NSU-Terroristin scheitert vor Gericht: Zschäpe bleibt in Haft

Das Bundesverfassungsgericht lehnt die Klage der NSU-Mittäterin ab. Das „rechtliche Gehör“ der verurteilten Terroristin sei nicht verletzt worden.

Beate Zschäpe knefit den Mund zusammen

Kann es nun noch in Straßburg probieren: NSU-Terroristin Beate Zschäpe (hier 2017 in München) Foto: Matthias Schrader/ap

FREIBURG taz | Ex-NSU-Terroristin Beate Zschäpe ist auch beim Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung zu lebenslanger Haft wurde wie erwartet abgewiesen.

Zschäpes Verurteilung als „Mittäterin“ verletze nicht ihre Grundrechte. Die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) verübte in den Jahren 2000 bis 2011 bundesweit zehn Morde. Das OLG München verurteilte Beate Zschäpe im Sommer 2018 hierfür als Mittäterin. Der Bundesgerichtshof lehnte 2021 Zschäpes Revision im schriftlichen Verfahren ab.

Damit war das Urteil rechtskräftig. Doch Zschäpe gab nicht auf und legte über ihre Anwälte Verfassungsbeschwerde ein. Im Kern ging es darum, dass sie nicht „Mittäterin“ sein könne, weil sie nie persönlich am Tatort war und nur „marginale“ Tatbeiträge geleistet habe. Der BGH habe vor allem auf Zschäpes Tatinteresse abgestellt. Mit einer derartigen „Überraschungsentscheidung“ habe Zschäpe nicht rechnen müssen. Der BGH hätte darauf vorab hinweisen und zumindest eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, so die Argumentation von Zschäpes Anwälten Mathias Grasel, Wolfgang Heer und Andreas Lickleder. Sie sehen Zschäpes Anspruch auf „rechtliches Gehör“ verletzt.

Zschäpe bleibt noch der Europäische Gerichtshof

Doch eine mit drei Rich­te­r:in­nen besetzte Kammer des Bundesverfassungsgerichts lehnte Zschäpes Klage ab. Die Entscheidung des BGH habe Zschäpes Grundrechte nicht verletzt. Der BGH sei von seiner bisherigen Rechtsprechung überhaupt nicht abgewichen und habe relevante Tatbeiträge durch Zschäpe festgestellt. So sei ihre Bereitschaft, am Ende der Mordserie das Bekennervideo zu verschicken, für die Gruppe „sinnstiftend“ gewesen. Außerdem habe Zschäpe für eine bürgerliche Fassade des Trios gesorgt und bei allen Taten „maßgebenden Einfluss“ auf die Planung und den Tatentschluss gehabt. Dass auch eine Einstufung von Zschäpe als „Gehilfin“ möglich gewesen wäre, mache den BGH-Beschluss nicht zur Überraschungsentscheidung.

Als letzte Möglichkeit verbleibt Zschäpe nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Zschäpes Anwälte Grasel und Heer wollen will dies prüfen. Die Entscheidung war mit 22 Seiten, auf denen überwiegend Selbstverständlichkeiten referiert wurden, unerwartet ausführlich. Viele Klagen werden in Karlsruhe ohne jede Begründung abgebügelt. So hatte jüngst der Polizeikritiker Basu in Straßburg mit einer Klage zu polizeilichem Racial Profiling Erfolg. In Karlsruhe war seine Verfassungsbeschwerde noch ohne Argument abgelehnt worden. Zschäpe sitzt seit elf Jahren im Gefängnis. Da in ihrem Fall eine „besondere Schwere der Schuld“ festgestellt wurde, kann sie nicht mit einer Entlassung nach 15 Jahren rechnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.