Entwurf zum EU-Lieferkettengesetz: Lohn zahlen, Wasser schützen

Die Pläne der EU-Kommission für ein Lieferkettengesetz zum Schutz der Menschenrechte sind strenger als die deutsche Regelung.

Junge Frau aus Athiopien sitzt mit rosa T-Shirt an der Nähmschine

Textilindustrie in Äthiopien Foto: Joerg Boethling/imago

BERLIN taz | Rund 13.000 größere Unternehmen der Europäischen Union müssen künftig die sozialen und ökologischen Menschenrechte bei ihren weltweiten Lieferanten gewährleisten. Dazu will die EU-Kommission sie mit einer Richtlinie verpflichten, die an diesem Mittwoch vorgestellt wird. Ein Entwurf sickerte bereits am Dienstag durch. Demnach geht die EU-Regulierung über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus. Wenn die Richtlinie in Kraft tritt, müsste Deutschland dieses verschärfen.

Zu den geschützten Menschenrechten gehören das Recht von Ar­bei­te­r:in­nen auf fairen Lohn und Zusammenschluss in Gewerkschaften. Die hiesigen Firmen sollen zudem darauf achten, dass ihre Zulieferer keinen Landraub betreiben oder Flüsse im Umkreis von Bergwerken vergiften.

Die EU-Kommission will festlegen, dass die Regeln für europäische Unternehmen verpflichtend sind, die mehr als 500 Beschäftigte und einen weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro haben, sowie für Firmen von außerhalb der EU, die in Europa mehr als 150 Millionen Umsatz machen. Das deutsche Lieferkettengesetz erfasst dagegen ab 2023 Firmen mit mehr als 3.000, ab 2024 mit mehr als 1.000 Beschäftigten.

Kleinere Betriebe, die über 250 Beschäftigte und über 40 Millionen Umsatz haben, fallen ebenfalls unter die EU-Richtlinie, sofern sie die Hälfte ihrer Geschäfte in sogenannten Hochrisiko-Branchen abwickeln. Dazu zählen die Textilindustrie, Landwirtschaft und Bergbau. Auch in diesen Fällen müssen sie aber wohl weniger Pflichten erfüllen als große Unternehmen und bekommen eine Übergangszeit von fünf Jahren. Kleine Betriebe unter 250 Beschäftigten würden nicht erfasst. „99 Prozent“ der europäischen Wirtschaft blieben außen vor, kommentierte Anna Cavazzini, Grünen-Abgeordnete im EU-Parlament.

Keine Kinderarbeit

Die von der Richtlinie erfassten Unternehmen sind prinzipiell für ihre komplette Lieferkette verantwortlich – in der Textilindustrie beispielsweise von den Nähereien und Färbereien bis zum Anbau der Baumwolle. Kakao- und Kaffeeverarbeiter müssen sich darum kümmern, dass in Westafrika keine Kinder auf den Plantagen arbeiten. Wobei es eine Einschränkung gibt: Hiesige Firmen sind nur verantwortlich für die Lieferanten, zu denen sie „etablierte Geschäftsbeziehungen“ pflegen. Cavazzini befürchtet hier ein „Schlupfloch“.

Eine Haftungsregelung gibt es in der Richtlinie ebenfalls. Geschädigte Zulieferbeschäftigte könnten die europäischen Unternehmen also vor hiesigen Gerichten auf Schadenersatz verklagen. Auch an diesem Punkt geht die EU-Richtlinie über das deutsche Gesetz hinaus.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber fürchtet, dass sich „europäische Unternehmen infolge dieses Vorschlags aus einigen Regionen dieser Welt zurückziehen“. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie forderte, dass sich die Regelung auf direkte Vertragspartner beschränkt. Bevor die Richtlinie in Kraft tritt, kommen nun die Verhandlungen der Kommission mit dem EU-Parlament und dem -Rat.

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