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Gaspreis-Begrenzung in der EUEin Deckel, der nicht deckelt

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Der Gaspreisdeckel ist ein typischer EU-Kompromiss, auch Robert Habeck kann ihn als Teilerfolg verkaufen. Doch Erneuerbare kommen zu kurz.

Kompromiss für den Gaspreis erzielt Foto: Mirage/getty

F ür das Klima wäre es gut, wenn die LNG-Tanker zu Hause blieben. Die Erderwärmung hatten die EU-Energieminister aber nicht im Sinn, als sie nun nach viel Hü und Hott den Gaspreisdeckel beschlossen. Er soll bewirken, dass mit Flüssiggas gefüllte Schiffe aus Norwegen, Katar oder den USA nicht vor Europas Küsten abdrehen, weil sie hier keinen guten Preis bekommen. Folge: Der Gaspreisdeckel deckelt gar nicht richtig.

Er ist nur noch ein Notfallinstrumentchen, falls die Gasmärkte wie im Sommer verrückt spielen. Bevor an Europas Großhandelsplätzen für Gas die Obergrenze von 180 Euro pro Megawattstunde greift, muss einiges zusammenkommen: Zwei EU-Behörden müssen dem Ganzen noch zustimmen, Flüssiggas muss am Weltmarkt im Schnitt mindestens 35 Euro günstiger sein als in Europa, die EuropäerInnen müssen weiter kräftig Gas sparen, das Handelsvolumen darf insgesamt nicht sinken – und die Deckelhöhe ist im Vergleich zum aktuellen Preis von über 100 Euro immer noch ziemlich üppig.

So ist der Deckel ein typischer EU-Kompromiss: Die Deutschen nickten ihn für den diplomatischen Frieden ab. Der zuständige grüne Minister Robert Habeck kam mit seinen Befürchtungen, dass ein effektiver Deckel im Zweifelsfall die Energiesicherheit gefährden kann, glatt durch. Und steht trotzdem nicht als Europa-Schurke da. Auch die Deckel-Lover in der EU können mit erhobenem Haupt nach Hause kommen: Von Spekulanten angeheizte Preisspitzen von bis zu 340 Euro pro Megawattstunde – künftig passé.

Also alles ein weiteres EU-Bürokratie-Monster? Möglicherweise. Immerhin einigten sich die EnergieministerInnen aber auch noch auf einen teilweise gemeinsamen Gaseinkauf, damit ein Bieterwettstreit die Preise nicht treibt. Sie verkürzten Genehmigungsverfahren für Solarpanele und Wärmepumpen. Und sie vereinfachten Umweltverträglichkeitsprüfungen. Das klingt gut. Weniger gut ist, dass sie das Ziel für Erneuerbare im EU-Energiemix nicht erhöhten. Bis 2030 soll es bei 40 Prozent bleiben. Dabei wäre der Erneuerbaren-Turbo das einzig wirklich wirksame Mittel gegen teures Gas.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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5 Kommentare

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  • Ein Deckel, der oberhalb des Preises vor Einführung des Deckels liegt, bzw. vor Beginn der Diskussion darüber, wirkt trotzdem sofort preisdämpfend, besonders auf den Future-Märkten. Er mindert die Risiken dadurch dass es später noch zu größeren Verknappungen und in der Folge deutlichen Preisanstiegen kommen könnte. Muss man diese nicht einkalkulieren, kann man Gas preisgünstiger anbieten.

    Zugleich wirkt er Sparanreizen entgegen. Die Subventionsschulden über 200.000.000.000,00 für Vielverbraucher von Erdgas dürfen weitaus schädlicher wirken.

  • 6G
    666757 (Profil gelöscht)

    „ Bis 2030 soll es bei 40 Prozent bleiben.“

    So wird nun auch dem letzten Bundesbürger klar, mit welchen Fantasieklimazielen deutsche Politiker Clown spielen: www.ardalpha.de/wi...missionen-100.html

    Wer jetzt noch auf den ganzen Schwindel reinfällt, ist selber schuld.

  • Das ist Ampel-Politik. Große Verkündigungen, aber wissend, dass die Konzepte nicht wirken oder aus Kapazitätsgründen nicht umsetzbar sind. Ich hatte gedacht die CDU/CSU seien Windmacher, aber das ist ja noch viel schlimmer!

  • "Der zuständige grüne Minister Robert Habeck kam mit seinen Befürchtungen, dass ein effektiver Deckel im Zweifelsfall die Energiesicherheit gefährden kann, glatt durch."



    Was Habeck da reitet? Wenn eine Marktmacht wie die EU sagt sie kauft nicht, dann ist das ein Wort, beliebig groß ist der Markt für hochpreisiges Erdgas nämlich auch nicht.



    Ersatzkäufer müssten solvent sein und die dann überschüssige Menge, die die EU nicht abnimmt sofort abnehmen, wenn das nur langsam passiert, sinkt der Preis.



    Damit der Preis hoch bleibt, müssen die Tanker, die die EU nicht anlaufen sofort andere solvente Käufer finden. Das kann zumindest bezweifelt werden.



    Dem vorzubeugen und eine solche Situation durchzustehen würde auch der Ausbau der Speicherkapazitäten helfen, bei Hochpreisen kauft man nicht oder nur zum gedeckelten Preis, wenn die Tanker nur lang genug ihre Runden gedreht haben, kommen sie schon wieder. Der Markt ist nicht unersättlich.



    Wenn ein solventer Großkunde aussteigt, senkt das die Nachfrage und dann den Preis. Wenn man allerdings unvorbereitet in solch eine Situation geht, dann geht der Schuß nach hinten los. Vielleicht denkt Habeck daran? Einsicht in politische Realitäten?

    • @nutzer:

      Wenn nicht genug Gas im Verhältnis zur Nachfrage bei dem reduzierten Preis ankommt, muss das ja irgendwie rationiert werden. Bereits dadurch wird die Energiesicherheit gefährdet.

      Kluge Köpfe hatten dazu eine Importabgabe vorgeschlagen (Importpreise niedrig, Nachfrage auch niedrig), gemacht wurde eher das Gegenteil.