piwik no script img

Frankreich vor den ParlamentswahlenScheidung auf Französisch

Links in der Hauptstadt, rechts in der Provinz. Unsere Autorin beschreibt ein Land, das sich gründlich auseinandergelebt hat.

Streut Ressentiments, kommt damit aber gut an: Jean-Luc Mélenchon, hier am 12.Mai in Marseille Foto: Imago

In Frankreich gibt es zwei Orte an denen ich mich oft bei Verwandten aufhalte. Paris sowie Bandol, eine kleine Stadt am Mittelmeer. In Paris driften meine Freunde immer mehr nach links, in Bandol bin ich von rechtsextremen Nachbarn umzingelt. Eine Beobachtung, die kein Einzelfall ist. Vielmehr scheint sie symptomatisch für die extreme Polarisierung der französischen Gesellschaft, die die Demokratie bedroht.

Jede Kritik an der Linken wird als Rechts zurückgewiesen und umgekehrt. Es geht zumeist nicht mehr um bessere Argumente und Fakten, sondern darum, den politischen Gegner mit abgründiger Rhetorik und Demagogie zu erledigen. Über die Hälfte der französischen Wähler wählt inzwischen extrem.

Bandol befindet sich in einer der rechtsextremsten Regionen Frankreichs, Provence-Alpes-Côte d’Azur, abgekürzt PACA. In diesem verführerischen Paradies zwischen Riviera-Chic und provencalischem Charme ist es kein Tabu mehr, sich damit zu brüsten, den Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen zu wählen.

Wie der Sportclublehrer oder der Juwelier von Bandol. Letzterer lässt ununterbrochen den Nachrichtensender CNews laufen, eine Art französisches Fox News, der in einer Endlosschleife über Kriminalität in Frankreich berichtet. Marseille, 50 Kilometer von Bandol entfernt, ist oft in den Schlagzeilen. Die nördlichen Stadtteile, in denen viele Menschen mit Migrationshintergrund in heruntergekommenen Sozialbauten aus den 1960er und 1970er Jahren wohnen, gelten als gesetzlose Zonen, die von Drogendealern und bewaffneten Banden in Beschlag genommen wurden.

Rechts an der Côte d’Azur

In den kleinen touristischen und wohlhabenden Küstenstädten der Côte d’Azur ist davon nichts zu spüren. „Aber die Leute sehen im Fernsehen, was dort los ist und haben Angst, dass es hier auch passiert“, sagt ein Nachbar, pensionierter Notar. Islamistische Anschläge wie in Nizza während der Feierlichkeiten zum 14. Juli 2016 hätten Rassismus und Furcht vor dem Islam der Einwohner weiter verstärkt. Und manche lassen ganz ungeniert Dampf ab.

Wie etwa die pensionierte Franzö­sisch­lehrerin, die voller Hass von „dreckigen Moslems“ und „kleinen Negerlein“ spricht, als sie meine Mutter sieht. Dabei geben sich die RN-Wähler und Anhängerinnen Le Pens von der Politik oft resigniert. Nach dem Motto: „Wir haben es vergeblich mit Sozialisten, Konservativen und dann Macron versucht, uns bleibt nur noch Le Pen.“ Sie haben vergessen, dass die rechtsextreme Karte bereits schon einmal gespielt wurde. Und gekostet hat.

Bei den Kommunalwahlen 1995 und 1997 gewann der Front National (Vorläufer des RN) erstmals mehrere Städte. Alle gehörten zur PACA-Region. Es folgte ein politisches Desaster. In Vitrolles etwa wurde eine Prämie von 5.000 Franc für „französische Neugeborene europäischer Eltern“ ausgelobt. In Orange wurden Bücher von Autoren, die des „Kosmopolitismus“ bezichtigt wurden, aus der Stadtbibliothek entfernt.

In Toulon wurde schließlich der Bürgermeister wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Doch manche Wähler haben ein kurzes Gedächtnis, auch was ihre früheren Überzeugungen betrifft. Der pensionierte Notar beteuert, „immer ein linkes Herz“ gehabt zu haben. Jetzt aber wählt er rechtsextrem.

Französischer Lafontaine: Jean-Luc Mélenchon

Das akute Misstrauen gegenüber Institutionen und traditionellen Parteien hat in Frankreich zu einer gefährlichen Orientierungslosigkeit geführt. Nicht nur rechts, sondern auch links. Bis vor ein paar Monaten waren viele meiner eher links wählenden Pariser Freunde und Bekannte aus Kultur- und Medienkreisen keine Anhänger von Jean-Luc Mélenchon, dem Anführer der linksradikalen Bewegung La France Insoumise (LFI).

Er war ihnen zu anti-europäisch, zu populistisch. Ein Teil von ihnen hatte dennoch im ersten Gang der Präsidentschaftswahlen für ihn gestimmt. Vor allem in der Hoffnung, Le Pen so daran zu hindern, als Zweitplatzierte in die Entscheidungsrunde gegen Macron zu kommen. Vergeblich. Mélenchon erreichte nur den dritten Platz. Doch mit dem erstaunlich guten Ergebnis von 22 Prozent der Stimmen.

Auf den Wahlerfolg aufbauend, schaffte er es nun, verschiedene Parteien der notorisch zerstrittenen französischen Linken hinter sich zu sammeln: Kommunisten, Grüne und Sozialisten. Sie verständigten sich auf gemeinsame Positionen und den Namen Nupes („Neue ökologische und soziale Volksunion“). Und hoffen auf eine Mehrheit bei den jetzigen Parlamentswahlen, die Macron verpflichten würde, einen Premierminister aus ihren Reihen zu ernennen. Logischerweise Mélenchon.

Nach dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen, als die Sozialistische Partei auf 1,75 Prozent der Stimmen abstürzte und die Grünen bei 4,63 Prozent lagen, schien das geradezu unvorstellbar. Doch seit Mélenchon die strategische Meisterleistung des Bündnisses gelang, ist es für viele Sozialisten ein Tabu, ihn zu kritisieren. Auch in meinen Kreisen. Man schämt sich vielleicht ein wenig, mit ihm zu paktieren, den man vor Kurzem noch missbilligte. Aber man beruhigt sich und sagt, dass nur so die Linke gerettet werden könne.

Viele Versprechen

Auf den ersten Blick scheint dies tatsächlich nachvollziehbar. In einer Gesellschaft, die seit fünf Jahren von der Auseinandersetzung Le Pen gegen Macron dominiert wird, ist es ein Segen für die Demokratie, dass die Linke mit einer Fülle von Vorschlägen (insbesondere in den Bereichen Umwelt und Soziales!) nun wieder Teil der politischen Debatte ist.

Das sehr umfangreiche Programm der Nupes umfasst über 650 attraktiv klingende Vorschläge wie eine Verminderung der Treibhausgasemissionen um 60 Prozent bis 2030. Oder eine dringend notwendige Reform der Institutionen der V. Republik, um das Parlament zu stärken. Im sozialen Bereich will Nupes den Mindestlohn auf 1.500 Euro netto anheben, Arbeitszeiten auf 32 Wochenstunden reduzieren, das Rentenalter auf 60 Jahre senken und vieles mehr.

Nur, wie diese Maßnahmen alle finanziert werden sollen, in einem Land mit dem im Vergleich zu allen anderen OECD-Ländern höchsten Sozialausgaben und niedrigsten Rentenalter, bleibt ungeklärt. Führungskräfte der Nupes sagen dazu lediglich: Die Reichen sollen bezahlen. Unter anderem durch die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, die Macron abgeschafft hat. Wer auch immer mit „die Reichen“ gemeint ist, es wird kaum ausreichen. Es sei denn, Nupes setzt auf weitere Verschuldung, was wohl auch so ist.

Und dies, obwohl Frankreich bereits auf einem gewaltigen Schuldenberg sitzt. Im Jahr 2021 betrug die Staatsverschuldung Frankreichs rund 112,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für 2022 wird eine ähnliche Schuldenquote prognostiziert. Nupes will sich offenbar nicht an die von der EU festgelegte Schuldengrenze von 3 Prozent des BIP halten. Und sie will „zur Not“ wohl auch mit anderen europäischen Regeln brechen, falls diese ihrem Projekt im Weg stehen.

Ein lupenreiner Demokrat

Mit Sorge schauen die deutschen Sozialdemokraten auf das von Mélenchon geführte Bündnis. In Frankreich selbst kritisieren einige Sozialisten und Grüne die Zusammenarbeit mit Mélenchon. Der frühere Präsident François Hollande oder der Grüne Daniel Cohn-Bendit sehen die Gefahr einer populistischen Radikalisierung und einen Verrat an europäischen und sozialdemokratischen Werten. Mélenchon scheint tatsächlich ein zweifelhafter Demokrat zu sein.

Innerhalb seiner Bewegung gilt er als autoritär und cholerisch. Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn. Die antidemokratischen Tendenzen zeigen sich auch in seiner unverhohlenen Bewunderung für Diktatoren wie Hugo Chávez oder in seiner Verteidigung der Krim-Annexion durch Putin im März 2014; oder auch in seiner gewalttätigen Reaktion gegen französische Justizbeamte bei der Durchsuchung seiner Wohnung vor einigen Jahren.

Mélenchon ist zudem ein Nationalist, der gerne der EU und Deutschland die Schuld an allen Problemen Frankreichs gibt. Sein Buch von 2015 mit dem Titel „Der Bismarckhering – das deutsche Gift“ sprüht nur so vor Hass gegen Deutschland. Als Demagoge hat er mit dazu beigetragen, Macron zu dämonisieren und den Diskurs zu banalisieren, indem er Macron immer wieder auf eine Stufe mit Le Pen gestellt hat.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen sagte er, dass es für ihn auch als Premierminister „ziemlich zweitrangig“ wäre, ob er einmal mit Macron oder mit Marine Le Pen zusammenarbeiten werde.

Populisten gab es immer schon viele, aber wieso sind die Franzosen heute so anfällig für sie geworden? Verantwortung für die Entfremdung von der Demokratie tragen viele: Parteien und Politiker, die sich der populistischen Rhetorik bedienen, Medien, die mit Provokationen und Vereinfachung die Einschaltquoten hochtreiben.

Intellektuelle, die unfähig sind, überparteilich zu denken. Auch Macron, der mit seiner „Nicht links, nicht rechts“-Politik dazu beitrug, das traditionelle Parteienspektrum zu sprengen. Und nicht zuletzt ein präsidentielles Regierungssystem, das die vertikale Ausübung der Macht zulässt.

Doch vor allem verstehen viele Franzosen die Politik nicht mehr als eine des demokratischen Dialogs, sondern als erbitterten identitären Kampf. Sie verteidigen blind und unnachgiebig, fast schon religiös, ihre jeweiligen Lager, ohne sie zu hinterfragen. Ohne ehrlichen Austausch der Ansichten, ohne Respekt vor dem politischen Gegner und der Konsenssuche, die den Geist der Demokratie erst ausmachen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Rinks und Lechts im Hufeisen

    Zitat: „Jede Kritik an der Linken wird als Rechts zurückgewiesen und umgekehrt.“

    Eine bemerkenswerte Beobachtung, falsifiziert sie doch die obwaltende beliebte Legende von der Identität beider „Extreme“.

  • "Auch Macron, der mit seiner „Nicht links, nicht rechts“-Politik dazu beitrug, das traditionelle Parteienspektrum zu sprengen"



    Wobei Macrons Selbstdarstellung als nicht ideologisch sowieso nie richtig war. Macron ist im Wesentlichen ein klassischer Liberaler mit vereinzelten sozialen Punkten. Man kann ihm allerdings zu Gute halten, dass er nach den Gelbwesten-Protesten in puncto Sozialstaat ein paar Kurskorrekturen vorgenommen hat.

  • Bei Nupes ist auch die identitäre Linke vertreten.

    Die Identitären haben immer auch eine totalitaristische Ader.

    Was mich bei der identitären Linken sehr stören würde wäre deren Nähe zum Islamismus. Und die gemäßigte Linke das zu wenig kritisiert.

    Allerdings gibt es auch ein paar hervorragende Ausnahmen.

    Ein paar gute Links dzu aus der taz mit der klugen und mutigen Caroline Fourest und der FAZ mit einem Interview mit der französischen Philosophin Elisabeth Badinter und Alice Schwarzer :

    taz: Sagten Sie „Islam-Linke“?



    taz.de/Populismus-...lamismus/!5754686/

    taz: "Die beleidigte Generation"



    taz.de/Islamismus-...ie-Linke/!5723540/

    FAZ: „In Cafés sitzen keine Frauen mehr“



    www.faz.net/aktuel...smus-15333514.html

    Kommentar gekürzt.

    Die Moderation

  • Was ich an diesem Artikel von Géraldine Schwarz schade finde, ist, dass die politische Linke als extemistisch eingestuft wird, angeblich driftet Frankreich politisch in die Extreme ab. Damit gibt sie nichts anderes wieder, als das, was die politische Mitte, der neoliberale Kreis um Macron über die Linken und die Rechtsextremen denkt. Gerade bei den Linken würde ich das grundsätzlich ablehnen, diese als extremistisch zu bezeichnen.



    Marine Le Pen stellt unverholen dar, dass sie rassistische und pseudo-nationalistische Maßstäbe anlegen wird, um Menschen zu sortieren. So eine Partei wäre in Deutschland wahrscheinlich verboten, in Frankreich ist sie erlaubt, dann darf Géraldine Schwarz von mir aus die auch als extemistisch ansehen und das schreiben.

    Dann störrt mich an der Autorin, dass sie so tut, als ob die volkswirtschaftlichen und finanzpolitischen Daten wahr sind im Sinne einer Bibel, einer höheren Wahrheit. Das sind Zahlen, die gesellschaftlichen Verhältnisse und die soziale Siutation von Menschen in Frankreich zeigt auf, dass diese Regierung nichts unternimmt, um soziale Verhältnisse grundsätzlich zu verbessern. Im Gegenteil mit längeren Arbeitszeiten wird wie bei einer Salami sozialer Fortschritt wieder weggenommen. Das probierten auch andere rechte Regierunge zuvor, sie scheiterten. Macron hat mit seiner politischen Strategie jetzt die Chance, analog zu Deutschland Hartz-IV-Systeme, Rentenreformen und andere soziale Reformen durchzuführen, die nur dazu dienen, einen Teil der oberen Unterschicht und Mittelschicht einer idiotischen Sicht von Wettbewerbsdenken zu opfern. Deutschland hat mit seiner sozialen Schieflage keine Maschine, keinen Container mehr auf der Welt verkauft, es hat keine Fortschritte mit diesen Reformen gemacht. In Frankreich wird das genauso aussehen.

    Ich würde Melenchon heute wählen. François Hollande und Daniel Cohn-Bendit sollten das heute auch tun und nicht den Menschen Angst machen. Besonders Hollande sollte schweigen, bei allem Respekt.

  • Zur extremen Rechten in Frankreich.

    Auch hier verkürzt der Artikel, denn es gibt inzwischen neben dem "weichgespülten" Nationalismus Marine LePen's auch das faschistische Angebot Eric Zemmour. Dies hat dazu geführt, daß die in der Tat starke extreme Rechte in zwei Teile zerfallen ist. An dem Wahlergebnis der ersten Runde kann man schon ablesen, daß die rassistischen und fremdenfeindlichen Reflexe in der Wählerschaft keine Mehrheit finden.

    Wenn viele das Rassemblement National von Marine le Pen nicht mehr als "extrem" wahrnehmen, dann deshalb, weil sie sich auch seit 10 Jahren so darstellt. Und auch ich glaube, dass LePen in manchen Fragen progressiver ist als die traditionelle Rechte, etwa was die Gleichberechtigung von Männern und Frauen angeht. Ein seltsamer Mischmasch ist das.

    Auch wenn ich sehr erleichtert wird, dass das "Experiment RN" uns noch einmal erspart blieb, würde ich dem zustimmen, dass nicht jede Wählerin und jeder Wähler von Le Pen automatisch ein Rassist ist, wohl aber ein "Souveränist" ist, wie sich die Nationalisten hier in Frankreich nennen.

    Diese Leute aber unterscheiden sich in ihrer Arroganz kaum von den deutschen Bildzeitungslesern, von den Merzanhängern in der CDU usw. Beide Seiten übersehen wie wenig Gewicht Deutschland und Frankreich isoliert in der Welt haben und wie viel Gewicht sie zusammen und dann noch mit der EU haben können.

    • @Deutschfranzose:

      Marine will Menschen sortieren und 'Einwanderung' stoppen, das klingt alles andere als weichgespüllt.

  • Glückwunsch zu einem ausgezeichneten Kommentar, vor allem der letzte Satz.



    Leider wird hier in F viel zu wenig davon berücksichtigt.



    Macron hat anlässlich seiner ersten Wahl ein völlig kaputtes 2-Parteien System zerlegt, um dann die Hoffnung auf eine neue, demokratische Bewegung mit "la republique en marche" durch einen quasi religiösen Kult um seine Person ("Emmanuel" = der von Gott gesandte) mit mehreren Dutzend Produkten der ENA-Legebatterie (Elite Verwaltungshochschule, die auch Macron absolviert hat) ad absurdum zu führen.



    Vielen durchaus guten Reden - etwa die Sorbonne-Rede zu Europa fehlen die Taten. Aber auch die Partner, vor allem in D, die den Ball aufnehmen.



    Eine "Co-habitation" aus Macron und Melenchon, kann interessant werden. Aber sicher nicht zum Vorteil für Frankreich und schon garnicht für Europa.



    Der letzte große Reformer Frankreichs war Napoleon, seit dem herrscht weitestgehend Stillstand, träumt aber immer noch von der "Grandeur de la France". Diese Zeiten sind lange vorbei und Frankreich und sehr viele Franzosen tun viel, damit sich die politische Verkleinerung Frankreichs beschleunigt.



    Die bisherige Wahlbeteiligung der 1. Runde der Parlamentswahlen sprechen für sich. Selten sind so wenig zur Wahl gegangen. Und: dann ist heute auch noch schönes Wetter...



    Traurige Grüße aus der französischen Provinz

  • ... und Melenchon ist linksradikal?



    Da scheint inzwischen das ganze System der politischen Zuordnungen nach rechts verrutscht zu sein.



    Womit Melenchon nicht automatisch zu einem sympathischen Menschenfänger wird.



    Aber er ist derzeit anscheinend der einzige mit hinreichender Autorität, um eine gemeinsame linke Liste auf die Beine zu stellen.



    Ansonsten bliebe die Auswahl zwischen der Macron-Rechten und den Rechtsradikalen.



    Mir scheint, der Artikel fokussiert auf die Form der Auseinandersetzung, die tieferliegenden Ursachen, die vielfältigen Krisen, die dem zugrunde liegen, werden nur am Rande erwähnt.

  • Der Islam der Einwohner.



    "...Furcht vor dem Islam der Einwohner..." Wie wärs mit " ...hätten bei den Einwohnern Ressentiments und Furcht..." ? Obertölpeliges Provinzzeitungsdeustch überlasst doch einfach den Provinzzeitungen. Bzw. deren heutigen Nachfolgern, den Mantel-Produzenten rnd etc. Wie deren Volontäre (?) schon durch ihre Überschriften stolpern, da graust's eine/einen jeden Tag.

  • Es ist nicht zwangsläufig so, dass Politik auf Konsensfindung und Ausgleich basieren muss. Das kann die politische Kultur eines Landes auch vergiften. Grade wir sollten, dass nach den langen Merkel Jahren wissen. Und, dass Melenchon mit den völlig veralteten ideologisch getriebenen Verschuldungsregeln auf EU Ebene brechen möchte, sehe ich jetzt auch nicht unbedingt als Problem.

  • Die Fakten stimmen, die Analyse für die linke Wählerschaft nur zum Teil (ich lebe seit über 20 Jahren in F). Und auch rechts ist es komplizierter als viele meinen. Hier aber über die Linken:

    Erstens wird vergessen, daß das französische Wahlsystem spätestens seit der seit 2002 geltenden Wahlreform mit einer Synchronisation von Präsidentschaftswahl und Parlamentswahl zu einer Personenwahl verkommen ist: zuerst wird ein(e) Präsident(in) gewählt und dann das dazu passende Parlament. Ein solches Wahlsystem steht auf dem Kopf und führt zu einer fast vollständigen Entmachtung des Parlaments und damit der politischen Diskussion, weil es seit 2002 meistens eine erdrückende «majorité présidentielle» gab. Der zweite Grund ist natürlich auch das exklusive Mehrheitswahlsystem für das Parlament mit zwei Wahlgängen, welches wiederum den Meinungsforschungsinstituten eine starke Macht gibt, deren Prophezeiungen sich fast mechanisch durch die Wahl des geringeren Übels erfüllen.

    Melenchon hat aus zwei Gründen so viele Stimmen bekommen: (1) er ist der charismatischste Redner unter den Kandidat-inn-en. (2) Die Umfragen gaben schon Wochen oder Monate vor der Wahl den Kandidat-inn-en der traditionellen linken Parteien (Sozialistische Partei, Grüne) nicht den Hauch einer Chance. Melenchon hingegen wurde von den Meinungsumfragen nach oben getragen und das besonders in den letzten zwei Wochen vor der Wahl.

    Die zersplitterten Linken haben also das geringere Übel gewählt, das ist alles. Und immerhin wird es in der Nationalversammlung vielleicht 1/3 Nupes-Delegierte geben, vielleicht sogar wird zum ersten mal seit 2002 der Präsident keine absolute Mehrheit im Parlament haben.

    Und während ich der Nichtfinanzierbarkeit zahlreicher Wahlversprechen zustimme, hat, wie Melenchon schon zum dritten mal die Reform der Institutionen im Programm und genau die kostet nichts, würde aber der Gesellschaft endlich wieder erlauben, bei Wahlen die Richtung vorzugeben. Heute ist das absolut nicht der Fall.

  • Eine traurige Entwicklung in unserem Nachbarland.

  • 2G
    29449 (Profil gelöscht)

    ”Populisten gab es immer schon viele, aber wieso sind die Franzosen heute so anfällig für sie geworden?”

    Ich denke die Frage kann man damit beantworten, daß die Mehrheit der Landbewohner mehr als ein in der Stadt wohnende Mensch seinen erreichten Wohlstand und die damit verbundene Bequemlichkeit gefährdet sieht und damit solchen dummen Argumenten zugänglicher ist als in den Großstädten in denen man jeden Tag aufs Neue mit den Anderen teilen muß.



    Jedoch ist es auch in den Städten nur eine Frage der Zeit bis sich die Egozentriertheit der populistischen und kleingeistigen Hetze angeschlossen hat.

    Dieses Phänomen ist nationenübergreifend und liegt in seiner Konsequenz allen Kriegen zugrunde d. h. die menschliche Unfähigkeit seinen Egoismus zu hantieren führt am Ende zu stammhirngesteuertem Gegrunze. 😄

  • Sicher, es hat viele Rechtsextreme im Midi. Trotzdem : bei den Présidentielle hat Macron in Bandol deutlich gewonnen!

  • Gute Analyse. Insbesondere die Feststellung des identitär getriebenen Lagerkampfes.

    Für meinen Geschmack kommt allerdings Macron zu gut weg, mit seiner sehr neoliberalen Politik und auch seiner sehr strategisch ausgerichteten Machtmechanik.

    Erzählt mir nichts: der hat es darauf angelegt, in der zweiten Runde gegen Le Pen anzutreten, da hat er sich leichteres Spiel ausgerechnet. Ein Spiel mit dem Feuer. Dass die Wähler*innen vom ganzen Zirkus angewidert sind ist nicht verwunderlich.