Die Wahrheit: Heldentod der schwäbischen Hausfrau
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über das Mammut des Sparens erfreuen.
Weh, weh, weh! Die schwäbische Hausfrau ist tot!
Verzweifelt verendet vor Lidl-Regalen,
der Hoffnung beraubt auf ein Sparangebot,
starb sie nach der Frage: „Wer soll das bezahlen?“
Zu teuer die Zutat für Mus und Gelee,
fürs Sauerkrautstampfen, fürs Selbsteingemachte,
geschweige denn Hering und Bücklingfilet,
auch zählte nichts mehr, was den Treuepunkt brachte.
Wie traurig der Anblick der sparsamen Frau!
Im Kühlregal wühlend ins Eisfach geraten,
und kurz vor Filialschluss kam es dann zum Gau
unter Fertiggerichten und Schweinebraten.
Wie rettet nun Lindner den Bundesetat,
wo sie, diese Hausfrau, sein Vorbild im Geiste,
die stets auf den Füllstand des Sparstrumpfes sah,
dem Spartriebe folgend im Kühlfach vereiste?
Die Staatstrauer dauert in Stuttgart noch an.
Die Suche von Kretschmann nach preiswerten Kränzen
mit wiederverwendbaren Namen daran
setzt Trauer und Würde jedoch enge Grenzen.
Die Wahrheit auf taz.de
Leser*innenkommentare
Isabel Vortkamp
So ist sie nicht gestorben,
die tapfere Frau.
In Wahrheit ist sie nämlich ne coole Sau!
"Wer einfrieren kann muss auch auftauen können!"
Sie wird sich nicht einmal den Tod hier gönnen.
Zombigleich entstiegen dem Speiseeis
sieht sie "Vanille mit Cookies" zum Wucherpreis.
Mit teuer kann sie sich echt nicht vereinen,
wäre nicht mehr mit sich im Reinen,
ließe sie zu, dass der Luxus sie kriegt
und über ihre spar-arme Gesinnung siegt.
Mit Tupperteigkratzer schabt sie ihr Leben,
was kann es für Schwaben schöneres geben,
aus dem Glas in das sie eingemacht ist.
Sie feixt nicht einmal ob dieser List.
Sie kann es, kennt jeden geizigen Move,
schützt damit sicher den guten Ruf
aller Haus- Schwaben- Frauen
und deren Notgeburt,
die den Gürtel stets haben enger gezurrt.
Wenn sie ablebt, bleibt nicht viel Rest
denn das hasste sie immer wie die Pest:
"Iss auf, die Wurst!" befahl sie dann
dem Heimkonsumenten, der einst ihr Mann.
Sie stirbt aus, ihre Gattung, das ist klar,
und weil Gas ist in Deutschland heute rar,
stellt sie ihre Reste, flüssig und fein,
als Heizenergie bei Ebay noch ein.
Die Politik kondoliert mit erhobenem Kopf:
"Nehmt euch ein Beispiel an dieser Frau!
Der Bürger greift bitte in den eigenen Topf,
dann wird der Winter auch nicht rau."
Martin Rees
HISTORISCH NICHT IMMER WAREN
HÖCHSTE ZIELE DIE MIT SPAREN
/
Nicht nur die es nötig haben,
Ob in Ober-/ Unterschwaben,
Üben sich bei starkem Reiz
Zu verbessern durch den Geiz.
/
Anderswo gibt es ein Prahlen,
So im Rheinland beim Bezahlen,
Macht mensch Leute sich gefügig,
Ist dazu richtig großzügig.
/
Gilt es oft etwas zu feiern,
Muss aus dem Kreuz niemand leiern
Zum Zweck des Allgemeinwohle
Die erforderliche Kohle.
/
Manchmal sitzt das Geld recht lose
In der vollen Spendierhose,
Mäzenatentum ist richtig
In der Gemeinde sehr wichtig.
/
Da man sich lang auch schon kennt
Und beim Vornamen sich nennt,
Hilft man sich, dass es auch fluppt,
Schätzt das nicht ein als korrupt.
/
Klüngel etwa in Cologne
Bringt dem Mäzen dann auch schon
Hier und da im Karneval
Einen neuen Auftragsfall.
/
Leben und auch leben lassen,
Ab und zu dann mal krass prassen,
"Im Jenseits da kannste sparen"-
Wenn die Jahre hier fett waren.
/
Und die Lehre vom Gedicht:
Bimbes-Freunde sparen nicht.
Schäuble unter Kanzler Kohl
War daher oft nicht ganz wohl.
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taz.de/!659388/
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taz.de/Kolumne-Kapitalozaen/!5418994/
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taz.de/Volksverdum...hoch-zehn/!261637/
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November 2022, MR
Nicki Müller
Schaffe, schaffe Häusle baue,
sagte die schwäbische Maid.
Tat nach Angeboten schauen
und dann tat sie sich sehr leid:
-
„Billig gibt es heut nix mehr,
nichts kann mein Gemüt erhellen
wo krieg ich was zu essen her,
könnt den Hund verkaufen, selber bellen.
-
Der Nachbar könnte bei mir wohnen.
Gegen Bares, ist doch klar!
Das könnte sich für mich doch lohnen
und manche Wünsche würden wahr.
-
Ich müsste mich nicht mehr verrenken,
um in Tiefkühltruhen einzutauchen,
würde schonen die Gelenke
und könnt in Ruhe eine rauchen.
-
Ach es schwirren die Gedanken,
kann sie gar nicht richtig fassen.
Werd' daran aber nicht erkranken,
werd' mich einfach treiben lassen.
-
Zur Not kommt Lindner dann zu mir
mit Köstlichkeiten, die ich ersehne.
Stellt sie ab vor meiner Tür
und ich geh‘ in Quarantäne.“
Martin Rees
@Nicki Müller VORURTEILE WURZELN TIEF IN SO MANCHEM NARRATIV
/
Was spart sie so ganz genau,
Diese schwäbische Hausfrau?
Ist es wie sonst auf der Welt-
Eher Bares, echtes Geld?
Oder darf mensch nicht vergessen
Dass es ging auch um das Essen?
In der Winterzeit beim Heizen
Konnte sie mit Kohle geizen.
Gab's daheim öfter auch Hiebe
Sparte sie dann wohl an Liebe.
Auf der Alb an manchen Orten
War Bedarf gering an Worten,
Aber Not an Arbeitskraft,
Daher sie 'im Bild' meist schafft.
Was sie kennt ist eher Buße
Als am Abend voller Muße
Sich dem Genuss hinzugeben
Und aus vollen Zügen leben.
Ob damit die Sparsamkeit
Wohl den Menschen hier befreit?
Oder kann sich selbst zu zwingen
Nachteile durch Geiz wohl bringen?
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taz.de/Hey-psst--h...e-uebrig/!5371521/
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www.faz.net/aktuel...frau-14333164.html
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taz.de/!817028/