Bundeskartellamt mahnt Konzern ab: Deutsche Bahn soll Daten teilen

Das Bundeskartellamt moniert die Weigerung des Konzerns, mit Onlineplattformen zu kooperieren. Für die Bahnbranche hat das Folgen.

Viele Menschen stehen am Gleis im Hauptbahnhof Berlin

Die Bahn soll mit Onlineplattformen kooperieren, mahnt das Kartellamt Foto: Annette Riedel/dpa

BERLIN taz | Es wirkt wie ein bloßer bürokratischer Akt, hat für die Bahnbranche aber weitreichende Folgen: Das Bundeskartellamt hat die Deutsche Bahn abgemahnt. Die Behörde kritisiert, dass der Staatskonzern für Reisende wichtige Daten nicht an Mobilitätsplattformen weitergibt und Onlineticketverkäufer mit restriktiven Vorschriften wie Werbeverboten belegt.

Die Deutsche Bahn macht unabhängigen Fahrkartenverkäufern im Internet den Vertrieb ihrer Tickets sehr schwer. Buchungsplattformen wie Omio oder Trainline verkaufen Tickets für verschiedene Verkehrsmittel in Europa und teilweise andere Länder. Mithilfe ihrer Programme können Nut­ze­r:in­nen Preise vergleichen und Verbindungen finden, die über die Angebote der Deutschen Bahn nicht recherchierbar sind.

Aber: Kun­d:in­nen können nicht an Rabattaktionen, Bonuspunkt- oder Cashback-Programmen der Deutschen Bahn teilnehmen, wenn sie über die Plattformen Tickets kaufen. Der Staatskonzern stellt den Plattformen keine Prognosedaten zur Verfügung, sodass diese die Reisenden nicht über Verspätungen, Zugausfälle oder Gleiswechsel informieren können. Außerdem macht der Konzern Vorschriften zu Preisen und verbietet Werbung mit bahnspezifischen Begriffen. Die Provisionen sind teils so niedrig, dass der Ticketverkauf nicht oder kaum die Kosten deckt.

Das Bundeskartellamt hat bereits 2019 das Verfahren gegen die Deutsche Bahn wegen möglicher Behinderungen der Plattformen eingeleitet. Die Behörde ist nun „zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, dass bestimmte Verhaltensweisen und Vertragsklauseln der Deutschen Bahn (DB) gegenüber Mobilitätsplattformen einen Missbrauch von Marktmacht darstellen“. Die Plattformen bieten die Planung von Routen mit verschiedenen Verkehrsmitteln an, bei denen die Schiene eine wichtige Rolle spielt, etwa die Kombination von Zug, Flugzeug, Fernbus oder Leihrädern. „Viele dieser Mobilitätsdienstleistungen sind ohne die Einbindung der DB nicht denkbar“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. „Daher sind wir der Auffassung, dass die Mobilitätsanbieter zum Beispiel einen Anspruch auf die Verkehrsdaten der Bahn wie Verspätungen oder Zugausfälle haben.“ Die Deutsche Bahn verweigert aber die Herausgabe dieser Daten und zwingt Reisende so auf ihre Internetseite oder App. Das erschwert anderen Verkehrsunternehmen, für die Plattformen ein wichtiger Vertriebskanal sind, den Zugang zu Kund:innen.

Das Bundeskartellamt hat Plattformen und Deutscher Bahn den 314 Seiten füllenden Entwurf für einen Beschluss in der Sache übermittelt. Alle Seiten haben vier Wochen Zeit, ihn zu akzeptieren oder zu widersprechen und gegebenenfalls zu klagen. Die Deutsche Bahn prüfe den Entwurf rechtlich, so ein Sprecher. „Inhaltlich geht es um neuartige Fragestellungen zum Onlinevertrieb, zu denen es bislang an gefes­tigter Rechtsprechung und Behördenpraxis fehlt.“

Onlineverkäufer freuen sich

Mobilitätsplattformen begrüßen die Entscheidung des Bundeskartellamtes. Sie bringe Vorteile für Reisende und werde die Verkehrsverlagerung auf die Schiene beschleunigen, erklärte ein Sprecher von Trainline. Das sieht auch Omio-Chef Naren Shaam so. „Der nun bestätigte rechtliche Rahmen kann für Menschen aus Deutschland und aus dem Ausland von großer Bedeutung sein, da es nun hoffentlich einfacher wird, den Wechsel hin zu ökologisch nachhaltigen Transportmitteln wie der Bahn zu gestalten“, sagte er. „Wir sehen auf nationaler und EU-Ebene aktuell viele positive Bemühungen, hier mehr Vorfahrt für digitale Innovation zu schaffen.“

Auch in Spanien und Frankreich gibt es laut Omio ähnliche Verfahren gegen Bahnkonzerne. Dass Zugunternehmen die Herausgabe von wichtigen Daten verweigern, ist eine der größten Hürden beim Aufbau eines europäischen Buchungssystems. Ohne so ein System wird es aber kaum möglich sein, innerhalb Europas Flugreisen durch Zugfahren zu ersetzen.

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