Neue Kurienverfassung: Revolution auf dem Papier

Gerade für Frauen kann die neue Kurienverfassung wichtig werden. Doch der Verfassungsbuchstabe ist das eine, die Verfassungsrealität das andere.

Der Papst mit Menschen bei einer Audienz.

Der Papst zeigt wieder einmal seinen Willen, den Verein, dem er vorsteht, radikal umzubauen Foto: Vatican Media/reuters

Roms Kurie hat eine neue Verfassung, erlassen pünktlich zum neunten Jahrestag des Amtsantritts von Papst Franziskus. Eine „Revolution“ will so mancher Beobachter in der Neuordnung der katholischen Weltkirche erblicken – aber ist sie das wirklich?

In einem zentralen Punkt wenigstens scheint sich in der Tat eine radikale Wende anzudeuten. Bisher wurden die diversen Kongregationen, päpstlichen Räte, Dikasterien ausschließlich von geistlichem Personal geführt: Der streng hierarchische Ansatz der ka­tholischen Kirche, der den Laiinnen und Laien immer nur den Platz unterhalb der Priester- und Bischofsmannschaft zuwies, kam so perfekt zum Ausdruck.

Jetzt auf einmal soll alles anders werden. Auch die höchsten Ämter der Kurie sollen Laien offenstehen – ja, auch Frauen. Das hieße glatt, dass auch die katholische Kirche in der Gegenwart angekommen ist. Eine Staatssekretärin als Nummer zwei der Kurie direkt hinter dem Papst: das wäre bis gestern schier unvorstellbar gewesen, seit heute aber möglich.

Doch der Verfassungsbuchstabe ist das eine, die Verfassungsrealität das andere. Vergessen wir nicht, dass zum Beispiel jedweder katholische Mann, wenn er nur ledig ist, zum Papst gewählt werden kann, auch ohne geweihter Priester zu sein – dass aber dennoch seit je immer bloß Kardinäle zum Zuge kommen, wenn es darum geht, den Stuhl Petri neu zu besetzen.

Mit der neuen Kurienverfassung hat die Kirche die Chance zu einem großen Umbruch. Papst Franziskus zeigt wieder einmal seinen Willen, den Verein, dem er vorsteht, radikal umzubauen.

Wie zäh die Widerstände aus dem kirchlichen Apparat, aus der Kurie ebenso wie aus den Ortskirchen weltweit sein können, erfuhr Franziskus ja auch bisher schon. Man darf ihm wohl abnehmen, dass ihm zum Beispiel die Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen ein bitter ernstes Anliegen ist. Doch aufgeräumt hat die Kirche bis heute nicht – und das gilt auch für die deutsche Kirche, die durchaus als Alliierte des Papstes in seinen einschneidenden Reformbemühungen gelten darf.

Auch die Kurienreform zeigt wieder: Der Papst meint es offenkundig ernst. Ob seine Kirche dann aber Ernst macht – oder ob sie ihn am Ende als ewigen Ankündigungspapst dastehen lässt –, wird sich noch zeigen müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.