Vor den Wahlen in Frankreich: Sozialpolitische Feigenblätter

Vor der Präsidentschaftswahl gibt sich Macron als Sozialpolitiker. Dabei hat gerade er Privatisierung und soziale Kürzungen forciert.

Frankreiches Präsident Macron bei seinem Wahlauftritt

Seine Amtszeit ist geprägt von Privatisierungen und Sozialkürzungen: Frankreichs Präsident Macron Foto: Julian Mattia/dpa

Solidarität und sozialen Fortschritt versprach Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seiner Wahlveranstaltung am Samstag. Eine Erhöhung der Mindestrente und „Verbesserungen“ für das Gesundheits- und Bildungswesen kündigte er an. Dass der 44-Jährige sich kurz vor den Wahlen so sozial gibt, ist Heuchelei – und angesichts der vergangenen fünf Jahre blanker Hohn.

Macrons Amtszeit ist geprägt von Privatisierungen und Sozialkürzungen. Unternehmen haben es heute leichter, Angestellten zu kündigen. Macron kürzte das Wohngeld für Geringverdienende, erhöhte die Steuern für die Mittelschicht und entlastete Wohlhabende mit der Abschaffung der Vermögensteuer. Seine Renten­reform treibt Mütter und Arbeitslose in die Prekarität. Die Pariser Flughäfen, weite Teile des Bahnunternehmens SNCF sowie der nationale Stromanbieter EDF wurden unter Macron privatisiert.

Für die neue Amtszeit hat Macron neben neuen Atomkraftwerken unter anderem angekündigt, Studiengebühren an den bisher kostenfreien staatlichen Universtitäten zu erheben. Und: Arbeitslosengeld soll nur unter der Bedingung ausgezahlt werden, dass Emp­fän­ge­r:in­nen mindestens 15 Stunden wöchentlich dafür arbeiten – weit unter dem Mindestlohn.

Nun schmückt sich der Präsident mit sozialpolitischen Feigenblättern. 20 Milliarden Euro habe die Regierung in die Deckelung von Strom- und Gaspreisen gesteckt. Das hat mit Umverteilung aber nichts zu tun, denn es sind 20 Milliarden Euro Steuergelder, die direkt an Gas- und Ölkonzerne gehen, wobei Letztere die Preise nur aus Spekulation anheben. Ein riesiges Geschenk für die Industrie also. Und öffentliches Geld, das ständig anderswo fehlt.

Macron ist ein Politiker, der Kapitalinteressen vertritt. Als dieser ist er nicht nur die vielbeschworene Alternative zur rechtsextremen Marine Le Pen, sondern zugleich der Nährboden für deren Populismus. Damit wird seine Politik indirekt zu einer Gefahr für die Demokratie. Laut Umfragen wird die Wahlbeteiligung dieses Mal so niedrig sein wie nie.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Hat Philosophie und Literatur in Frankreich, Brasilien und Portugal studiert und bei der Deutschen Welle volontiert.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.