Tod eines Obdachlosen: Aufklärung gefordert

Obdachloser starb nach einem Polizeieinsatz mit Reizgas. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Beamten.

Obdachlose unter einer Brücke in Berlin

Obdachlose unter einer Brücke in Berlin Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

BERLIN taz | Der Aufruf zur Demo am 2. Juli ist mit den Worten überschrieben: „Aus Trauer wird Wut“. Veröffentlicht ist er auf der Website der A-Küche, einer autonomen Gruppe in Schöneweide. Daneben eine Zeichnung, die einen Mann mit Halbglatze und dunklem Vollbart zeigt. Es ist Marcel K.. Der 39-jährige Obdachlose war am 27. April, eine Woche nach einem Polizeieinsatz in Niederschöneweide, gestorben.

Polizei und Staatsanwaltschaft gaben am Dienstag in einer gemeinsamen Presserklärung bekannt, gegen zwei an dem Einsatz beteiligte Polizeibeamte sei ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge eingeleitet worden. Aus dem Obduktionsergebnis hätten sich Anhaltspunkte ergeben, die den Anfangsverdacht einer Straftat nicht ausschließen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Mona Lorenz, am Mittwoch zur taz.

Unmittelbar nach dem Einsatz, der laut Polizei am 20. April gegen 21.45 Uhr in einem Treppenhaus in der Brückenstraße stattfand, hatte die A-Küche schwere Vorwürfe gegen die Einsatzkräfte erhoben. Die Küche bezeichnet sich als autonome Gruppe, die in Schöneweide aus gespendeten Lebensmitteln „für alle“ kocht, „weil wir Anarchismus irgendwie verstanden haben“.

Den Obdachlosen Marcel K. haben die Köche offenbar persönlich gekannt. Den Hergang des Polizeieinsatzes beschrieb das Küchenteam nach dem Vorfall im Netz so: Drei Obdachlose, einer davon „unser Nachbar“ – gemeint ist Marcel K. – hätten in einer Durchfahrt geschlafen, als sie von lauten Schreien geweckt worden seien. Zwei der Männer hätten sich sofort erhoben und seien Augenzeuge geworden, „wie unser Nachbar von einem der Cops liegend im Halbschlaf getreten wurde“. Danach habe der Cop an K.s verletztem Bein gezogen, woraufhin sich der gewehrt habe. Danach habe die restliche „Bullentruppe“ auf K. eingeschlagen und Pfefferspray eingesetzt. Aus der Ferne hätten die Zeugen noch gesehen, dass K. bewusstlos abtransportiert wurde.

In der Polizeimeldung war nach dem Vorfall von einem Einsatz wegen Hausfriedensbruch die Rede gewesen. Die drei Obdachlosen seien aufgefordert worden, das Treppenhaus zu verlassen. Einer der drei sei nicht gegangen, habe vielmehr eine Flasche nach den Einsatzkräften geworfen sowie nach ihnen geschlagen. Mittels des Einsatzes eines Reizstoffsprühgeräts sei es gelungen, den Mann zu fixieren. Der habe sich aber weiter gewehrt, plötzlich Atemnot erlitten und das Bewusstsein verloren. Die Polizeikräfte hätten umgehend Reanimationsmaßnahmen eingeleitet, ein Rettungswagen habe den Mann dann in ein Krankenhaus gebracht. Dort ist Marcel K. eine Woche nach dem Vorfall verstorben.

Die beteiligten Beamten sind dem Vernehmen nach weiter im Dienst. Dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung mit ­Todesfolge eingeleitet hat, sagt nichts über den Ausgang des Verfahrens aus.„Marcel starb an den Folgen des Angriffs der Cops“, heißt es indes in dem Aufruf zur Demo, die am 2. Juli um 18 Uhr in der Brückenstraße in Niederschöneweide starten soll. Angemeldet sind 50 Teilnehmer.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.