Der Krieg und die Berliner Wirtschaft: Schlimmer Krieg, schlimme Kosten

Die Unternehmer der Region beklagen Ausfälle in den Lieferketten und fordern deutliche Senkungen der Spritpreise.

Eine Tankstelle

Diesel ist der Kraftstoff der Wirtschaft Foto: imago/Sebastian Gabsch

BERLIN taz | Bei Christian Amsinck rennen die Aktivisten, die am Mittwoch die Stadtautobahn blockiert haben, offene Türen ein. „Was die Energiesteuern betrifft, ist Deutschland ein Hochsteuerland“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) auf seiner Jahrespressekonferenz am Mittwoch. „Deshalb schlagen wir vor, die Energiesteuer auf Diesel, Erdgas und Heizöl zu senken.“

Die Aktivisten, für die Amsinck ein offenes Ohr hat, sind Lkw-Fahrer, die am Mittwoch in Berlin und Brandenburg den Verkehr auf dem Berliner Stadtring sowie der A 111 mit Schleichfahrten behindert haben. Aufgerufen dazu haben mehrere Speditionen. Sie forderten unter anderem eine Senkung der Mineralölsteuer, um die Auswirkungen der gestiegenen Dieselpreise abzufedern.

Das verlangt auch Christian Amsinck. Er will den Dieselpreis um 33 Cent auf 1,82 Euro senken. „Der Diesel hat große Bedeutung für Transportindustrie und verarbeitendes Gewerbe“, sagte er zur Begründung.

Russlands Krieg in der Ukraine und seine Folgen für die Wirtschaft: Das war das Thema der Online-Jahrespressekonferenz. Zwar spielen Russland, die Ukraine und auch Belarus in den Handelsbeziehungen der Unternehmen in Berlin und Brandenburg keine herausragende Rolle. Anders dagegen verhalte es sich beim Import von Energie. „Da ist Russland für Brandenburg sogar die Nummer eins“, betonte Amsinck.

Kabelbäume fehlen

Doch nicht nur die hohen Energiepreise seien ein Problem, sondern auch unterbrochene Lieferketten. Das betreffe vor allem die Metall- und Elektroindustrie. „Drei von vier Metallfirmen aus der Region haben Kundenbeziehungen mit Russland, Belarus oder der Ukraine“, so Amsinck. Bundesweit haben nur jedes zweite Unternehmen der Branche derartige Verflechtungen mit der Krisenregion.

Amsinck stellte am Mittwoch auch eine Umfrage des Verbands der Metall-und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME) vor, in der sich jedes zweite Unternehmen beklagte, die Lieferausfälle, etwa bei Kabelbäumen der Autozulieferer, „schwer bisüberhaupt nicht“ ersetzen zu können. Bundesweit sei die Abhängigkeit geringer. „Die Metall-Arbeitgeber rechnen daher mit Problemen für ihr Geschäft“, heißt es bei den Unternehmerverbänden. „Vier von zehn Firmen erwarten eine sinkende Produktion. Fast 60 Prozent rechnen mit sinkenden Umsätzen, und fast jeder zweite befürchtet einen zurückgehenden Gewinn.“

Für die Unternehmer sei der Krieg eine größere Herausforderung als die Pandemie, so Christian Amsinck. „Alle Prognosen für 2022 sind jetzt Makulatur.“ Zugleich betonte er, dass die Wirtschaft den Geflüchteten helfen werde. „In vielen Branchen gibt es Initiativen, um die Menschen aus der Ukraine rasch in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu integrieren.“

Ein Embargo gegen russische Gaslieferungen kommt für Amsinck allerdings nicht infrage. „Da würden viele Betriebe in kürzester Zeit stillstehen.“

„Wer die Versorgung kappt, legt die Axt an das Fundament unserer Gemeinwesens“, ist der Unternehmerchef überzeugt. Die Lkw-Fahrer auf dem Stadtring wird er damit nicht gemeint haben.

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