Gemeinsame Sitzung in Frankfurt (Oder): Eine wilde Länderehe

Brandenburg und Berlin intensivieren die Zusammenarbeit. Berlin unterstützt die Frankfurter Bewerbung für ein Transformationszentrum.

Woidke und Giffey auf einer Pressekonferenz

Seit Dienstag duzen sich Dietmar Woidke und Franziska Giffey Foto: Uwe Rada

FRANKFURT (ODER) taz | Vor dem Frankfurter Kleist Forum geht es noch streng getrennt zu. In sicherer Entfernung zueinander parken die Limousinen mit einem B-Kennzeichen und die mit einem P aus der Landeshauptstadt Potsdam. Berlin und Brandenburg bleiben auf Abstand.

Drinnen im modernen Theater- und Konzertzentrum sind sich die Ministerinnen und Senatoren aber schon ein wenig näher gekommen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) duzen sich inzwischen sogar. Er habe ja schon viele gemeinsame Kabinettssitzungen erlebt, sagte Woidke später. „Aber eine so gute, eine so konstruktive und optimistische Stimmung gab es noch nie.“

Sie können es also doch, zusammenarbeiten und gemeinsame Beschlüsse fassen, ohne sich gegenseitig Spitzen zufliegen zu lassen, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Allerdings wurde über einen Streitpunkt am Dienstag gar nicht erst geredet, bestätigte Franziska Giffey. Die Verlängerung der U7 von Rudow bis zum BER, für die Giffey eintritt, die aber zu wesentlichen Teilen Brandenburg bezahlen müsste, war kein Thema bei der gemeinsamen Kabinettssitzung. „Darüber reden wir bei einem gemeinsamen Bahngipfel im Juni“, betonte Giffey auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Ministertagung. Dann soll es auch um weitere gemeinsame Verkehrsprojekte wie etwa die Potsdamer Stammbahn oder die Siemensbahn gehen.

Zukunftsregion Berlin-Brandenburg

Beraten wurden stattdessen wirtschaftliche Themen, etwa eine gemeinsame Fachkräftesicherung oder eine Wasserstoff-Initiative zur Gewinnung von grünem Wasserstoff. Der soll den Ausbau erneuerbarer Energien voranbringen. „Brandenburg hat schon heute pro Kopf die höchste Erzeugung erneuerbarer Energien aller Bundesländer“, betonte Woidke. Auch in Sachen Wissenschaft und Forschung und in der Gesundheitswirtschaft wolle man stärker kooperieren. „Wir wollen die Region Berlin und Brandenburg zu einer der wirtschaftlich, wissenschaftlich und kulturell führenden Regionen in Deutschland machen“, sagte Woidke.

Giffey sicherte Woidke dabei ihre Unterstützung zu. Zum Beispiel beim Ausbau der wirtschaftlichen Entwicklungsachsen in der Hauptstadtregion. „Damit können wir die Wissenschaftsstadt Adlershof mit dem geplanten Science-Park in Cottbus verbinden“, sagte sie. Insgesamt beginnen in Berlin drei Achsen, die die Region stärken sollen: Über die Lausitz nach Cottbus und Breslau, über die Prignitz nach Hamburg und über die Uckermark nach Stettin. Wie wichtig der Regierenden die Zusammenarbeit mit Brandenburg ist, hatte sie schon kurz nach ihrem Amtsantritt demonstriert. Ihre erste offizielle Dienstreise führte Giffey ins benachbarte Potsdam.

Am Dienstag versichterte Giffey zudem, dass der Berliner Senat die Bewerbung von Frankfurt (Oder) als Sitz des geplanten „Zukunftszentrums für Europäische Transformation und Deutsche Einheit“ unterstütze. 200 Millionen Euro will der Bund für dieses Zentrum investieren, in dem 180 Beschäftigte zu Transformationsfragen auf deutscher und europäischer Ebene forschen sollen. Erwartet werden auch eine Million Besucher im Jahr, um dort Veranstaltungen und Ausstellungen zu besuchen.

Giffey ist Kind der Region

„Wir unterstützen die Bewerbung mit Freude“, betonte Franziska Giffey. „Frankfurt ist meine Geburtsstadt. Mir liegt die Stadt sehr am Herzen.“ Frankfurt sei zwar noch nicht fertig, aber auf einem guten Weg, betonte die Regierende Bürgermeisterin. „Es ist eine einzigartige Stadt, in der die deutsch-polnische Zusammenarbeit mit Leben gefüllt wird.“

Worte, die auch Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke (Linkspartei) gerne hörte. „Frankfurt ist damit die einzige Bewerberstadt, die von zwei Bundesländern unterstützt wird“, sagte Wilke der taz. Dagegen gebe es in Sachsen und Thüringen mit Leipzig und Chemnitz sowie mit Eisenach und Jena jeweils zwei Bewerberstädte in einem Bundesland. „Die Chancen für Frankfurt sind mit der Berliner Unterstützung gestiegen“, findet Wilke.

Tatsächlich könnte das Transformationszentrum zu einem gemeinsamen Projekt werden, mit dem sich die Hauptstadtregion in Europas Mitte verankert. „Europäische Tranformation und deutsche Einheit haben einen Platz in der Stadt“, betonte Dietmar Woidke. Gut möglich, dass bald nicht nur Autos mit B- und P-Kennzeichen in Frankfurt vorfahren.

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