Kaschmirischer Skiläufer Arif Khan: Eispiste zwischen Delhi und Peking

Arif Khan ist Indiens einziger Athlet bei den Pekinger Spielen. Der Skiläufer will sich von den politischen Spannungen nicht beirren lassen.

Skiläufer mit schwarzem Helm in Aktion.

Der Inder Arif Mohamad Khan beim Riesenslalom 2021 in Cortina d'Ampezzo Foto: Leonhard Foeger/Reuters

MUMBAI taz | Die indische Trikolore in Safrangelb, Weiß und Grün hat bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele in Peking erneut nicht gefehlt. Der Kaschmirer Mohammad Arif Khan schwenkte sie, auch wenn es ein sehr einsames Debüt für den Alpinskifahrer war.

Khan wird am kommenden Sonntag zum ersten Mal bei diesem Sportevent antreten. Der 31-Jährige hat sich als einziger indischer Wintersportler ein Ticket für die Spiele in der benachbarten Volksrepulik China gesichert.

Eigentlich sollten weitere indische Gäste zur Eröffnung kommen. Doch die anhaltenden Spannungen zwischen Indien und China lassen auch die Olympischen Winterspiele davon nicht unbeeinflusst, selbst wenn Gastgeber China sie als unpolitisch deklariert hatte.

Doch kurz vor Beginn war es zu einem Eklat zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt gekommen. Darauf boykottierte auch Indiens Regierung spontan die Eröffnungsfeier „diplomatisch“, was bis dahin nicht vorgesehen war.

Indien fühlt sich von Peking durch Fackelläufer proviziert

Denn in Delhi wurde es als inakzeptable Provokation verstanden, dass für den Fackellauf mit Qi Fabao ein Veteran der chinesischen Volksbefreiungsarmee ausgewählt worden war und damit an einen schmerzlichen Vorfall erinnerte. Qi war bei den tödlichen Zusammenstößen an der indisch-chinesischen Grenze im Galwan-Tal im Sommer 2020 beteiligt gewesen. Dabei starben 20 indische Soldaten. Das Scharmützel ereignete sich im Himalaja an der Grenze zur Autonomen Region Tibet, die China für sich beansprucht.

Die nicht mit Schusswaffen ausgerüsteten Soldaten wurden damals in dem zwischen beiden Seiten umstrittenen Gebiet laut Medienberichten mit Steinen und Stöcken, die mit Nägeln und Stacheldraht bestückt waren, attackiert. Neueste Veröffentlichungen schätzten die Todesfälle auf chinesischer Seite höher als auf indischer.

Indiens Retourkutsche für die Attacke war damals zunächst ein kurzzeitiger Boykott chinesischer Produkte gewesen, ihm folgte bald darauf die Sperrung von chinesischen Handy-Apps für den indischen Markt.

Auch Skiläufer Arif Khan kommt jetzt aus einer konfliktreichen Himalaja-Region unweit der Grenze zu Pakistan: einem kleinen Dorf in der Nähe der Wintersportregion Gulmarg im indischen Teil Kaschmirs. Es gehört heute zum Unionsterritorium Jammu und Kaschmir und nicht mehr zum gleichnamigen Bundesstaat, in dem sich Ladakh und das Galwan-Tal befindet.

Werbung für Wintersport in Kaschmir

Eine Schatulle, gefüllt mit seinen Medaillen, bewahrt seine Mutter bereits stolz zu Hause auf.

Khan hat ein Ziel, denn neben einer guten Platzierung für sich im Slalom und Riesenslalom möchte er, dass Indien für seine Wintersportmöglichkeiten bekannter wird. Denn obwohl der Norden des Landes über bemerkenswerte Berge verfügt, fehlt es oft an organisatorischer wie technischer Infrastruktur. Erst 2020 wurde der Dachverband „Ski and Snowboard India“ als Vollmitglied des Internationalen Skiverbandes anerkannt.

Khans Vater Yasin besitzt ein Geschäft für Skiausrüstung in Gulmarg und arbeitet als Skiführer. Mit vier Jahren stand Khan das erste Mal auf Skiern. Mit 16 machte er sein internationales Debüt bei einer Veranstaltung des Internationalen Skiverbands der Junioren in Japan. Seine Familie unterstützte ihn finanziell.

Lange habe er sich auf diese Spiele vorbereitet, sagt Khan. Für die Qualifikation 2018 hatte es trotz großer Anstrengungen inklusive einer Crowdfunding-Kampagne für sein Training nicht gereicht. Doch seit der Zusage für Peking konnte er in Österreich trainieren. Von Indiens Regierung wurde er ins olympische Förderungsprogramm aufgenommen und fand einen weiteren privaten Sponsor.

Indien hat bei Winterspielen oft gefehlt

Ganz so enthusiastisch wie auf die verspäteten Sommerspiele blickt der Rest Indiens auf die Winterspiele jetzt in Peking aber nicht. Die sind ein Nischenthema, das allenfalls wegen seiner politischen Bedeutung in den Fokus rückt.

Das mag auch daran liegen, dass Indien überhaupt nie mehr als vier Sport­le­r:in­nen zu einer der Winterolympiaden geschickt hatte. Von 1972 bis 1984 sowie 1994 und 2014 war es dabei sogar überhaupt nicht vertreten.

Am Freitag kam es in der Hauptstadt Delhi bereits zu Protesten gegen Olympia in China. Hunderte Exil­ti­be­te­r:in­nen marschierten vor Chinas Botschaft auf und verbrannten eine chinesische Flagge.

Indiens Dauerrivale Pakistan ist bei den Winterspielen jetzt ebenfalls nur mit einem Athleten, dem Skiläufer Muhammad Karim, 26, vertreten. Doch reiste Premierminister Imran Khan, ein ehemaliger Cricket-Star, aus Islamabad zur Eröffnung nach Peking. China ist inzwischen Pakistans wichtigster Verbündeter.

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