Weniger Geschwindigkeit auf den Straßen: Städte wollen mehr Tempo 30

Freie Hand für Tempolimits fordert eine Initiative von Gemeinden. Der hat sich nun auch die deutsche Hauptstadt angeschlossen.

Tempo-30-Schild an nächtlicher Straße

Tempo 30 an Hauptstraßen geht jetzt schon – bei guten Gründen Foto: dpa

BERLIN taz | Eigentlich ist die Redewendung „Langsam, aber sicher“ nicht auf den Straßenverkehr gemünzt, aber sie passt auch da ganz gut hin. MobilitätsforscherInnen fordern seit Langem, die generelle Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in geschlossenen Ortschaften auf 30 km/h abzusenken. Sie versprechen sich davon nicht nur weniger und weniger schwere Unfälle, sondern auch eine leisere Umgebung und sauberere Luft, sprich: lebenswertere Städte.

Allein: Die deutsche Straßenverkehrsordnung hat davon noch nichts mitbekommen. Sie garantiert bis auf Weiteres stabile 50 Stundenkilometer auf allen Hauptverkehrsstraßen innerhalb einer Gemeinde, es sei denn, die anordnende Behörde kann ganz konkrete Gründe vorweisen, warum dies an einem ganz bestimmten Streckenabschnitt nicht gelten soll. Das können ein Krankenhaus oder eine Kita am Straßenrand sein, eine besonders hohe Luftverschmutzung oder viele AnwohnerInnen. Oft gelten diese Limits nur zu bestimmten Tages- oder Nachtzeiten.

Im Juli 2021 hat eine Initiative im Rahmen des Deutschen Städtetags den Bund aufgefordert, endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern: „Die Städte und Gemeinden brauchen einen neuen straßenverkehrsrechtlichen Rahmen, der es ihnen ermöglicht, Tempo 30 als verkehrlich, sozial, ökologisch und baukulturell angemessene Höchstgeschwindigkeit dort anzuordnen, wo sie es für sinnvoll erachten“, heißt es in dem Appell – „auch für ganze Straßenzüge im Hauptverkehrsstraßennetz und gegebenenfalls auch stadtweit als neue Regelhöchstgeschwindigkeit“. Zu den Erstunterzeichnenden gehörten Freiburg, Leipzig und Hannover, viele haben sich angeschlossen, von dünn besiedelten Verbandsgemeinden im Thüringischen bis hin zu Frankfurt und Köln.

Seit der vergangenen Woche ist – endlich! – auch Berlin dabei. Immerhin rühmt sich die Hauptstadt zu Recht des ersten Landes-Mobilitätsgesetzes, das die Belange des Umweltverbunds (Fuß, Rad, ÖPNV) über die des motorisierten Individualverkehrs stellt. „Entschleunigung ist ein entscheidender Faktor für mehr Verkehrssicherheit“, betonte die grüne Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch denn auch bei der Bekanntgabe. Sie geht davon aus, dass die im Gesetz verankerte „Vision Zero“ – keine Toten und keine Schwerverletzten mehr im Straßenverkehr – anders nicht zu erreichen sein wird.

Giffey: „Kein Blankoscheck“

Aber ganz so eindeutig ist die neue Berliner Linie auch wieder nicht: Die Regierende Bürgermeisterin hat gleich schon mal klargemacht, dass sie von flächendeckend Fuß-vom-Gas nichts hält. Es solle keinen „Blankoscheck“ geben, „überall Tempo 30 einzuführen“, so Franziska Giffey (SPD), deren Herz im Zweifel schon immer für die Autofahrenden schlug.

Ehrlicherweise muss man sagen: Tempo 30 auf Hauptstraßen könnte auch Nachteile mit sich mitbringen. Zum Beispiel bremst es auch den Busverkehr aus, der eigentlich attraktiver werden soll. Die Initiative hat darum vorgeschlagen, die Neuregelung erst einmal in einigen Städten modellhaft einzuführen. Berlin als selbst ernanntes Mobilitätslabor und größte deutsche Stadt sollte unbedingt dabei sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.