Hohe Zahl an Corona-Infektionen: Hongkong kämpft mit Covid-Welle

Hongkong meldet Rekordinfektionszahlen. Immer mehr Einwohner zweifeln an der „Null Covid“-Strategie. Doch das Vorgehen wird von Peking vorgegeben.

Patienten liegen im Freien vor dem Krankenhaus auf Krankenhausbetten

Provisorischer Wartebereich vor dem Caritas Medical Centre in Hongkong Foto: Vincent Yu/AP

PEKING taz | Für eine der wohlhabendsten Städte der Welt sind die derzeit auf sozialen Medien kursierenden Fotos beschämend: Bis zu 100 Patienten im Seniorenalter harren im Freien auf Liegebetten aus, da das überfüllte Caritas Medical Center über keine Kapazitäten mehr verfügt. Nur Wärmedecken schützen sie vor den feuchtkühlen Februartemperaturen. Ohne Frage: Im mittlerweile 25. Pandemiemonat ist Hongkongs Coronalage so angespannt wie nie zuvor.

Denn während der fünften Welle haben die täglichen Infektionszahlen erstmals ein exponentielles Wachstum erreicht. Gesundheitsexperten warnten, dass die Zahl der täglichen Coronafälle bis Mitte März pro Tag auf 28.000 steigen könnten. Die Zahl der bestätigten Fälle in der Finanzmetropole stieg am Donnerstag auf 4.285 und war damit doppelt so hoch wie der zu Beginn der Woche gemeldete Tagesdurchschnitt. Das Virus kam im Januar über Einreisende in die Quarantänehotels der Sonderverwaltungszone, von wo es nun auf den Rest der Bevölkerung übergesprungen ist.

Der Druck seitens der Wirtschaft wächst zunehmend, dass Hongkong seine Nulltoleranzstrategie graduell lockern sollte. Anreize gäbe es zur Genüge: Schließlich ist die 7,4-Millionen-Einwohner-Stadt nicht nur eine internationale Bankenmetropole, sondern auch einer der bedeutendsten Warenumschlagplätze der Welt.

Der ­Ehrenvorsitzende für klein- und mittelständische Unternehmen, Danny Lau, sagte erst kürzlich zum Nachrichtendienst Bloomberg: Die Regierung wisse, dass „Null Covid“ nicht mehr funktioniere, dennoch müsse man den Signalen aus Peking folgen.

„Alle notwendigen Maßnahmen“

Denn die dortige Zentralregierung gibt längst auch den epidemiologischen Ton an. Erst am Mittwoch ließ Staatschef Xi Jinping über die staatlich kontrollierten Medien ausrichten, dass die Eindämmung des Virus in Hongkong höchste Priorität genieße: „Alle notwendigen Maßnahmen“ würden dazu ergriffen.

In einem ersten Schritt hat die chinesische Nachbarprovinz Guangdong Testkits sowie Laborkapazitäten für Hongkong bereitgestellt sowie Personal für temporäre Isolationszentren entsandt. Denn nach wie vor muss sich jeder Infizierte in zentralisierte Quarantäne begeben.

Doch immer offener zweifeln die Leute in der Sonderverwaltungszone an, ob die „Null Covid“-Strategie angesichts der hochinfektiösen Omikron-Variante überhaupt noch aufrecht zu erhalten sei. Immerhin der Blick ins chinesische Festland scheint jedoch zu bestätigen, dass es zumindest möglich ist: Dort wurden innerhalb der 1,4-Milliarden-Bevölkerung nur mehr knapp über 40 Fälle pro Tag registriert. Die Wachstumskurve wurde also in China nicht nur abgeflacht, sondern de facto auf null gedrückt.

„Wieso war die „Null Covid“-Strategie der Sonderverwaltungszone Hongkong nicht so effektiv?“, fragte am Mittwoch Chinas Staatssender CGTN in einer Nachrichtensendung. Die naheliegende Antwort: Hongkong habe eben keinen Lockdown verhängt – eine Strategie, die sich in China wiederholt als Allzweckmittel herausgestellt hat. Gabriel Leung, Mediziner an der University of Hong Kong, pflichtet bei: „Wir brauchen soziale Abstandsregeln, die mindestens dreimal so stark sind wie derzeit, wenn wir das Virus zurück auf null bringen möchten.“

Dabei haben schon die jetzigen Regeln die Metropole in eine regelrechte Geisterstadt verwandelt: Öffentliche Treffen mit mehr als zwei Personen sind verboten, auch in Privatwohnungen dürfen Zusammenkünfte nur mehr aus zwei Haushalten bestehen. Und wer einer Aufforderung zum Testen nicht nachkommt, muss mittlerweile umgerechnet mehr als 1.100 Euro zahlen.

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