*in­nen haben in den vergangenen Tagen darauf hingewiesen, dass wir auch darüber sprechen müssen, um Geschehnissen wie in der Silvesternacht vorzubeugen. Gleichzeitig hat die Debatte gezeigt, wie gerne viele Menschen in diesem Land noch immer auf rassifizierende und stigmatisierende Erzählungen zurückgreifen, um solche Probleme mal eben zu denen „der Anderen“ zu erklären, statt sich mit gesamtgesellschaftlichen Versäumnissen zu beschäftigen.

Das gilt für Äußerungen wie die des CDU-Vorsitzenden Friedrich März über „kleine Paschas“ genauso wie für die der SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser, wenn sie die Silvesterausschreitungen zu einem „großen Problem mit bestimmten jungen Männern mit Migrationshintergrund“ erklärt. Insofern sei auch der Bundesregierung geraten, sich den rund 100 Seiten starken Bericht in aller Demut genau anzusehen, statt sich den Antirassismus nur groß auf die Fahne zu schreiben.

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leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.

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